Gestern fiel mir eine ältere Ausgabe des OVB, dem Oberbayerische Volksblatt vom 22.11.13 in die Hände. Das auf der Titelseite als Aufmacherfoto abgedruckte Bild des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy mit seiner Frau Jacqueline, das ihn Sekunden vor den Todesschüssen, noch vital und mit Siegerlächeln zeigt, hat mich sehr bewegt und viele Erinnerungen an diesen weltgeschichtlich, trotz seines Gebrochenseins, einzigartigen Politiker und Hoffnungsträger wach gerufen. Ich erinnere mich noch genau: Als ich die Nachricht von der Ermordung des schon damals von mir heiß verehrten amerikanischen Präsidenten John Fitzgerald Kennedy hörte, stand die Welt für mich einen Moment still - und als sich der Schock über diese unfassbare Nachricht etwas gelegt hatte, rannen Tränen über mein Gesicht. Ich war, gerade erst 13 Jahre, mit Menschen auf der ganzen Welt, über alle Systemgrenzen hinweg, in grenzenloser Trauer vereint - welch Unterschied zu der rein medial aufgeputschten Trauer-Zeremonie von Lady Di Jahre danach, die für nichts, außer sich selber stand. Kein Politiker vorher und nachher hat in seiner Person so sehr den Wunsch, die Vision nach einer besseren, friedlicheren, gerechteren und lichteren Welt mit einer einzigen großen Menschheitsfamilie über alle Grenzen von Religion, Hautfarbe und Staaten hinweg so überzeugend verkörpert, wie der amerikanische Präsident John F. Kennedy. In Boston, in die Familie des grenzenlos ehrgeizigen und finanziell unabhängigen, aber selbst politisch nur bedingt erfolgreichen Joseph Kennedy herein gewachsen, wurde John mit seinen Brüdern von klein auf für die Übernahme höchster politischer Ämter bewusst und gezielt erzogen. Als der ältere Bruder Joseph im Krieg umkam, wurde der familiäre Führungsstab automatisch an John, den zweitältesten Bruder übergeben. Die Heirat mit der so attraktiven wie klugen und eigenständigen Jacqueline war sicherlich ein Meilenstein für seinen Erfolg. Die Erziehung und der daraus folgende Wille zur Macht hatte für Kennedy aber immer eine ethische Anbindung. Macht war für ihn nie Selbstzweck, sondern Mittel, eine Welt der Einheit und Gerechtigkeit in kleinen Schritten möglich zu machen: So ist sein Name mit dem Kampf für die Aufhebung der Rassentrennung in seinem eigenen Land und für die Freiheit vor einer damals aggressiv-kommunistischen Bedrohung für immer verbunden. In die Herzen der Deutschen kehrte Kennedy mit dem unvergesslichen Satz "Ich bin ein Berliner" für alle Zeiten ein. Aber auch für Kennedy gilt: Wo viel Licht, da ist auch Schatten. So war sein Leben von einer tiefen Ambivalenz gekennzeichnet. Die Folgen einer schweren Kriegsverletzung als Kommandant eines Patrouillenbootes konnte er nur durch die tägliche Einnahme von über 100 Tabletten ertragen. Eine Reihe von Affären, wie angeblich auch mit Marylin Monroe und Gerüchte über dubiose Beziehungen über seinen Unterstützer Frank Sinatra zu Mafia-Kreisen, waren durchaus geeignet, sein strahlendes Licht zu verdunkeln. Und doch: John F. Kennedy blieb bei allem Gebrochensein und auch durch politische Misserfolge, wie zu Beginn der Kuba-Krise und bei der Ausweitung des Vietnam-Krieges eine Licht-Gestalt mit einem globalen Charisma, also ein wirklicher Welt-Führer. Dazu mag auch der von ihm selbst wiederbelebte Camelot-Mythos von König Arthur und den Rittern seiner Tafelrunde beigetragen haben. Absolut bewundernswert und unvergesslich geblieben ist, wie seine Frau Jacqueline mit dieser maximalen Lebenskatastrophe des gewaltsamen Todes ihres geliebten Mannes, den sie unmittelbar, neben ihm sitzend, miterleben musste, umgegangen ist. Sie wuchs in unglaublicher Weise über sich hinaus und ließ sich nicht von Schmerz und Trauer zerstören, sondern setzte ihre ganze Energie dazu ein, das Andenken ihres Mannes vor der ganzen Welt zu bewahren. Die Bilder der von ihr gestalteten unvergesslich eindrucksvollen Trauerzeremonie, besonders das Bild des am Grabes seines Vaters salutierenden kleinen Sohnes John John, gingen um die Welt und sind in unserem kollektiven Gedächtnis lebendig geblieben. Mich selber hat John F. Kennedy wie kein anderer Politiker auf meinem eigenen politischen Weg inspiriert. Seine Aufforderung "Frage nicht zuerst, was der Staat für Dich tun kann, sondern frage zuerst, was Du für den Staat tun kannst" stand auf meinem Wahlplakat und war eine meiner zentralen Wahlkampfaussagen. Jedes Mal, wenn ich in Washington in späteren Jahren an hochrangigen politischen Konferenzen teilnahm, nahm ich mir Zeit, um Kennedys Grab mit der ewigen Flamme auf dem Arlingtoner Nationalfriedhof zu besuchen und dort ganz allein in meditativer Stellung zu verweilen. Dabei sind mir immer wieder seine Worte durch den Kopf gegangen, die mich in meinem tiefsten Herzen berührt haben: "Miteinander werden wir unsere Erde retten oder miteinander in den Flammen ihres Brandes umkommen. Aber retten können und müssen wir sie, und damit werden wir uns den ewigen Dank der Menschheit verdienen und als Friedensstifter den ewigen Segen Gottes." Sein Leben hat sich in der Unvollendetheit seines gewaltsamen Todes dennoch vollendet: John F. Kennedy hat Spuren des Lichtes und der Hoffnung hinterlassen - bis heute.
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