Von der Kanzlerin bis Greenpeace: Nachhaltigkeit ist in aller Munde, doch oft ist es ein Drahtseilakt, im Wettbewerb wirtschaftliche Anforderungen mit gesellschaftlichen Zielen und Umweltschutz in Einklang zu bringen. Um den Schritt vom Wissen zum Handeln zu unterstützen, beraten sich Unternehmen und Führungskräfte seit einem Jahr in einer Initiative der Eberhard von Kuenheim Stiftung gegenseitig zu ihren Herausforderungen nachhaltigen Wirtschaftens. Mit Fokus auf Veränderungsmanagement und dem gesellschaftlich verantwortungsvollen Führen in Zielkonflikten entwickeln die Teilnehmer vom Lebensmittelkonzern über die Privatbank bis zur Stadtverwaltung jeweils ein eigenes Projekt und setzen es in ihrem Unternehmen um. Die ersten beiden Jahrgänge mit 20 Teilnehmern stellten heute bei einer Präsentationsveranstaltung bei BMW in München ihre Ergebnisse erstmals der Fachöffentlichkeit vor. Die Impulse: Innere Haltung, verantwortungsvolle Neuronen & die Zweckfrage Eberhard v. Kuenheim, langjähriger Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzender der BMW AG, betonte in seiner Einführung aus seinem Erfahrungsschatz die Bedeutung einer bewussten und gesellschaftlich akzeptierten inneren Haltung, ein entsprechendes Handeln, das Glaubwürdigkeit sichert, und forderte den "Blick fürs Ganze", also die Gesellschaft und zukünftige Generationen im unternehmerischen Handeln zu berücksichtigen. Prof. Gerald Hüther, Hirnforscher und Bildungsberater, zeigte in seinem Vortrag, wo das Verantwortungsgefühl im Gehirn entsteht. Damit Menschen die Gelegenheit haben, neue Erfahrungen zu machen, die positiver und bereichernder sind als die fest im Hirn verankerten, althergebrachten Handlungsmuster, forderte er einen Gesinnungswandel. Der Transformationsprozess der bisher in Unternehmen entstandenen Denk,- Organisations- und Beziehungskulturen hin zu einer Potenzialentfaltungskultur müsse bewusst und kompetent gestaltet werden. Prof. Bolko v. Oetinger, ehem. Managing Director der Boston Consulting Group, stellte klar, dass Nachhaltigkeit ein laufender Prozess und kein Endzustand ist. Er zeichnete ein klareres Bild des Begriffes Nachhaltigkeit und identifizierte darin vier Prinzipien: Ressourcenbegrenzung und Bedürfnisbefriedigung, die zusammen zwangsläufig zu Interessenskonflikten führen; die Frage, was Zweck und was Mittel menschlichen Handelns ist; und schließlich die Komplexität sozio-ökologischer Systeme, die klare Prognosen unmöglich macht. Die Ergebnisse: Von interkulturellen Werten bis zur Wirkung sozialer Dienste So gaben die Sozialreferentin der Stadt München, Brigitte Meier, und ihre Stellvertreterin, Angelika Simeth, Einblicke in Ihre Strategie, die Wirkung sozialer Dienstleistungen stärker zu messen und damit eine wirkungsorientierte Perspektive bei den Mitarbeitern im ganzen Sozialreferat zu verankern. Die Sozialreferentin: "Wirkungsorientierung wird Bestandteil unseres Leitbilds, unserer Personalentwicklung und der IT-Prozesse. Das bietet den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch mehr Möglichkeiten, unsere Dienstleistungen weiterzuentwickeln. Das motiviert und schafft Identifikation mit der eigenen Arbeit." Die Bürger sollen davon profitieren, zum Beispiel wenn sie ein Sozialbürgerhaus besuchen und dort passgenaue Unterstützungsangebote erhalten. Die Wettbewerbsfähigkeit durch Nachhaltigkeit steigern möchte der niederbayerische Automobilzulieferer Dräxlmaier, der weltweit rund 44.000 Mitarbeiter beschäftigt. Das Familienunternehmen möchte "zukünftige individuelle Mobilität so gestalten, dass sie sowohl den ökonomischen Anforderungen als auch der ökologischen und gesellschaftlichen Verantwortung gerecht wird", so Florian Anzeneder, Vice President Corporate Marketing. Dafür entwickelt und implementiert das Unternehmen eine Nachhaltigkeitsstrategie. Giesecke & Devrient, einer der Weltmarktführer bei der Herstellung und Bearbeitung von Banknoten, chipkartenbasierten und mobilen Sicherheitslösungen sowie von Ausweissystemen hat seine Unternehmenswerte in konkrete Verhaltensweisen für alle Mitarbeiter übersetzt. Zur Sicherung einer nachhaltigen Unternehmensführung werden diese mit der globalen Führungsmannschaft in speziellen Trainings konkretisiert. So wird verantwortungsvolles Führen auch in interkulturellen Teams umsetzbar. iwis, Münchner Traditionsunternehmen, analysiert bestehende Arbeitsbedingungen, um auch im demografischen Wandel die Leistungsfähigkeit alternder Mitarbeiter zu fördern und ihnen gleichzeitig das Berufsleben im Alter zu erleichtern. Eine Befragung der Mitarbeiter identifizierte körperliche und psychische Belastungen am Arbeitsplatz, woraufhin die Arbeitsplätze und Personalentwicklung entsprechend gestaltet werden. Neben diesen vier Präsentationen im Plenum stellten alle anderen Unternehmen den etwa 200 Gästen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik ihre Projekte in einer Plakatausstellung vor und diskutierten persönlich ihre Herausforderungen nachhaltigen Wirtschaftens. Auszeichnung als Projekt der Weltdekade Bildung für nachhaltige Entwicklung Die Deutsche UNESCO-Kommission hat die Initiative Verantwortung unternehmen als Projekt der UN-Dekade "Bildung für nachhaltige Entwicklung" ausgezeichnet. Der Vorsitzende des Nationalkomitees und der Jury der UN-Dekade in Deutschland, Prof. Gerhard de Haan in seiner Laudatio: "Die Initiative Verantwortung unternehmen zeigt eindrucksvoll, wie zukunftsfähige Bildung aussehen kann. Das Votum der Jury würdigt das Projekt, weil es verständlich vermittelt, wie Menschen nachhaltig handeln." Wie geht es weiter? Bestärkt durch die erfolgreichen ersten Jahrgänge plant die Eberhard von Kuenheim Stiftung bereits den dritten Jahrgang für den kommenden Frühsommer. Der Fokus soll dabei verstärkt auf dem Umgang mit Zielkonflikten liegen - einer wesentlichen Herausforderung für viele Führungskräfte, gerade in der Umsetzung verantwortungsvollen Wirtschaftens, wenn man versucht die Bedürfnisse der heute Betroffenen zu erfüllen und die Wahlmöglichkeiten zukünftiger Generationen zu bewahren. Ablauf, Fortbildungen und Projekte finden Sie unter www.verantwortungunternehmen.de
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