"Unilever ist einer der größten Einzelverbraucher von Palmöl in Europa. Der Konzern verwendet das billige, tropische Pflanzenöl für seine Markenprodukte wie Rama und Knorr. Die ungebremste Expansion der Palmöl-Plantagen hat seit den achtziger Jahren vor allem in Südostasien und Afrika verheerende Folgen: Die letzten Tropenwälder werden kahl geschlagen, das Klima weltweit enorm belastet und Menschen von ihrem Land vertrieben. An diesem Zerstörungswerk beteiligen sich die Unilever-Zulieferer Wilmar und IOI. Beide sind große Player im Palmöl-Geschäft und in unzählige Landkonflikte verwickelt. So hat Wilmar in Indonesien ganze Dörfer für neue Palmöl-Plantagen zerstört. (palmoilleaks.org/) Ein Tochterunternehmen von IOI hat sich in Zentralkalimantan illegal Regenwald und Gemeindefläche angeeignet, um sie in Monokulturen zu verwandeln. (www.regenwald.org/aktion/873) Unilever ist sich der illegalen Methoden seiner Zulieferer bewusst und ändert dennoch nichts an den Geschäftsbeziehungen zu ihnen. Seine KundInnen speist Unilever mit Ökomärchen über seinen angeblich nachhaltigen Palmöl-Einkauf und mit dem Verweis auf das RSPO-Siegel ab. Dieses von der Industrie dominierte Siegel unterbindet jedoch keine Kahlschläge im Tropenwald und erlaubt außerdem den Einsatz hochgiftiger Pestizide. "Ein Unternehmen täuscht die Verbraucher, wenn es in Werbekampagnen Schlagwörter wie Nachhaltigkeit und Verantwortung benutzt - und gleichzeitig für seine Produkte weiter Raubbau betreiben lässt", sagte David Vollrath von Rettet den Regenwald. "Mit einer Preisverleihung an Unilever würde die Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis Beihilfe zum Greenwashing leisten und ein fatales Signal an andere Unternehmen senden." Ziel einer nachhaltigen Unternehmenspolitik muss es sein, die Expansion von Palmöl-Plantagen in den Tropen zu stoppen. "Als Großabnehmer von Palmöl sitzt Unilever an einer Schaltstelle", sagte Stefanie Hess von ROBIN WOOD. "Durch öffentlichen Druck muss der Konzern dazu bewegt werden, auf Palmöl aus Raubbau zu verzichten. Solange er dies nicht tut, ist ein Nachhaltigkeitspreis ein Hohn für die Opfer dieser verantwortungslosen Konzernpolitik." )" Nachhaltigkeitspreisjury: Palmölproduktion umweltschädlich, aber Unilever fördert Zertifizierung Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis nahm die Vorwürfe sehr ernst. In einer ausführlichen 6-seitigen Stellungnahme geht der Jury-Vorsitzende und Generalsekretär des Rates für Nachhaltige Entwicklung Günther Bachmann auf die einzelnen Teile des offenen Briefs der Umweltschutzorganisationen ein. Darin erklärt er unter anderem, dass er die weltweite Palmölproduktion grundsätzlich als umweltschädlich ansieht. Unilever habe aber derzeit die Gesamtmenge seines verwendeten Palmöls mit Nachhaltigkeitskriterien zertifiziert und wolle bis 2020 die Herkunft des Palmöls bis zur Plantage rückverfolgbar machen. Mit dieser Zukunftsstrategie könnte das Unternehmen dem konventionellen Markt ein Veränderungs-Signal geben. Die Jury wolle jedenfalls die ambitionierte Wirkung auf die Zertifizierung würdigen. Unilever hat das Nachhaltigkeitslabel für Palmöl RSPO (Roundtable on Sustainable Palm Oil) mitinitiiert. Grundsätzlich seien Zertifizierungs-Strategien der richtige Weg: "Die Glaubwürdigkeit des RSPO-Siegels wird - wie generell bei allen diesen Siegeln - entscheidend dadurch geprägt, 1. dass mit einer großen Reichweite und substantieller Wirksamkeit gerechnet werden kann, 2. dass es Lösungsstrategien für Interessenkonflikte gibt, 3. dass es eine sinnvolle Flankierung durch nationalstaatlicher Ordnungspolitik gibt, 4. dass es ein Monitoring gibt und dass Optionen zur substantiellen Weiterentwicklung ergriffen werden. Die ist beim RSPO (Greenpalm) - Zertifikat gegeben. Es stellt sicher, dass für die gekaufte und zertifizierte Menge Palmöl eine entsprechende Menge nachhaltiges Palmöl produziert wird. Das ist ein Book&Claim-Prinzip. Firmen, die es nutzen, dürfen sagen "Wir unterstützen die Produktion von nachhaltigem Palmöl", während der Einsatz von zertifiziertem und zudem genau rückverfolgbaren Palmöl die härtere Aussage 'Wir nutzen nachhaltiges Palmöl in unseren Produkten' ermöglicht." Als Minimalstandard habe der RSPO "vordringlichen Verbesserungsbedarf. Nötig erscheint vor allem die Verschärfung der RSPO - Kriterien bezüglich Treibhausgasemissionen -auch unter Einbeziehung der indirekten Wirkung durch die Landnutzung. Die Errichtung von Plantagen auf Torfböden (respektive auf dem, was davon mittlerweile übrig geblieben ist) muss ein Ausschlusskriterium werden. Die Einhaltung der Menschenrechte muss stärker verankert werden. Auch die Qualität der Audits durch unabhängige Dienstleister sollte verbessert werden. Soweit ich weiß, läuft ein offener Konsultationsprozess zur Veränderung der Kriterien des RSPO. Es ist Teil der Zukunftsstrategie von Unilever, sich in diese Arbeiten proaktiv einzuschalten und die Maßstäbe für Zertifikate ambitionierter zu machen. Das war bei der Entscheidung zur Nominierung zum Deutschen Nachhaltigkeitspreis zu berücksichtigen. (...) Als Marktführer bekennt sich Unilever dazu, auch andere Unternehmen von den Vorzügen der Nachhaltigkeits-Optionen überzeugen zu wollen und Regelverstöße in der Kette von Zulieferern zu unterbinden. Beispiele aus anderen Branchen zeigen uns die hohe Definitionsmacht führender Unternehmen und die Durchsetzbarkeit von Nachhaltigkeitskriterien entlang der Wertschöpfungskette." Bereits in einer Sitzung vom 5. September 2012 hatte die Jury des Deutschen Nachhaltigkeitspreises Unilever Deutschland für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis in der Kategorie "Zukunftsstrategien (Konzern)" nominiert. Lesen Sie hier die Begründung. Lesen Sie weitere Beiträge zum Thema online auf der Seite von forum Nachhaltig Wirtschaften:
Artikel drucken Fenster schließen |