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 ECO-News - die grüne Presseagentur
Presse-Stelle:  Dr. Franz Alt Journalist, D-76530 Baden-Baden
Rubrik:Politik & Gesellschaft    Datum: 02.11.2023
Frieden in Nahost ist möglich
Das Sterben der Palästinenser im Gazastreifen hat gerade erst begonnen. Israel will sich vom "Zerschlagen" der Hamas-Terroristen nicht abbringen lassen.
Sehr wahrscheinlich wird es bei einem Krieg auf so kleiner Fläche unter den 2.3 Millionen Palästinensern, die im Gazastreifen leben, auch viele tote Zivilisten geben. Und danach? Gibt es einen Plan für die Zeit danach?

Bisher unternimmt keine der beiden Seiten ernsthaft einen Versuch, den Friedensprozess, der in den neunziger Jahren in Norwegen begonnen hatte, neu zu starten. Die Hamas als de facto-Regierung im Gazastreifen will den Staat Israel "vernichten" ("alle Juden töten") und die israelische Regierung will die Hamas "zerschlagen". Die israelische Regierung nimmt dabei auch tote Zivilisten als "Kollateralschaden" in Kauf und die Hamas tut dasselbe, indem sie täglich Israel mit Raketen bombardiert. Realistischer weise muss mit einer Ausweitung des Krieges gerechnet werden. Kann und wie soll dieser Teufelskreis je durchbrochen werden?

Zur Zeit laufen beide Seiten ihren Friedens unfähigen, weil Friedens unwilligen Führern bedingungslos hinterher. Kaum Mitgefühl mit dem Leid der anderen Seite. Nur das alte Dogma gilt: Aug um Auge, Zahn um Zahn. Wir sind die Guten und die "Anderen" die Bösen! Doch auch die europäische Geschichte lehrt uns, dass dieses Denken niemals zum Frieden führt.

Was könnte die Alternative sein?
Es gibt immer Alternativen. Die drei monotheistischen Religionen des Nahen Ostens könnten dabei eine zentrale Rolle spielen. "Ethik ist wichtiger als Religion" meint der Dalai Lama. Die zentrale Tugend der drei abrahamischen Religionen ist in gleicher Weise die Barmherzigkeit und die Versöhnung. Hier steckt ein riesiges, noch unerschlossenes Friedenspotential. Die gemeinsame Basis von Judentum, Christentum und Islam heißt: verstehen statt verurteilen, versöhnen statt vernichten, lieben statt hassen. Empathie ist der Weg zum Frieden.

Sicher im Augenblick noch eine Vision. Doch warum sollen nicht auch im Nahen Osten in Zukunft zwei Staaten friedlich nebeneinander koexistieren? Israel mit einer palästinensischen Minderheit neben Palästina mit einer jüdischen Minderheit?

Das wäre endlich ein politisches Gleichgewicht zwischen Israel und Palästina mit der Chance auf Wohlstand für beide Seiten. Die längst von vielen, auch von Deutschland favorisierte, Zweistaaten-Lösung. Es ist ja richtig, wenn UNO-Generalsekretär Guterres darauf hinweist, dass jeder Krieg eine Vorgeschichte hat.

Bedeutet es aber nicht mangelnde Solidarität mit Israel, wenn wir die Taten der Terroristen einzuordnen und zu verstehen suchen? Nein, denn verstehen heißt ja nicht billigen. Wenn wir nicht mehr verstehen wollen, gelangen wir ans Ende der Humanität, wir entziehen damit dem menschlichen Miteinander den Boden und es bleiben nur Gewalt und Diktatur. Mitgefühl für Israelis und Palästinenser schließen sich nicht aus, sie bedingen sich für jeden, der einen wirklichen Beitrag zum Frieden leisten möchte. Wir alle sind Menschen. Die Größe der Humanität besteht darin, dass Menschen sich ändern können.

Wie lief es denn in Europa nach 1945?
Die wirtschaftliche Kooperation war die Basis für Wohlstand und politischer Zusammenarbeit. Das war der Ansporn für die Gründung der EU, in der noch nie ein Land ein anderes EU-Land militärisch angegriffen hat - im Gegensatz zu früheren Jahrhunderten. Also könnten auch Palästina und Israel und ihre jeweiligen Minderheiten ökonomisch zusammenarbeiten und andere arabische Länder zu einer Nahost-Gemeinschaft, einer Nahost-Union, einladen - mit dem Ziel, Frieden und Wohlstand zu schaffen. Dabei könnte nach dem Vorbild der EU und in Kooperation mit der EU ein neues Wirtschaftswunder im Nahen Osten entstehen.

Am Anfang müssten natürlich vertrauensbildende Schritte stehen ähnlich wie beim Überwinden des Kalten Krieges vor einigen Jahrzehnten in Europa und mit Hilfe aller arabischen Staaten. Wenn es der deutsche Bundeskanzler ernst meint mit dem Satz "Israels Sicherheit ist Teil der deutschen Staatsräson," dann muss er in diesem Geist auch zu vermitteln suchen und nicht länger wegschauen. Und man muss zwischen der rechtsextremen Regierung Netanjahu und dem Friedenswillen der Mehrheit der israelischen Bevölkerung unterscheiden. Das Ziel muss Aussöhnung und Frieden sein, eine Zeit lang von UN-Blauhelmen überwacht.

Dabei könnten die drei abrahamischen Religionen eine zentrale Rolle spielen. Es waren auch die christlichen Kirchen, die bei der friedlichen deutschen Wiedervereinigung wie auch bei der Aussöhnung zwischen Deutschland und Polen eine zentrale Rolle gespielt haben. Alle drei Religionen im Nahen Osten basieren doch auf den Werten Liebe, Frieden und Barmherzigkeit.

Auch kluge Politiker und religiöse Führer in Saudi-Arabien und Iran hoffen auf diese Vision. So könnte ein wachsender Nahostfrieden sogar der Schlüssel für einen Weltfrieden werden. Die bisherige Nahostpolitik war und ist zu visionslos. Vor allem die Bedeutung der Religionen für den Frieden in dieser Region wurde von den USA und von der EU in allen bisherigen Verhandlungen übersehen.

Die Geschichte nach 1945 lehrt aber, dass selbst der Punkt des tiefsten Konflikts der Beginn zur Versöhnung in einer neuen Zeit sein kann. Das Gegenteil zu behaupten, ist Ideologie und menschenfeindlich. Das Land im Nahen Osten ist groß genug für eine Zwei-Staaten-Lösung. Deshalb und "um Gesprächskanäle offen zu halten" hat sich Deutschland bei der jüngsten Abstimmung über den neuen Nahostkrieg in der UNO mit guten Gründen der Stimme enthalten - so begründete Annalena Baerbock soeben im ZDF ihre Entscheidung.

Das Land ist groß genug für beide
Frieden beginnt immer mit einem Traum vom Frieden. Auch Israelis und Palästinenser können heute erkennen, dass ihr "Land groß genug für beide" ist. Beide sollten dies vor den Vereinten Nationen bekennen und einander um Verzeihung bitten. Entscheidend wird sein, ob einer den Mut zu diesem ersten Schritt hat. Dieser erste Schritt in eine neue Richtung ist Friedensstiftend. Die an ein Wunder grenzende deutsch-polnische Aussöhung begann damit, dass die polnischen Bischöfe an ihre deutschen Glaubensgeschwister 1965 schrieben: "Wir verzeihen und wir bitten um Verzeihung."

Seit 2006 gab es drei Kriege zwischen Israel und den Palästinensern. Die dauerhafte Besatzung im Westjordanland ist keine Lösung. Warum und wofür einen vierten und fünften Krieg?

Als Historiker weiß ich: Ohne einen Traum vom Frieden gibt es keinen. Für Israel wird es erst Frieden geben, wenn es auch Hoffnung für die Palästinenser gibt. Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.

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