Brasilien ist mit Abstand der wichtigste Produzent für Sojabohnen, gefolgt von den USA und Argentinien. Rund 90 weitere Länder - inklusive der heimischen Produktion in China - produzieren gerade etwa so viel wie Brasilien alleine. Im Zuge des US-China-Handelskrieges ist der Anteil von Sojaeinfuhren nach China aus Brasilien auf einen neuen Rekord angestiegen, 75 Prozent aller Sojaimporte Chinas kamen zuletzt aus Brasilien. Soja ist eine Kulturpflanze, die hauptsächlich als Tiernahrung in der Fleischindustrie verwendet wird, aber auch zunehmend zur Herstellung von Biokraftstoff genutzt wird. "Nach unserer Einschätzung wird Brasilien nun versuchen, den zusätzlichen Bedarf Chinas zu decken. Dafür muss es die heutige Sojaanbaufläche um bis zu 39 Prozent vergrößern. Das würde einen Verlust von bis zu 13 Millionen Hektar Regenwald bedeuten, in etwa die Fläche Griechenlands", so Fuchs. "Die bislang umfangreichsten Waldvernichtungen fanden 1995 und 2004 statt, als jeweils drei Millionen Hektar Regenwald verloren gingen. Nimmt man diese Raten zur Hand, bräuchte Brasilien nur etwa vier Jahre, um genug Anbauflächen für den Bedarf aus China zu schaffen. Wir fordern die Vereinigten Staaten und China dazu auf, ihre indirekte Verantwortung für diese drohende Abholzung anzuerkennen und sofort ihre Handelsvereinbarungen anzupassen, indem sie Soja von den Zöllen ausschließen." Neben einem raschen Gegensteuern der US-amerikanischen sowie der chinesischen Regierung - so die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ihrem Kommentar - könnten auch einige weitere Maßnahmen dazu beitragen, den Druck auf den Amazonasregenwald zumindest teilweise zu verringern. So könnte China mehr Soja aus Argentinien oder der Europäischen Union kaufen und die Sojaproduzenten in diesen Anbaugebieten könnten sich gleichzeitig darum bemühen, ihre Ernten zu steigern. Allerdings müsste dann Europa zuerst seine Haltung zur Gentechnik überdenken, die derzeit einem großflächigen Anbau entgegensteht. Auch China sollte nach Ansicht der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die eigene Produktion steigern. Seit dem Jahr 2000 sank die Anbaufläche in China um etwa 25 Prozent, weil es günstiger war, Soja aus Brasilien und den USA zu importieren und weil die heimische Landwirtschaft unter falscher Bewirtschaftung durch zu hohe Düngung, Bodenerosion und Pestizideinsatz stark beschädigt wurde. Regierungen weltweit sollten außerdem dem Schutz des verbleibenden Amazonas-Regenwaldes eine höhere Priorität einräumen und entsprechend auf die brasilianische Regierung einwirken sowie Umweltschutzprogramme vor Ort unterstützen. Sollte dies nicht gelingen, würden ambitionierte Klimaschutz- und Biodiversitätsziele auf der Kippe stehen. Um das Problem wirklich nachhaltig anzugehen, sieht Fuchs aber letztendlich nur eine Möglichkeit: "Der globale Fleischkonsum muss sinken. Eine solche Verhaltensänderung erreicht man unserer Ansicht nach allerdings nicht durch Apelle, Kampagnen oder Nachhaltigkeitszertifikate. Vielmehr müssen die ökologischen Folgekosten durch gesetzliche Vorgaben in Lebensmittel eingepreist werden. Auch Bioenergieprodukte wie Biodiesel müssen teurer werden." Doch viel Zeit bleibe der Weltgemeinschaft nicht mehr, um die Gefahr eines massiven Kahlschlags in Brasiliens Regenwäldern abzuwenden: "Regierungen, Produzenten, Regulierungsbehörden und Verbraucher müssen jetzt handeln. Wenn sie nichts tun, könnte der Amazonas-Regenwald das größte Opfer im Handelskrieg zwischen den USA und China werden."
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