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Rubrik:Umwelt & Naturschutz    Datum: 01.03.2022
Gipsabbau in Deutschland und in Bayern
Raubbau beenden - Gipsrecycling voranbringen
Das Umweltnetzwerk GRÜNE LIGA stellte heute im nordbayerischen Bad Windsheim die Ergebnisse eines zweijährigen Projektes zum Naturgipsabbau in Deutschland vor. Gemeinsam mit Vertreter*innen des BUND Naturschutz in Bayern besuchte der Bundesvorsitzende der GRÜNEN LIGA die Quelle der Aisch, die infolge benachbarten Gipsabbaus zeitweise versiegte. Beide Verbände betonen, dass eine Ausweitung des Naturgipsabbaus verhindert werden muss. Dazu müssen Recycling, Alternativbaustoffe und eine ressourcenschonende Bauwende vorangetrieben werden. Für eine exzessive Ausweisung neuer Gipsabbaugebiete in der Regionalplanung gibt es keine Grundlage.

Für eine exzessive Ausweisung neuer Gipsabbaugebiete in der Regionalplanung gibt es keine Grundlage. © Frank Weber
"Den wegfallenden Gips aus Kohlekraftwerken durch mehr Abbau von Naturgips ersetzen zu wollen, würde zu einem enormen Raubbau an der Natur führen." stellt René Schuster, Bundesvorsitzender der GRÜNEN LIGA, fest. "Deutschland muss stattdessen den Anteil von Recycling beim Gips dringend erhöhen. Die Nutzung von Sekundärgipsen und Alternativbaustoffen sind nötig. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich zu einer nachhaltigen Bauwende zu bekennen, die den Verbrauch von Ressourcen insgesamt begrenzt", so Schuster.

Hintergrund: In den seit den 1980er Jahren vorgeschriebenen Rauchgasentschwefelungsanlagen (REA) der Kohlekraftwerke entsteht in großen Mengen Gips. In der Folge verdoppelte sich der Gipsverbrauch nahezu von anfangs fünf Millionen Tonnen auf den heutigen Stand des Verbrauches von ca. zehn Millionen Tonnen pro Jahr. Ob der Kohleausstieg zu einer massiven Erschließung neuer Gipstagebaue führen muss, hat die GRÜNE LIGA in den vergangenen zwei Jahren intensiv mit wichtigen Akteur*innen diskutiert. In dem 40-seitigen Bericht "Gips: Rohstoff und Lebensraum" wurden Ergebnisse aus Interviews, Fachgesprächen, Exkursionen und zwei öffentlichen Tagungen mit den Beteiligten aus Industrie, Forschung, Verwaltung und Zivilgesellschaft zusammengefasst. Dieser wurde heute erstmals in einer der betroffenen Abbauregionen vorgestellt.

"Während der Kohleverstromung ist eine Verwendung des entstehenden Nebenproduktes Gips natürlich nötig und sinnvoll. Allerdings wurde diese Nachfrage künstlich erzeugt. Die Notwendigkeit, wegfallende Mengen Gips eins zu eins durch Naturgips zu ersetzen, kann aus dem bisherigen Verbrauch also nicht abgeleitet werden", resümiert Schuster.

In Bayern konzentrieren sich die Gipsvorkommen auf die Landkreise Ansbach, Neustadt/Aisch-Bad Windsheim, Kitzingen, Würzburg, Main-Spessart, Schweinfurt, Haßberge, Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen und damit auf Mittel- und Unterfranken.

"Wir haben in den letzten Jahren bereits feststellen müssen, dass die Gipsindustrie in Nordbayern riesige Flächen als Vorrang- und Vorbehaltsgebiete in den Regionalplänen festsetzen ließ. Der BUND Naturschutz sieht hier den Versuch, den Raubbau an Rohstoffen auf viele weitere Jahrzehnte festzuschreiben", so Tom Konopka, Regionalreferent des BN für Mittel- und Oberfranken. "Richtig wäre auch in Bayern das Recycling von Gips, zum Beispiel aus Gipskartonplatten. Nur unter fünf Prozent werden wiedergenutzt, das meiste landet auf Bauschuttdeponien und ist verloren. Das ist ein klarer Verstoß gegen das Kreislaufwirtschaftsgesetz", so Konopka.

Dass der Gipsabbau auch das knappe Wasser in der Trockenregion Westmittelfranken beeinträchtigen kann, zeigte der Abbau Burgbernheim-Nord des Gipskonzerns Knauf 2019: "Die Quelle und ein Kilometer des Flusses bei Burgbernheim führten Ende 2019 und Anfang 2020 kein Wasser mehr. Ursache für das Versiegen war nicht die Trockenheit, sondern nachweislich ein kurz zuvor eröffneter Gipssteinbruch der Firma Knauf bei Burgbernheim. Die für die Gipsgewinnung nötigen Sprengungen führten zur Zerstörung der grundwasserführenden Schichten und bereits wenige Monate später zur Veränderung der Grundwasserströme", so Sigrid Pfund, Vorstandsmitglied BN-Kreisgruppe Neustadt/A.-Bad Windsheim.

Nur durch einen öffentlichen Aufschrei wurde der Gipskonzern gezwungen, einen Behelfsdamm zu schütten, der den Grundwasserstrom so änderte, dass die Quelle nun wieder Wasser führt. Der Gipsabbau wurde aber nicht eingestellt, wie dies aus Vorsorgegründen eigentlich notwendig gewesen wäre. Der BN hatte die Gefahr für die Aischquelle bereits 2013 im Genehmigungsverfahren für den Gipsabbau gesehen: In seiner Stellungnahme an das zuständige Bergamt wies der Verband auf diese Gefahr eindringlich hin und forderte Schutzmaßnahmen, wie eine rechtzeitige Untersuchung der Grundwasserströme und die Beweissicherung mithilfe eines Messstellennetzes. Trotzdem genehmigte das Bergamt Nordbayern den Abbau ohne diese Auflagen. "Es ist ein unrühmliches Kapitel des Bergamtes Nordbayern, das den Rohstoffabbau regelmäßig höher gewichtet als die Sicherung des Allgemeinwohls", sagt Tom Konopka.

Fast 4.000 ha Vorrang- und mehr als 5.000 ha Vorbehaltsgebiete für den Abbau von Bodenschätzen sind allein in Westmittelfranken festgesetzt worden. Der BN lehnt das klar ab und hat dies auch in einer Stellungnahme zur Regionalplanfortschreibung vom 04.02.2021 deutlich gemacht.

"Im Vergleich zur Fläche unseres Landkreises Neustadt/Aisch-Bad Windsheim mit 126.755 ha werden Gipsabbauflächen von 4.865 ha überplant. Dies entspricht 3,8 Prozent unserer Landkreisfläche mit Schwerpunkt auf wenige Gemeinden. Diese erfahren eine komplette Umgestaltung der Landschaft. Ca. 11 Prozent der Flächen dieser Gemeinden sind für Gipsabbau reserviert. Das beeinträchtigt in erheblichem Maße die Entwicklung der Kommunen, das Landschaftsbild, die Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen und sämtliche Ziele des Naturschutzes", so Moni Nunn von der BN-Kreisgruppe Neustadt/Aisch -Bad Windsheim.

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