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Familie & Kind   
Ungleiche Teilhabemöglichkeiten für Kinder und Jugendliche in Deutschland
Aktuelle Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung, der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung sowie der Wüstenrot Stiftung zeigt, dass sich junge Menschen in Deutschland mehr Möglichkeiten zur Mitsprache und Mitbestimmung wünsc
Kinder und Jugendliche in Deutschland haben - je nach Wohnort - unterschiedliche Möglichkeiten, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Das verdeutlichen statistische Daten, etwa zum Anteil der von Armut betroffenen Kinder und Jugendlichen oder der Schulabgänger:innen ohne Ersten Schulabschluss. In Gesprächen mit jungen Menschen sowie Fachkräften der Kinder- und Jugendarbeit zeigen sich darüber hinaus Bedürfnisse, die junge Menschen vielerorts haben: Junge Menschen wollen vielfältige Freizeitmöglichkeiten, mehr Selbstbestimmung und echte Beteiligung. Die neue Studie "Teilhabeatlas Kinder und Jugendliche" untersucht die Teilhabemöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen - anhand von Daten und Interviews mit jungen Menschen.

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© Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung
Für die Studie analysierten die Autor:innen umfangreiche Daten auf Ebene der 400 Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland. Zu den untersuchten Indikatoren zählen - neben dem Anteil von Armut betroffenen Kindern und Jugendlichen und der Schulabgänger:innen ohne Ersten Schulabschluss - auch Querschnittsindikatoren wie die Lebenserwartung oder die Erreichbarkeit von Bushaltestellen, Grundschulen und Kinderarztpraxen. Diese Faktoren geben Hinweise auf die allgemeinen Lebensverhältnisse.

"Die Unterschiede sind teils gravierend", erklärt Claudia Härterich vom Berlin-Institut. "In einzelnen Regionen verlassen rund 15 Prozent der Jugendlichen die Schule ohne Abschluss, in anderen sind es nur drei Prozent." Auffällig sind auch die Unterschiede bei der Kinderarmut: Während in manchen Gegenden im Ruhrgebiet 20 bis 30 Prozent der Kinder in Armut aufwachsen, liegt der Anteil in wirtschaftlich starken, ländlichen Regionen Süddeutschlands bei unter vier Prozent.

Eingeschränkte Teilhabemöglichkeiten treten selten isoliert auf
"In Regionen mit hoher Kinderarmut sind häufig auch der Anteil der Schulabgänger:innen ohne Ersten Schulabschluss und die Jugendarbeitslosigkeit überdurchschnittlich hoch," sagt Manuel Slupina von der Wüstenrot Stiftung. "Echte Chancengleichheit sieht anders aus." Politischen Handlungsbedarf gibt es auf verschiedenen Ebenen, um bessere Startbedingungen für alle jungen Menschen in Deutschland zu erreichen. Das Forschungsteam fordert etwa gezielte Investitionen in die Qualität von Schulen, in außerschulische Bildungsangebote und in die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen, die statistisch gesehen weniger Teilhabemöglichkeiten haben.

Kinder und Jugendliche wollen Beteiligung, Selbstbestimmung und vielfältige Freizeitangebote
Um ein ganzheitliches Bild der Lebensrealität junger Menschen zu erhalten, führte das Forschungsteam auch Gespräche mit 222 jungen Menschen und 39 Fachkräften aus der Kinder- und Jugendarbeit durch. Es ist dafür an Orte gefahren, in denen die Teilhabemöglichkeiten von jungen Menschen statistisch gesehen unterschiedlich sind, das sind: Ingolstadt, Weimar, Wuppertal, der Wetteraukreis, der Neckar-Odenwald-Kreis, Potsdam-Mittelmark, Segeberg und Görlitz. Der Vergleich zwischen Datenlage und subjektiver Wahrnehmung zeigt: Statistiken allein reichen nicht aus, um Teilhabe umfassend zu beurteilen.

Aus den Gesprächen kristallisierten sich drei Aspekte heraus, die Kindern und Jugendlichen an ihrem Wohnort besonders wichtig sind: Sie wünschen sich Mitgestaltungsmöglichkeiten, öffentliche Aufenthaltsorte sowie eigenständige Mobilität. Die Interessen junger Menschen sind über Stadt- und Landesgrenzen hinweg ähnlich: Sie wollen Freundschaften pflegen, Sport treiben, Musik machen oder digitale Medien nutzen - idealerweise in Räumen, die sie selbst gestalten können. Doch selbst dort, wo Platz vorhanden ist, fehlt es oft am politischen Willen, diese Räume jungen Menschen zur Verfügung zu stellen.

Besonders wichtig ist Jugendlichen die Möglichkeit, mobil und unabhängig zu sein. Wenn etwa Jugendliche auf dem Land abends nach einer Jugendbeiratssitzung nicht eigenständig nach Hause kommen, ist das ein Hindernis für gesellschaftliche Teilhabe. Auch der Schulweg, Freizeitgestaltung und soziale Kontakte hängen von funktionierender Infrastruktur ab - gerade dort, wo Angebote ohnehin seltener sind. Eine gute Bus- und Bahnanbindung sowie sichere Fahrradwege sind für junge Menschen entscheidend, um selbstbestimmt zur Schule, zu Hobbys oder Freund:innen zu gelangen.

Junge Menschen wollen sich beteiligen und sie haben Ideen, wie sie ihre Umgebung besser gestalten können. Sie haben jedoch häufig das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. Es fehlt oft an echten Beteiligungsformaten, die ihnen Mitsprache und Mitbestimmung auf Augenhöhe ermöglichen.

Es gehört zu den grundlegenden Versprechen der Politik, Kindern und Jugendlichen ein Umfeld zu schaffen, das ihnen Chancengleichheit und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. "Teilhabe bedeutet, gleichberechtigt und selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können - ein unverzichtbares Recht, damit junge Menschen sich frei entfalten können", sagt Johanna Okroi von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung. Um Veränderungen anzustoßen, formuliert das Forschungsteam im Teilhabeatlas konkrete Handlungsempfehlungen - insbesondere in den Bereichen Bildung, Freizeit, Selbstbestimmung und Beteiligung.

Kinderarmut vor allem in großstädtischen Räumen hoch
Insbesondere in den städtischen Regionen leben Kinder häufig in einer von Armut betroffenen Familie - teils mehr als 16 Prozent von ihnen. In ländlichen Regionen fällt die Kinderarmut insgesamt deutlich niedriger aus. In weiten Teilen Bayerns liegt sie bei unter vier Prozent.

Die Publikation "Teilhabeatlas Kinder und Jugendliche. Wie sich ihre Lebensverhältnisse in Deutschland unterscheiden und was ihnen wichtig ist" steht Ihnen hier als Download zur Verfügung.

Wie steht es um die Teilhabemöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen bei Ihnen?
Auf unserer interaktiven Website haben wir die zentralen Ergebnisse unserer Analyse in Deutschland anschaulich aufbereitet. In zehn interaktiven Karten können Sie entdecken, wie die 400 Kreise und kreisfreien Städte bei den Indikatoren für Teilhabe abschneiden. Zugriff auf die Website unter:
www.teilhabeatlas.org

Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung
Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung ist ein unabhängiger Thinktank, der sich mit Fragen regionaler und globaler demografischer Veränderungen beschäftigt. Das Institut wurde 2000 als gemeinnützige Stiftung gegründet und hat die Aufgabe, das Bewusstsein für den demografischen Wandel zu schärfen, nachhaltige Entwicklung zu fördern, neue Ideen in die Politik einzubringen und Konzepte zur Lösung demografischer und entwicklungspolitischer Probleme zu erarbeiten. In seinen Studien, Diskussions- und Hintergrundpapieren bereitet das Berlin-Institut wissenschaftliche Informationen für den politischen Entscheidungsprozess auf. Weitere Informationen, wie auch die Möglichkeit, den kostenlosen regelmäßigen Newsletter "Demos" zu abonnieren, finden Sie unter: www.berlin-institut.org.

Deutsche Kinder- und Jugendstiftung
Jedem Kind ein Hier, ein Jetzt und eine Zukunft. Die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) setzt sich ein für mehr Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche. Dafür bringt die DKJS Akteure aus Bildung, Politik und Zivilgesellschaft zusammen und entwickelt mit ihnen wirksame Lösungen auf aktuelle Herausforderungen im Bildungssystem. Mehr Informationen finden Sie unter www.dkjs.de.

Wüstenrot Stiftung
Die Wüstenrot Stiftung kümmert sich um materielles und immaterielles kulturelles Erbe. Gleichzeitig sucht sie nach Wegen, wie sich unser Gemeinwesen den vielfältigen Herausforderungen der Zukunft stellen kann. Dabei betrachtet sie kulturelles Erbe als Ausgangs- und oft auch als Orientierungspunkt.

Ihr Ziel ist es, durch die Entwicklung und Verbreitung praxisorientierter Modelle Anstöße zu geben und über ihr eigenes Handeln hinaus positive Veränderungen zu bewirken.

In ihren Themengebieten Denkmale, Zukunftsfragen, Stadt & Land, Literatur, Kunst & Kultur und Bildung konzipiert und realisiert sie eigene Projekte und fördert die Ideen und Vorhaben anderer gemeinnütziger Institutionen. Weitere Informationen finden Sie unter: www.wuestenrot-stiftung.de.

Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung ist ein unabhängiger Thinktank, der sich mit Fragen regionaler und globaler demografischer Veränderungen beschäftigt. Das Institut wurde 2000 als gemeinnützige Stiftung gegründet und hat die Aufgabe, das Bewusstsein für den demografischen Wandel zu schärfen, nachhaltige Entwicklung zu fördern, neue Ideen in die Politik einzubringen und Konzepte zur Lösung demografischer und entwicklungspolitischer Probleme zu erarbeiten.

Das Berlin-Institut erstellt Studien, Diskussions- sowie Hintergrundpapiere und bereitet wissenschaftliche Informationen für den politischen Entscheidungsprozess auf. Weitere Informationen, wie auch die Möglichkeit, den kostenlosen regelmäßigen Online-Newsletter "Demos" zu abonnieren, finden Sie auf unserer Website.

Das Berlin-Institut erhält für seine Arbeit keinerlei institutionelle Förderung. Spenden und Zustiftungen ermöglichen die erfolgreiche Arbeit des Instituts.

 
Quelle: ECO-News Deutschland, D-81371 München
http://www.berlin-institut.org
disselkamp@berlin-institut.org
    

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