Vor dem Hintergrund einer möglichen Übertragung des SARS-CoV-2-Virus über Aerosole in Klassenräumen werden mobile Luftreinigungsgeräte (d. h. frei im Raum aufstellbare Geräte) derzeit diskutiert als Ergänzung für das Lüften mit Außenluft (über Fenster oder raumlufttechnische Anlagen), um virushaltige Aerosolpartikel aus der Luft zu entfernen. Das Umweltbundesamt steht einem generellen Einsatz mobiler Luftreinigungsgeräte jedoch kritisch gegenüber und hält ihn lediglich in Ausnahmefällen als zusätzliche Maßnahme für gerechtfertigt. Denn die Wirksamkeit der mobilen Luftreinigungsgeräte in Hinblick auf die Reduzierung von SARS-CoV-2-Viren ist in vielen Fällen bislang nicht eindeutig nachgewiesen. Zudem beseitigen mobile Luftreiniger nicht die in Unterrichtsräumen übliche Anreicherung von Kohlendioxid (CO2), Luftfeuchte und diversen chemischen, teils geruchsaktiven Substanzen. Priorisierung der Lüftungsmaßnahmen an Schulen aus Sicht des UBA Das Umweltbundesamt empfiehlt, Lüftungsmaßnahmen an Schulen in folgender Rangfolge zu betrachten.
Welche mobilen Luftreiniger werden angeboten? A) Durchsatzgeräte mit Hochleistungsschwebstofffiltern (HEPA-Filterklassen H13 oder H14) B) Durchsatzgeräte mit Aktivkohlefiltern oder elektrostatischen Filtern C) Geräte mit Inaktivierung von Viren durch UV-C-Technik D) Luftbehandlung mittels Ozon, Plasma oder Ionisation E) Kombination mehrerer Verfahren Die Nutzung von Schwebstofffiltern (A) zur Entfernung von allgemeinen Staubpartikeln ist erprobt. Zuletzt haben Studien gezeigt, dass Geräte mit diesen Filtern H13 und H14 auch Partikel in der Größe, in denen Viren in der Raumluft vorkommen, teilweise entfernen kann. Allerdings ist zu beachten, dass Filtergeräte nach dem Umluftprinzip arbeiten und zu jedem Zeitpunkt nur einen Bruchteil der Raumluft reinigen. Im Realraummaßstab hat sich gezeigt, dass Geräte mit Schwebstofffiltern sehr großzügig dimensioniert sein müssen und eine Umsatzrate des fünf- oder mehrfachen Raumvolumens pro Stunde benötigen, um die Partikelkonzentrationen im Raum wirksam zu reduzieren. Geräte mit Schwebstofffiltern haben den Nachteil, dass sie das in Klassenräumen anfallende CO2, die Luftfeuchte und geruchsaktive Substanzen sowie andere chemische Schadstoffe nicht aus der Raumluft entfernen. Selbst einfache Filtergeräte erfordern eine fachgerechte Aufstellung und kontinuierliche Wartung. Ein sicherer Austausch und die Entsorgung möglicherweise mit Viren kontaminierter Filter muss gewährleistet sein. Derzeit laufen erste Untersuchungen zur Bestimmung der Wirksamkeit dieser Geräte mit infektiösen Partikeln [Bakteriophagen]. Geräte mit Aktivkohlefiltern (B) entfernen keine Partikel (nur Gase), und eignen sich daher nicht für eine Reduzierung von Viren. Für Geräte mit elektrostatischen Filtern (B) fehlen derzeit Funktionsnachweise für virushaltige Partikel in Realräumen. Das Gleiche gilt für Geräte mit UV-C Technik (C). Auch hier fehlen verlässliche Daten über die Einsatzbedingungen und Wirksamkeit in Kopplung mit mobilen Geräten. Für mobile Geräte, wie sie an Schulen zum Einsatz kommen sollen, sind bislang keine Funktionsnachweise für Realräume in Verbindung mit Viren vorhanden. Ebenso ist ein Nachweis notwendig, dass die Geräte für einen sicheren Einsatz in belebten Klassenzimmern geeignet sind (Schutz vor schädigendem UV-Licht). Geräte, die eine Virenreduktion über Luftbehandlung mit Ozon und anderen reaktiven Stoffen vorsehen (D), werden für den Einsatz in Schulen aus gesundheitlichen Gründen abgelehnt, da die Wirkstoffe selbst reizend sind und/oder durch Reaktion mit andere Stoffen in der Raumluft neue Schadstoffe entstehen können. Hier besteht die Möglichkeit, dass neue Gefährdungen entstehen. Bei allen Geräten sind die möglichen Geräuschentwicklungen beim Einsatz in Klassenzimmern zu berücksichtigen. Fazit Eine verlässliche Reduzierung der SARS-CoV-2-Viren ausschließlich durch mobile Luftreinigungsgeräte in Unterrichtsräumen ist basierend auf dem derzeitigen Kenntnisstand nicht eindeutig nachgewiesen. Das Umweltbundesamt empfiehlt daher weiter auch in der kalten Jahreszeit die Fensterlüftung als prioritäre Maßnahme. Die Kommission für Innenraumhygiene (IRK) am Umweltbundesamt wird sich am 27.10.2020 nochmals detailliert mit dieser Thematik auseinandersetzen und eine kritische Bestandsaufnahme geben. Langfristige und nachhaltige Ziele Aus gesundheitlichen und Nachhaltigkeits-Gründen sollten perspektivisch alle dicht belegten Veranstaltungsräume in Schulen und Bildungseinrichtungen mit raumluft-technischen (RLT)-Anlagen ausgerüstet bzw. nachgerüstet werden. Stand der Technik sind Anlagen mit Wärmerückgewinnung, welche die Außenluftenergiesparend mittels der Abluft anwärmen. Als "Komfortlüftung" werden Systeme bezeichnet, die eine kontrollierte Erwärmung oder auch Abkühlung (Sommer) erlauben. Links
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