Während andere Länder wie Frankreich, Dänemark oder Schweden nationale Aktionspläne entwickelten, sei von der deutschen Bundesregierung wenig und eher Industriefreundliches zu vernehmen, kritisieren die Organisationen. Hormonell wirksame Chemikalien können in das empfindliche Hormonsystem eingreifen und so die Entwicklung von Menschen und Tieren stören. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die zunehmende Belastung mit diesen Stoffen als "globale Bedrohung" bezeichnet. Wissenschaftler sehen einen Zusammenhang zu den steigenden Raten hormonbedingter Erkrankungen wie Brust- und Hodenkrebs, Unfruchtbarkeit, Diabetes, Fettleibigkeit und Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen. Aktuell erarbeitet die EU-Kommission Kriterien, anhand welcher hormonell wirksame Chemikalien künftig identifiziert und reguliert werden. Dazu gibt es eine öffentliche EU-Konsultation. "Jeder sollte an dieser wichtigen Konsultation teilnehmen und die Verantwortlichen in Brüssel und Berlin auffordern, endlich hormonell wirksame Chemikalien, die Gesundheits- und Umweltschäden verursachen können, zu verbieten", sagte Susanne Smolka, Biozidexpertin bei PAN Germany. Erleichtert wird dies über eine NGO-Onlineplattform. Susanne Smolka beruft sich auf bestehende EU-Verordnungen: "Zumindest für Pestizide und Biozide mit hormonell schädlichen Eigenschaften gibt es jetzt endlich ein Verwendungsverbot. Aber die Umsetzung dieser Gesetzesvorgabe wird von der EU-Kommission verzögert und soll nun sogar auf Druck der Industrielobby deutlich abgeschwächt werden. Die deutsche Bundesregierung hat für das Verbot gestimmt und muss es nun auch verteidigen". "Hormonell wirksame Chemikalien schaden besonders Kindern, auch bereits im Mutterleib. Wir brauchen dringend einen ausreichenden gesetzlichen Schutz vor diesen Stoffen und belastbare Produktinformationen für VerbraucherInnen. Wirtschaftlicher Profit darf nicht zu Lasten der Kindergesundheit gehen", erklärte Alexandra Caterbow, Koordinatorin für Chemikalien und Gesundheit beim WECF. Sarah Häuser, Chemikalien-Expertin des BUND, verwies auf die Ergebnisse einer aktuellen Studie des Nordischen Ministerrats: "Hormonell wirksame Chemikalien verursachen in der EU jährlich Gesundheitskosten in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro. Dabei hat die Studie nur die Schäden an den männlichen Fortpflanzungsorganen einberechnet, wie etwa Hodenkrebs oder Unfruchtbarkeit. Die Menschen müssen dringend besser vor hormonell wirksamen Stoffen geschützt werden, die in vielen Alltagsprodukten enthalten sind. Damit wird nicht nur das Leid der Betroffenen gemindert, sondern der Steuerzahler spart auch Geld." Dokumentiert sind hormonell bedingte Effekte wie Fortpflanzungsstörungen auch bei zahlreichen Tierarten. "Hormonell wirksame Substanzen wirken sich in Flüssen und Seen negativ auf die Fischfauna aus. Gewässereinträge müssen an der Quelle effektiv unterbunden werden. Eine nachträgliche Entfernung solcher Schadstoffe in Kläranlagen oder Trinkwasseraufbereitungsanlagen ist oft nur mit aufwändiger Aufbereitungstechnik möglich. Die zusätzlichen Kosten tragen die Wasserkunden", stellte Michael Bender, Leiter der GRÜNE LIGA Bundeskontaktstelle Wasser fest. Weitere Informationen
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