In ihrer im Juni 2021 veröffentlichten Antwort auf die Europäische Bürgerinitiative "End the Cage Age" (ECI) versprach die EU-Kommission bis Ende 2023 einen Gesetzesvorschlag zum Ausstieg aus der Käfighaltung in Europa vorzulegen. Im aktuellen Arbeitsprogramm der Kommission fehlte jedoch die versprochene Reform der EU-Tierschutzgesetze. Da im Juni 2024 die nächste EU-Wahl ansteht, ist die aktuelle EU-Kommission nur noch ein halbes Jahr im Amt. Ob die nächste Kommission diese wichtigen Reformen umsetzen wird, ist derzeit unklar. Steht in Frage: Wirksamkeit Europäischer Bürgerinitiativen In ihrer Beschwerde an die Bürgerbeauftragte erklärten die Organisationen, dass die EU-Kommission damit gegen die Regeln Europäischer Bürgerinitiativen verstoße, nachdem sie berechtigte Erwartungen bei den EU-Bürger:innen geweckt habe. Es handele sich um Verwaltungs-Verstöße gegen die EU-Verordnung 2019/788. Darüber hinaus stelle das Verhalten der Kommission grundsätzlich die Wirksamkeit Europäischer Bürgerinitiativen als Instrument der transnationalen Demokratie in Frage. Zeitplan mehrfach bestätigt Bevor die EU-Kommission im Oktober ihr Versprechen zurückzog, hatte sie immer wieder bestätigt, dass sie auf den Zeitplan 2023 hinarbeite. Die EU-Kommissarin für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Stella Kyriakides, hatte dieses Datum in den Antworten der Kommission auf parlamentarische Anfragen und in verschiedenen Mitteilungen mehrfach öffentlich erwähnt. Tierschutzverbände forderten Einhaltung Bevor die Tierschutzorganisationen offizielle Beschwerde bei der Bürgerbeauftragten einreichten, hatten sie die EU-Kommission aufgefordert, einen konkreten Zeitplan für die Veröffentlichung der Gesetzesvorschläge innerhalb der laufenden Wahlperiode vorzulegen, um ihrer Verpflichtung gegenüber der Europäischen Bürgerinitiative "End the Cage Age" nachzukommen. EU-Bürger:innen wollen mehr Tierschutz Konkret forderte die Bürgerinitiative ein Verbot von Käfigen für sogenannte Legehennen, Masthähnchen, Kaninchen, Junghennen, Wachteln, Enten und Gänse. Außerdem sollte der Einsatz von Abferkelbuchten und Kastenständen für Sauen sowie Einzelboxen für Kälber verboten werden. Zusätzlich zum Käfigverbot forderten 1,5 Millionen Bürger im Rahmen der Bürgerinitiative "Fur Free Europe" auch ein Verbot der Pelztierhaltung und der Vermarktung von Pelzprodukten in Europa. Dieses Verbot wäre bei der Reform der EU-Verordnungen umgesetzt worden, wie aus der durchgesickerten Folgenabschätzung hervorgeht. Auch jenseits der zahlreichen EU-Bürgerinitiativen sprach sich in der jüngsten Eurobarometer-Umfrage eine überwältigende Mehrheit der europäischen Bürger:innen deutlich für einen besseren Schutz von Tieren in der EU aus. Verzögerung geht auf Kosten von Mensch und Tier Während die Verordnung zum Ausstieg aus der Käfighaltung nach wie vor aussteht, leiden in Europa weiterhin etwa 700 Millionen sogenannte Nutztiere in Käfigen. Die Verzögerung der Überarbeitung der EU-Tierschutzgesetzgebung geht auch auf Kosten von Landwirt:innen und Lebensmittelunternehmen, da ihnen damit die Planungssicherheit für Investitionen genommen wird. "EU lässt Bürger:innen im Stich" "Die EU-Kommission hat Erwartungen bei den Bürger:innen geweckt, sie aber im Moment der Wahrheit im Stich gelassen. Dies stellt einen Grundwert der EU-Institutionen in Frage: die Demokratie. Die EBI wurde bewusst ins Leben gerufen, um den Bürgern eine aktive Beteiligung an politischen Entscheidungsprozessen zu ermöglichen. Aber was nützt das, wenn ihre Stimmen weiterhin ungehört bleiben?", kommentierte Reineke Hameleers, Vorsitzende der Eurogroup for Animals. "Kommission verlängert millionenfaches Tierleid" "Die von der Leyen-Kommission hat ihr Versprechen gebrochen, endlich den Aufbruch hin zu mehr Tierschutz und einem nachhaltigen Ernährungssystem einzuleiten. Damit ignoriert sie den Willen von Millionen EU-Bürger:innen und verlängert das millionenfache Leid der Tiere. Dass es der Agrarlobby gelungen ist, diese Tierschutz-Reform zu blockieren, ist nicht nur ein politischer Skandal. Das Narrativ, dass Europa seine Lebensmittelproduktion intensivieren müsse, um die Welternährung zu sichern, ist auch brandgefährlich. Denn wir brauchen gerade jetzt, im Angesicht der multiplen Krisen, mehr Tierschutz und nachhaltige Ernährungssysteme", sagt Christina Ledermann, Vorsitzende vom Bundesverband Menschen für Tierrechte. Der Verband hat heute ebenfalls Beschwerde bei der EU-Ombudsfrau eingereicht und unterstützt aktiv die genannten EU-Bürgerinitiativen.
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