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Umwelt & Naturschutz   
Zweifelhafter Handel mit seltensten Tieren unter dem Deckmantel des Artenschutzes
Pro Wildlife kritisiert Rolle Deutschlands bei fragwürdigen Deals
Die Lieferung zehntausender Wildtiere - auch von deutschen Einrichtungen - an einen Privatzoo in Indien lässt bei Artenschützern die Alarmglocken klingen. "Der von der Milliardärsfamilie Ambani finanzierte Privatzoo Vantara präsentiert sich als Rettungsstation für Tiere in Not - aber importierte in weniger als drei Jahren 45.000 Tiere aus aller Welt, darunter hoch bedrohte Arten wie Spix-Aras, Gorillas oder Komodo-Warane", berichtet Daniela Freyer von Pro Wildlife.

Der deutsche Papageienschutzverein ACTP lieferte nicht nur Dutzende sehr teure Papageien dorthin: Laut Recherchen der Süddeutschen Zeitung (SZ) soll der Vorsitzende der gemeinnützigen Organisation auch andere Tiere für den Mega-Zoo beschaffen. "Wenn gemeinnützige Organisationen und private Zoos unter dem Deckmantel der Tierrettung oder des Artenschutzes kommerziellen Tierhandel betreiben, ist das alarmierend", kritisiert die Sprecherin der Artenschutzorganisation Pro Wildlife.

Artenschutz als Feigenblatt für private Rekord-Tiersammlung
Laut eigenen Angaben würde Vantara keine Tiere kaufen oder von Händlern beziehen, doch investigative Medienberichte der SZ widersprechen dem: Demnach gibt es interne Chatprotokolle des ACTP-Vorsitzenden mit Tierhändlern, die Verhandlungen über den Kauf von Affen und anderen Arten für Vantara, inklusive Preislisten und Zahlungsabsprachen dokumentieren sollen - darunter auch Geschäfte in bar und ohne schriftliche Verträge. In dem Chat soll es auch um die Beschaffung von Schimpansen und Gorillas aus Auffangstationen gehen.

Deutschland als Drehscheibe für den seltensten Papagei der Welt: Der Fall des Spix-Ara
ACTP ist in Deutschland als Zoo und als gemeinnützige Organisation zur Rettung von Papageien registriert. Hierzu gehört auch der Spix-Ara: Die Art wurde im Jahr 2000 in ihrer brasilianischen Heimat ausgerottet, eine der Hauptursachen war der illegale Tierhandel. Bei privaten Tierhaltern überlebten einige Dutzend Tiere, laut Brasilien stammen sie alle aus illegaler Quelle.

Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) erteilte dem Verein ACTP sowie seinem Vorsitzenden als Privatperson zwischen 2005 und 2018 Genehmigungen für die Einfuhr von insgesamt mehr als 120 der streng geschützten Papageien. Seitdem kontrollieren der Verein und sein Vorsitzender den Großteil der in freier Natur ausgestorbenen Art. Allerdings wurden die Einfuhren ausschließlich für die Erhaltungszucht genehmigt, laut Veröffentlichungen des BfN war es erklärtes Ziel, die Tiere in Brasilien auszuwildern. Im Jahr 2022 wurden tatsächlich 22 Tiere durch ACTP ausgewildert, geplant war jedes Jahr weitere 20 Tiere in die Natur zu entlassen.

Doch es kam ganz anders: "Dutzende der seltenen Papageien, die eigentlich zur Rettung der ausgestorbenen Art beitragen sollten, gingen nicht nach Brasilien, sondern an den Mega- Zoo Vantara in Indien und private Tierhalter in Deutschland und Europa", bemängelt die Pro Wildlife Sprecherin. "Die brasilianische Regierung hat das vehement kritisiert und daraufhin die Zusammenarbeit mit dem ACTP beendet."

Die Zukunft des gesamten Auswilderungsprojekts steht jetzt in Frage - mindestens die Hälfte der ausgewilderten Tiere soll mittlerweile tot oder verschwunden sein. Der ACTP informiert öffentlich allerdings weder über den Verbleib dieser Tiere - noch über die Abgabe an private Tierhalter. Stattdessen sei laut Vertretern des Vereins geplant, den Tierbestand komplett nach Indien zu verlegen. Hierzu wären erneut Genehmigungen deutscher Behörden erforderlich.

Kritik an den deutschen Behörden
Pro Wildlife kritisiert die Rolle deutscher Artenschutzbehörden, die dem ACTP jahrelang die Ein- und Ausfuhr und teils auch den kommerziellen Handel mit streng geschützten und höchst bedrohten Arten genehmigten. Angeblich soll ACTP im Gegenzug für die Abgabe von Vögeln auch Spenden oder Leihgebühren erhalten haben.

Deutschland geriet deshalb auch international unter Beschuss: Auf CITES-Konferenzen und innerhalb der EU wurde das deutsche Vorgehen scharf kritisiert. Grund war nicht nur die Abgabe der Spix-Aras, sondern auch die Genehmigung zur Einfuhr streng geschützter Blaukopf- und Kaiseramazonen aus Dominika - obwohl damals CITES-Handelssanktionen gegen den Inselstaat galten und die Ausfuhrpapiere nicht von der zuständigen Behörde des Landes unterzeichnet waren. Die Bundesregierung rechtfertigte den Transfer als Rettungsaktion.

"Die Rolle Deutschlands als Drehscheibe für bedrohte Arten muss dringend hinterfragt werden", betont die Pro Wildlife Sprecherin. "Wir fordern, die Genehmigungspraxis deutscher Behörden sowie die Vorgänge rund um ACTP und Vantara streng zu prüfen - sowohl in Bezug auf den Artenschutz als auch das Steuerrecht. Es darf nicht sein, dass behördliche Genehmigungen, die für Artenschutzzwecke erteilt werden, für den kommerziellen Handel missbraucht werden", so Freyer abschließend.

Hintergrundinfos:Über Pro Wildlife
Pro Wildlife ist eine gemeinnützige Organisation, die sich weltweit für den Schutz von Wildtieren und ihren Lebensräumen einsetzt. Unser Ziel ist es, die Artenvielfalt zu erhalten und Tiere zu retten. Dabei ist uns das Überleben der Arten in ihrem Lebensraum, aber auch der Schutz des einzelnen Tieres wichtig. Wir setzen uns für bessere Gesetze und effektive Schutzmaßnahmen für Wildtiere ein. In verschiedenen Ländern unterstützen wir Hilfsprojekte für Tiere in Not, helfen bei der Erhaltung von Lebensräumen und setzen uns für die Koexistenz von Mensch und Wildtier ein.
 
Quelle: ECO-News Deutschland, D-81371 München
http://www.prowildlife.de
daniela.freyer@prowildlife.de
    

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