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Umwelt & Naturschutz   
Trotz Klimanotstand in Köln
Kommunalpolitiker planen Bebauung des städtischen Grüngürtels
"Watt fott es, es fott" (Kölsch für: Was weg ist, ist weg) heißt es in § 4 des Kölschen Grundgesetzes. Diese lapidare Einstellung könnte sich nun auch auf das Klima der ganzen Stadt und die Lebensqualität der Kölner auswirken. Der Stadtrat plant aktuell rund 36.000 m2 - oder fünfmal die Grundfläche des Kölner Doms - zur Bebauung mit Kunstrasenplätzen und mehreren Gebäuden für den 1. FC Köln freizugeben und damit öffentliche, geschützte Grünflächen zu versiegeln. Diese Entscheidung hat für Umwelt, Natur und Lebensqualität nachweislich dramatische Folgen: die Erwärmung des lokalen Klimas um bis zu 4 °C, Mikroplastik im Boden und weniger Frischluft für Mensch und Natur.

Bebauungspläne im Kölner Grünsystem: Vernichtung von Kulturerbe und Frischluftgarant
Konkret handelt es sich bei der betroffenen Grünfläche um die Gleueler Wiese im Kölner Grüngürtel. Sie ist Teil des geschützten Grünsystems der Stadt, das der dicht bebauten Rheinmetropole als Frischluftschneise, Klimaregulierer und Naherholungsgebiet dient - und schon in den 1920er Jahren als visionäres Zukunftsprojekt unter dem damaligen Oberbürgermeister Dr. Konrad Adenauer entstand.

Eine Versiegelung der mehr als 3 ha großen Naturwiese - also die luft- und wasserdichte Abdeckung des Bodens - kommt in Zeiten des Klimawandels einer absurden Zerstörung klimaaktiver Grünflächen gleich. Denn sie wirkt sich deutlich auf das Stadtklima aus: Experten gehen von einem Anstieg der lokalen Jahresdurchschnittstemperatur um 4°C aus. Neben der Regulierung des Klimas übernehmen Grünflächen noch viele weitere wichtige Aufgaben, wie beispielsweise die Aufnahme von Regenwasser. Sie schützen Anwohner vor Überflutung und Wasserschäden - eine Leistung, die versiegelter Boden nicht erbringen kann. Die geplanten Kunstrasenplätze versiegeln den Boden und verwandeln die Grünfläche in eine Plastikwüste. Laut einer aktuellen Studie des Fraunhofer-Instituts UMSICHT gehören Sportplätze zu den Hauptverursachern von Mikroplastik in Deutschland. Alleine von Fußballplätzen sollen 8.000 Tonnen pro Jahr in die Umwelt gelangen.

Nur in Köln: Klimanotstand ausrufen, aber Klimaschutz ignorieren
"Wat soll dä Quatsch?" (Kölsch für: Was soll der Quatsch?): § 9 des Kölschen Grundgesetzes kommentiert die Entscheidung des Regionalrats vom 05. Juli 2019. Denn an diesem Tag ermöglichten die Mitglieder des Regionalratsfür die Erweiterung des RheinEnergie Sportparks, in dem sie dem Antrag auf Zielabweichung nach § 16 des Landesplanungsgesetzes NRW zustimmten. Damit ignorierten sie nicht nur die ökologischen, klimatischen und sozialen Ziele der Raumordnung, sondern auch die Stellungnahme des eigenen Umweltamts. Harald Rau, Umweltdezernent der Stadt Köln, schätzt die klimatischen Auswirkungen des Vorhabens auf die angrenzenden Waldbereiche in Hinblick auf den Klimawandel als signifikant ein.

Vier Tage später rief die Stadt Köln den "Klimanotstand" aus und räumte der "Eindämmung des vom Menschen verursachten Klimawandels (.) in der städtischen Politik eine hohe Priorität" ein. So soll bei Ratsentscheidungen zukünftig eine Klimafolgenabschätzung eingeführt werden. Darüber hinaus wurde ein Maßnahmenpaket mit Inhalten wie CO2-Belastung, Baumbepflanzung und E-Mobilität beschlossen. Dazu kommentierte Oberbürgermeisterin Henriette Reker: "Die Stadt Köln ist sich ihrer Verantwortung sehr bewusst (.). Gleichzeitig wissen wir, dass wir unsere Anstrengungen intensivieren müssen, um relevante Beiträge zum Klimaschutz leisten zu können. (.) Aber alle sind gefordert, nicht nur Verwaltung, sondern auch Wirtschaft, Forschung, Gesellschaft und jeder Einzelne."

"Do laachste Dich kapott" (Kölsch für: Da lachst Du dich kaputt) ist zwar auch Teil der kölschen Lebensart, allerdings bleibt vielen Kölnern bei diesem Zitat vor dem Hintergrund der politischen Entscheidung zu den Bebauungsplänen im "Weltstadtgrün" das Lachen im Hals stecken. Was also kann jeder Einzelne tun für die Erhaltung der landschafts- und denkmalgeschützen Wiese im Äußeren Grüngürtel?

"Wat wellste maache?" Informieren, Stellung nehmen, Haltung zeigen!
Seit 2016 versucht die Bürgerinitiative "Grüngürtel für Alle" die Öffentlichkeit zu mobilisieren und über die klimatischen, ökologischen und kulturellen Folgen der Baupläne im Grüngürtel aufzuklären. Nach der Entscheidung des Regionalrats Anfang Juli für die Bebauung appelliert die Bürgerinitiative jetzt dafür, im Rahmen der Offenlagefrist bis zum 30. August 2019 schriftliche Stellungnahmen gegen das Vorhaben an die Stadt Köln einzureichen. Denn das Stadtplanungsamt muss diese Einwände individuell prüfen und sie zusammengefasst dem Rat der Stadt Köln zur politischen Entscheidung vorlegen. Erst dann fällt eine finale Entscheidung - für oder gegen die knapp 3,6 ha klimaaktive Grünfläche.

Der letzte Ausweg: eine Frage der Haltung
"Wir rufen alle dazu auf, egal ob Kölner oder Nicht-Kölner, ihre persönliche Betroffenheit in einer schriftlichen Stellungnahme zu formulieren und bei der Stadt Köln einzureichen. Hier Haltung zu zeigen ist doch auch eine Grundsatzfrage: Wie kann eine Stadt in Zeiten von Klimawandel, Klimastreiks und Klimanotständen eine geschützte, öffentliche Grünfläche praktisch vernichten? Wir sind alle von den Plänen betroffen: Die Wiese beeinflusst das Stadtklima, kühlt unsere Veedel als Kaltluftschneise, macht als Teil des Grüngürtel-Denkmals die Stadt so einzigartig und bietet vielen Arten Lebensraum und Lebensgrundlage. Die Bebauung des Grüngürtels wäre außerdem ein Präzedenzfall: Mit welchem Recht könnte die Stadt zukünftig anderen Unternehmen Baupläne verwehren?", so Friedmund Skorzenski, Gründungsmitglied der Bürgerinitiative Grüngürtel für Alle.

Weitere Informationen zur Bürgerinitiative, den Bauplänen, Gegenargumenten und Stellungnahmen finden Sie online.

Über die Bügerinitiative Grüngürtel für Alle
Die Bürgerinitiative engagiert sich seit der frühzeitigen Bürgerbeteiligung - Anfang 2016 - gegen die Ausbaupläne des 1. FC Köln und für den Erhalt des Kölner Grüngürtels. 15.500 Kölner Bürgerinnen und Bürger und Institutionen wendeten sich 2016 in einer Petition an OB Reker gegen die Pläne, mehr als 500 offizielle Einsendungen gingen nach der ersten Bürgerbeteiligung im Bebauungsplanverfahren ein. Aktuell haben die Bürger erneut die Möglichkeit Stellung zu beziehen. Die Bürgerinitiative erklärt auf ihrer Homepage, worauf es bei der schriftlichen Stellungnahme ankommt.

 
Quelle: ECO-News Deutschland, D-81371 München
https://unsergruenguertel.de/
janina.baessgen@counterpart.de
    

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