Möbel sind unsere täglichen Begleiter, sie umgeben uns ständig: das Bett in der Nacht, Tisch und Stuhl beim Essen, das Sofa zum Fernsehen. Wer darauf achtet, dass er möglichst natürlich hergestellte Möbel kauft hat heute eine breite Auswahl. Öko-Möbel liegen im Trend, das hat auch die Kölner Einrichtungsmesse im Januar gezeigt: Green Design ist in und soll für eine bessere Umweltverträglichkeit unseres Lebensstils sorgen. Das dabei auf Ästhetik großen Wert gelegt wird, versteht sich von selbst: "Die hohe ästhetische Qualität und die konzeptionelle Stärke sind das eigentlich Neue an den "grünen" Möbeln der neuen Generation", sagen die Veranstalter. Auf Schadstoffe achten Je natürlicher die guten Stücke hergestellt sind - also je weniger Chemie in Beizen, Lacken und Kleber steckt - desto besser. Denn neue Möbel dünsten in der Regel flüchtige organische Verbindungen (Volatile Organic Compounds - VOC) aus, die zwar meist nicht giftig, aber doch reizend sind. Sie sollten deswegen zwei bis vier Wochen in einem Raum, in dem niemand schläft, ausdünsten. Weil Möbel große Oberflächen haben und die Schadstoffe darin und in Polstern, Farben und Lacken gebunden sind, können sie oft über lange Zeit "riechen". Neben unangenehmen Gerüchen, die Kopfschmerzen und Übelkeit verursachen können, steigt die Schadstoffkonzentration in der Raumluft. Kinder und empfindliche Menschen können dagegen Allergien entwickeln, es kann zu Schleimhautreizungen, Schwindelgefühlen oder auch Abgeschlagenheit kommen. Vor allem in aus Spanplatten hergestellten Möbeln kann Formaldehyd aus Klebstoffen enthalten sein. Das Gas ist farblos und riecht stechend, in erhöhter Konzentration kann es Schleimhautreizungen in Augen und Nase und Hustenreiz, Unwohlsein, Kopfschmerzen und Atembeschwerden bewirken. Viel Formaldehyd enthalten konventionelle, nicht witterungsbeständige Harnstoffharze. Schwerflüchtige Substanzen sind zwar wegen Krebsgefahr bei uns heute verboten, können aber in alten Holzanstrichen Pentachlorphenol (PCP), Lindan und PCB noch vorhanden sein. Orientierung durch Gütezeichen Es gibt einige Siegel, die über die Qualität und Schadstoffbelastung von Möbeln informieren. Sicher das bekannteste, weil älteste, ist der "Blaue Engel", der 1977 ins Leben gerufen wurde, um Produkte aus umweltverträglicher Herstellung zu kennzeichnen und damit den Unternehmen ein Marketingin-strument zu verschaffen. Seit Anfang 2005 gibt es den "Blauen Engel" nun auch für Polstermöbel. Weil gerade bei Polstermöbeln immer mehr Materialien eingesetzt werden, kann die Zahl der möglicherweise während der Nutzungszeit ausgasenden Substanzen steigen. Ein neues Prüfverfahren der Bundesanstalt für Materialforschung und dem Umweltbundesamt untersucht seit 2001 Möbel auf gesundheits- und umweltverträgliche Stoffe. Die Obergrenze der maximalen Raumluftbelastung mit Formaldehyd aus Holzwerkstoffplatten liegt hier bei der Hälfte des gesetzlichen Grenzwertes von 0,1 ppm, also 0,05 ppm. Darüber hinaus wird geprüft, ob Phenole oder Isocyanate aus den Platten entweichen. 50 unterschiedliche organische Verbindungen haben die Prüfer festgestellt bei Möbeln, die 28 Tage lang unter konstanten Klimabedingungen gemessen und analysiert wurden. Vor allem sind es Lösemittel aus den Beschichtungssystemen, aber auch Weichmacher, dazu Stoffe aus dem Holz selbst. Auf Grundlage dieser Ergebnisse wurden die Grenzwerte für das Umweltzeichen für emissionsarme Möbel festgelegt. Auch das ökoControl-Zeichen des Europäischen Verbands ökologischer Einrichtungshäuser wird nur für Möbel mit dem halben erlaubten Grenzwert an Formaldehyd (0,05 ppm) vergeben, flüchtige organische Verbindungen dürfen 0,30 mg/m3 nicht überschreiten. Es wird ausschließlich für Massivholzmöbel mit natürlicher Oberflächenbehandlung vergeben. Alle verwendeten Materialien müssen voll deklariert werden, es gibt stichprobenhafte Kontrollen durch unabhängige Institute. Holz ist 'in' Holz war schon immer ein begehrter Rohstoff: Für Haus- Schiffsbau, Köhlerei, als Heiz- und Brennmaterial für Industrie und Haushalt. Frühere Völker haben in vielen Ländern Wälder schonungslos geplündert, ohne sich darum zu kümmern, dass genügend Bäume nachwuchsen. Die Folgen tragen die Menschen bis heute - wer schon einmal in Griechenland, Spanien oder Italien war, kann dies in den verkarsteten, wasser- und bodenarmen Regionen, die Hitze, Wind und Kälte schonungslos ausgesetzt sind, beobachten. Auch in Bayern wurden im Mittelalter - hauptsächlich zur Verhüttung von Erz - die einstigen Buchenwälder abgeholzt. Die daraus resultierende Holznot brachte Waldbesitzer und Förster zu der Formel von der "nachhaltigen" Bewirtschaftung: "Fälle nie mehr Bäume, als nachwachsen können." Heute macht Wald wieder über 11,1 Mio. Hektar oder 31 Prozent der Landfläche Deutschlands aus, auf rund 80 Millionen m3 jährlich schätzt die Holzwirtschaft das nutzbare Potential. Der Wald ist aber nicht nur Wirtschaftsfaktor und Erholungsgebiet - er spielt eine äußerst wichtige Rolle für unsere Böden und unser Klima. Denn er ist Wasserspeicher und -filter, er produziert und bindet die für die Bodenfruchtbarkeit wichtige Humusschicht. Wo er schwindet, leiden auch landwirtschaftliche Böden unter Erosion, weil kein schützender Wald den Abtrag durch Wind verhindert. Nicht vergessen werden darf auch, dass Bäume Kohlendioxid aus der Luft filtern und Sauerstoff abgeben. Eine nachhaltige Waldwirtschaft ist deshalb wichtig, damit der Rohstoff Holz auch weiteren Generationen zur Verfügung steht. Seine guten Eigenschaften schätzen Architekten und Bauherren wieder vermehrt. Auch der Inneneinrichtung und Möbeln verleiht Holz seine warme, natürliche Ausstrahlung und die Schönheit seiner Maserung. Außerdem lassen sich besonders Vollholzmöbel gut reparieren und restaurieren und können mehrere Generationen lang Schmuckstücke in der Familie sein. Umso wichtiger ist es daher, dass auch Lacke und Lasuren gesundheits- und umweltfreundlich sind. Ein Möbelstück aus nachhaltiger Holzwirtschaft können Sie guten Gewissens auch ihren Kindern gegenüber anschaffen. Aus nachhaltiger Bewirtschaftung Wie erkennt man, ob Holz aus nachhaltiger Bewirtschaftung stammt? Es gibt drei Siegel, mit denen derzeit in Deutschland gearbeitet wird: Seit 1993 zertifiziert der "Forest Stewartship Council", kurz FSC, weltweit Holz aus nachhaltiger Holzwirtschaft. Diese internationale und gemeinnützige Dachorganisation wird von Umwelt- und Entwicklungsorganisationen, Gewerkschaften, Handel und der Holz- und Forstwirtschaft getragen. Ziel ist die Umsetzung einer umweltgerechten, sozial verträglichen und ökonomisch tragfähigen Waldbewirtschaftung. In Deutschland sind ca. 248 000 Hektar Wald FSC-zertifiziert. Auf europäischer Ebene existiert seit 1999 die in Helsinki gegründete Pan-European Forest Certification (PEFC), mit ca. 3,85 Millionen Hektar in Deutschland, die sich weitgehend an die ohnehin in Deutschland geltenden Bestimmungen hält. Das kleinste Siegel ist das von mehreren Umweltschutzverbänden 1996 initiierte Naturwald Zertifikat, mit ca. 18 000 Hektar in Deutschland. Es ist gleichzeitig das am weitest gehende mit konkreteren Vorgaben, zum Beispiel muss der Anteil der ungenutzten Waldfläche (Referenzfläche) zehn Prozent betragen, Kahlschläge sind untersagt, der Totholzanteil soll bei zehn Prozent des Holzvorrates liegen, der Einsatz von Dünger und Pestiziden, außer Kalk, ist untersagt, standortfremde Baumarten sind unzulässig. Weil in Zonen des Regenwalds die Abholzung sehr oft illegal oder unter korrupten Zuständen geschieht, ist es gerade hier wichtig zu wissen, ob das Holz für die Möbel aus nachhaltiger Waldwirtschaft stammt. Leider kann man sogar bei zertifiziertem Holz nicht wirklich sicher sein, ob man mit dem Kauf zum Raubbau am Regenwald und den damit verbundenen Folgen für die dortige Umwelt und Bevölkerung beiträgt, denn in den meisten Fällen sind die Zertifikate gefälscht, so bei indonesischem Teakholz oder Holzarten wie Bangkirai, Yellow Balau, Meranti (Shorea) und Iroko. Raubbau im Regenwald Für den Käufer hier sind Informationen über die tatsächliche Herkunft von Hölzern aus Regenwaldgebieten sehr schwierig einzufordern und nachzuprüfen. Dabei ist es auch für uns wichtig, dass die Regenwälder intakt bleiben und die Funktion, die sie für das Weltklima haben, erhalten bleibt. Klimasysteme sind äußerst komplex, sie wirken sich auf die ganze Erde aus. Wir merken dies bei uns an zunehmenden Wetterextremen. Große Waldgebiete spielen in diesem System eine wichtige Rolle, vor allem die Regenwälder Amazoniens und Indonesiens, aber auch die Waldgebiete im Norden. Besonders fatal beim Raubbau an den Regenwäldern ist, dass sich dieses empfindliche Ökosystem, einmal zerstört, nicht einfach wieder herstellen lässt. Denn der Regenwald erneuert sich ständig aus sich selbst, seine Böden sind nicht fruchtbar. Deswegen sind auch abgeholzte Regenwald-Flächen nach einigen Jahren als Weide oder im Soja-Anbau unbrauchbar. Aber auch aus anderen Gründen ist der Regenwald für uns wichtig: Er ist Lebensraum nicht nur von einheimischen Völkern, sondern vieler Tausender Tiere und Pflanzen, die wirksame Mittel gegen Krankheiten in sich tragen. Dieses riesige, zum größten Teil noch unerforschte Reservoir an Wirkstoffen geht mit dem Abholzen des Regenwaldes verloren. Weil das Holz aus diesen feuchten Klimazonen besonders witterungsbeständig ist, wird es gerne auch bei uns für Fensterrahmen und Gartenmöbel genutzt. Trotzdem sollte man hier lieber Abstand nehmen und sich nach heimischen Alternativen umsehen. Diese sind nämlich nicht nur umweltfreundlicher, sondern erhalten auch Arbeitsplätze in der Region. Andrea Reiche
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