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Energie & Technik   
Söders Vorstoß zu AKW-Laufzeitverlängerung ist energiepolitischer Irrsinn
Umweltinstitut fordert stattdessen einen konsequenten Ausbau der erneuerbaren, dezentralen Energie- und Wärmeversorgung
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine rückt Europas Abhängigkeit von fossilen Energieimporten schmerzhaft ins Bewusstsein. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) machte gestern über den Kurznachrichtendienst Twitter mit einer impliziten Forderung nach einer Laufzeitverlängerung für deutsche Atomkraftwerke Schlagzeilen. Das Umweltinstitut kritisiert diesen Vorstoß scharf und fordert stattdessen einen konsequenten Ausbau der erneuerbaren, dezentralen Energie- und Wärmeversorgung.

"Der Ruf nach einer Laufzeitverlängerung für die in Betrieb befindlichen Meiler oder gar einem Wiederanfahren stillgelegter Atomkraftwerke ist keine geeignete Antwort auf die energie- und sicherheitspolitische Krise, in die uns die Bundesregierungen der letzten Jahrzehnte hineinmanövriert haben", stellt Fabian Holzheid, politischer Geschäftsführer des Umweltinstituts, klar.

Die Atomkraft könne keinen signifikanten Beitrag dazu leisten, die Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern. Dazu erläutert Dr. Hauke Doerk, Referent für Radioaktivität am Umweltinstitut: "Laufzeitverlängerungen von AKW könnten die Importabhängigkeit von Russland kaum nennenswert senken. Die sechs Prozent des Stroms, den die restlichen AKW noch produzieren, können gut durch erneuerbare Energien ausgeglichen werden - ganz ohne die Sicherheitsrisiken, die mit der Nutzung von Atomkraft einhergehen. Wärme, um die es beim Gas aus Russland hauptsächlich geht, liefern AKW gar nicht. Aus Sicherheitsgründen stehen Atommeiler absichtlich weit entfernt von Ballungszentren und sind nicht an Fernwärmenetze angeschlossen. Aufgrund des absehbaren Betriebsendes sind die Reaktoren außerdem so gefahren worden, dass der Brennstoff Ende des Jahres aufgebraucht ist. Eine komplette Neubefüllung würde schätzungsweise zwei Jahre benötigen. Fällige, umfassende Sicherheitsprüfungen sind zudem ebenfalls nicht durchgeführt worden. Für den kritischen Winter 2022/2023 käme die Atomkraft damit ohnehin zu spät".

An einem massiven Kraftakt zum Ausbau einer dezentralen, erneuerbaren Energie- und Wärmeversorgung sowie an deutlichen Energieeinsparungen führt nach Meinung der Umweltschützer:innen kein Weg vorbei. Zu den wichtigsten Maßnahmen neben dem Ausbau der Erneuerbaren und dem Heben von Energieeinsparpotenzialen zählen ein sofortiger Einbaustopp für Öl- und Gasheizungen, keine Neuzulassungen für Autos mit Verbrennungsmotor und ein massiver Ausbau der Produktion von Wärmepumpen. Nur so könne gleichzeitig die Abhängigkeit von fossilen Energien aus Autokratien beendet und die Klimakrise bekämpft werden, ohne sich weiteren Risiken durch die Atomkraft auszusetzen.

"Dass die Forderung nach einem Ausstieg aus dem Ausstieg nun ausgerechnet von Markus Söder erhoben wird, der sogar innerhalb der Union zu den schlimmsten Verhinderern einer dezentralen, erneuerbaren Energie- und Wärmeerzeugung gehört, passt leider nur zu gut ins Gesamtbild", so Fabian Holzheid. Markus Söder hält in Bayern nach wie vor an der 10H-Regelung für Windkraftanlagen fest, die einen Ausbau der Windenergie im Freistaat so gut wie unmöglich macht. Einer vollmundige Ankündigung einer allgemeinen Solarpflicht für Neubauten in Bayern im Sommer 2020 folgten ebenfalls keine Taten.

Auch das Bundesumweltministerium verwehrt sich gegen Rufe nach einem Wiedereinstieg in die Atomkraft: "Aus Sicherheitsgründen hält das BMUV eine Laufzeitverlängerung der letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland für nicht verantwortbar", ließ das Ministerium unter Steffi Lemke (Grüne) auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur verlauten. Auch Wirtschaftsminister Habeck lehnt Laufzeitverlängerungen laut Medienberichten mit Hinweis auf Sicherheits- und Genehmigungsprobleme ab. Das Umweltinstitut begrüßt die klare Haltung der Bundesminister:innen: "Umweltministerin Lemke weist zu Recht auf das enorme Schadenspotenzial von Atomkraftwerken hin. Ein Blick in die Ukraine führt uns dieses Potenzial gerade sehr deutlich vor Augen", so Holzheid weiter. "Sicherheit und Atomkraft - das geht einfach nicht zusammen".
 
Quelle: ECO-News Deutschland, D-81371 München
http://www.umweltinstitut.org
pressestelle@umweltinstitut.org
    

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