Sollen die Kirchen also schweigen, wenn es um soziale Missstände in einer Gesellschaft geht, wenn das Asylrecht in Frage steht, wenn es um den Schutz der Schwachen und Schutzlosen geht, wenn es im Mittelmeer um den Umgang mit den Ertrinkenden geht? Papst Franziskus war ein politischer Papst Er warb für "eine arme Kirche der Armen". Seine erste Reise galt den Flüchtlingen auf der Insel Lampedusa. Dort sagte er den unvergesslichen Satz: "Die Globalisierung der Gleichgültigkeit hat uns die Fähigkeit zu weinen genommen." Und noch kurz vor seinem Tod warb er bei seiner letzten Osteransprache für Frieden, Gerechtigkeit und Versöhnung. Eine hochpolitische Anklage gegen die Ungerechtigkeiten in dieser Welt. Das gilt erst recht für seine Umwelt-Enzyklika "Laudato si", das weltweit ambitionierteste Öko-Programm für den Erhalt der Schöpfung und für seine Kritik am vorherrschenden Kapitalismus und an der vorherrschenden Ökonomie: "Diese Wirtschaft tötet," schrieb er wörtlich in seiner ersten päpstlichen Stellungnahme "Fratelli tutti". Wer ist nun katholisch? Der politische Papst Franziskus oder die katholische Bundestagspräsidentin von der CDU? Selbst Klöckners Unionsfraktion hat am Ostermontag den verstorbenen Papst als "eminent politisch" gewürdigt. Und der frühere CDU-Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet (CDU), sagte zu Klöckners Kirchenkritik: "Kirche war immer politisch.Wer aus der christlichen Botschaft ableitet, dass man die Welt verändern soll, zum Guten verändern soll, die Welt gestalten soll, dann ist das immer eine politische Botschaft." Papst Franziskus war und ist auch deshalb bei vielen Nichtkatholiken so beliebt, weil er das Grundsatzprogramm des Jesus von Nazareth, seine Bergpredigt, ernst nahm. Mit Franziskus hat die Welt den vielleicht wichtigsten Anwalt der Armen und Schwachen, der Flüchtlinge und der Verfolgten verloren. Papst Franziskus war katholisch im besten Sinne des Wortes, das heißt "weltumfassend" und politisch. Jesus preist in seiner Bergpredigt die Friedensstifter und die Barmherzigen selig. Diese seine Botschaft hat Jesus zum bedeutendsten Menschen der Weltgeschichte gemacht und die christliche Kirche zur erfolgreichsten Gemeinschaft aller Zeiten. Eine Kirche, die sich im Sinne von Julia Klöckner nicht mehr klar äußert zu Ungerechtigkeit und Krieg, zu Humanität und Menschlichkeit, zu sozialem Zusammenhalt, Nächstenliebe und Feindesliebe, begeht Verrat an Jesu Botschaft und Auftrag. Papst Franziskus hat sich bewusst den Namen des großen Heiligen aus Assisi gegeben. Dieser heilige Franziskus ist der Schutzpatron aller Umweltschützer und Klimaschützer. Das sagt Papst Franziskus in seiner Enzyklika "Laudato si". Schon der Papst-Name Franziskus war ein politisches Programm. Liebe Julia Klöckner: Lesen Sie als Christin und Theologin bitte wieder mal die Bergpredigt. In der Migrationspolitik geht es jeden Tag um Menschlichkeit, in der Verteidigungspolitik geht es jeden Tag um Krieg und Frieden, in der Sozialpolitik geht es jeden Tag um mehr Gerechtigkeit und im Umgang mit der AfD geht es jeden Tag um die Verteidigung von Freiheit und Demokratie. Solange die CDU das "C" im Namen hat, sollte es Ihnen und Ihrer Partei um exakt diese Werte gehen. Sie sind hochpolitisch und nicht "austauschbar". Heribert Prantl meint zum Kirchenkampf innerhalb der CDU: "Nicht die Kirche ist zu politisch, sondern die Politik der CDU/CSU ist zu wenig christlich."
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