Wann und wie die Kartoffel nach Europa kam, ist bis heute nicht genau geklärt. Sicher ist jedoch, dass sie aus Südamerika den Weg zu uns fand. Spanische Eroberer, zwar hauptsächlich auf der Suche nach Gold, brachten im 16. Jahrhundert neben geplünderten Schätzen auch exotische Pflanzen mit in die Heimat. Die Kartoffel, als Hochlandbewohnerin hart im Nehmen, überlebte Überfahrt und Verpflanzung, bildete jedoch anfangs in europäischen Breiten nur kleine Knollen, da im wärmeren Klima mit viel Tageslicht alle Kraft in Kraut und Blüte gelangte. Das hatte zur Folge, dass die kleinen Knollen als Delikatesse dem Adel vorbehalten waren und in Gärten die Pflanze rund 200 Jahre ihr Dasein hauptsächlich als Heil- und Zierpflanze fristete. Bei unsachgemäßer Verarbeitung derselben jedoch gerne mit tödlichem Ausgang, denn alle oberirdischen Teile, einschließlich grüner Kartoffeln, enthalten das Alkaloid Solanin, das in bestimmter Konzentration zur Atemlähmung führen kann. Zwei Jahrhunderte Schattendasein waren beendet, als Botaniker durch Auslese, Anpassung und Einkreuzen einer weiteren Sorte aus Südamerika der Kartoffel allmählich auch im europäischen Klima zu ansehnlichen Knollen verhalfen. Das Lebensmittel Kartoffel war geboren. Kartoffel-Vielfalt Über 5.000 Kartoffelsorten gibt es zwischenzeitlich weltweit. Sorten die aufgrund vieler verschiedener Verwendungszwecke und unterschiedlicher Anbaugebiete entstanden sind. Die weltweit größte Gendatenbank mit wilden und traditionell kultivierten Kartoffelsorten unterhält das Internationale Kartoffelinstitut in der peruanischen Hauptstadt Lima. Welche Kartoffelsorten in Deutschland zugelassen sind bestimmt das Bundessortenamt in Hannover. 206 verschiedene Kartoffelsorten, von "Acapella" bis "Zorba", haben im Jahr 2010 eine Zulassung erhalten. Und auch die beliebte Sorte "Linda" ist wieder mit dabei. Vielfache Proteste hauptsächlich biologisch wirtschaftender Landwirte und diverse Verbraucher-Initiativen machten es möglich, dass diese schmackhafte Kartoffel wieder angebaut werden darf. Davor lag jedoch ein langer Weg mit gerichtlichen Auseinandersetzungen, ausgelöst durch die von der Firma Europlant im Jahr 2004 veranlasste Rücknahme der Zulassung. Sie wollten ihren Neuzüchtungen nicht länger mit einer eigenen Kartoffel Konkurrenz machen. Diese Rechnung wurde jedoch ohne den Wirt gemacht. Die Landwirte wie auch die Verbraucher ließen sich die "Linda" nicht einfach vom Acker bzw. vom Teller nehmen. Trotz einem geringen Marktanteil, im Jahr 2004 waren es rund 1,4 Prozent, hat sie einen hohen Stellenwert bei Biobauern und deren Kunden im Direktverkauf. Der Kampfruf "Linda darf nicht sterben!" kann nun getrost in "Linda lebt!" umgeschrieben werden. Chips, Fritten & Co. Kaum ein Naturprodukt lässt sich zu so vielen verschiedenen Produkten verarbeiten wie die Kartoffel und leider häufig von einem guten, ernährungswissenschaftlich hochwertigen Lebensmittel zu einem mit Zusatzstoffen verdorbenen Dickmacher verwandeln. Ob für die Gastronomie oder für den heimischen Herd, konventionelles Convenience ist überall. Vorverarbeitete Lebensmittel wie Pommes frites und Kroketten für den Backofen, Bratkartoffeln pfannenfertig geschnitten und gewürzt, oder Trockenprodukte wie Kartoffelklöße, Kartoffelbrei und Reibekuchen machen es zwar leicht Kartoffeln auf den Tisch zu bringen, sind aber aufgrund hohen Fettgehaltes und der oft verwendeten Geschmacksverstärker weder gesund noch gut für die Figur. Während 100 g gekochte Kartoffeln pur mit rund 70 Kilokalorien zu Buche schlagen, ist die gleiche Menge Pommes mit 350 dabei, die trockene Variante Kartoffelsticks mit 488. Darüber hinaus werden konventionelle Kartoffelprodukte in den meisten Fällen geschwefelt. Bioprodukte sind hier nicht nur vom Acker an weniger belastet, auch in der Verarbeitung haben sie deutliche Vorteile. Wer zu Biokartoffeln greift hat ein reines Naturprodukt, in verarbeitetem Zustand ohne Geschmacksverstärker und billige Fette. Leider lässt sich der Kaloriengehalt durch biologische Erzeugung kaum beeinflussen. Daher: Die Freude am Knabbern oder an guten Fritten sollte man sich nicht verderben lassen, aber muss sich auch, besonders im Hinblick auf die kindliche Ernährung, im Klaren darüber sein, dass es kein täglicher Genuss sein sollte. Das Gespenst Gentechnik Kartoffeln sind nicht nur da drin, wo Kartoffel drauf steht. Wie vielfältig die Kartoffel zwischenzeitlich verwendet wird würde die alten Inkas in Staunen versetzen. Kartoffelstärke, früher in jeder Küche zum Soßen binden verwendet, findet sich bei der Herstellung von Papier und Pappe, Verpackungsfüllstoffen, Leim, in der Kosmetik, in der Pharmazie und vielem mehr. Genau in diesen industriellen Bereichen sieht die Gentechnik-Lobby ihre Chance. Zur Erklärung: Die Kartoffel beinhaltet zwei Stärketypen. Einmal Amylopektin zum Beispiel für die Papier- und Textilstoffindustrie sowie für die Kleb- und Bausstoffherstellung, zum anderen Amylose für biologisch abbaubare Folien und Filme. Die notwendige Stärketrennung ist aufwendig und soll durch den Einsatz gentechnischer Verfahren , das heißt einer Kartoffel, die ausschließlich Amylopektin produziert, umgangen werden. Die Kartoffel mit reiner Amylopektin-Stärke wurde von BASF Plant Science entwickelt und ist unter dem Markennamen Amflora zu trauriger Berühmtheit gelangt. Nachdem Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner im April 2009 den Versuchsanbau von Amflora genehmigt hat, erfolgte nun die europaweite Anbaugenehmigung für die umstrittene Genkartoffel von Seiten der EU. Bleibt nur zu hoffen, dass der Widerstand gegen die Agro-Gentechnik weiter ungebrochen bleibt und Proteste von Landwirten und Verbrauchern auch hier zu einem guten Ende führen, denn "Amflora darf sterben!" Die tolle Knolle Kehren wir zurück zu den guten Eigenschaften der Kartoffel. Durch ihre gesunden und sättigenden Inhaltsstoffe wird und ist sie ein Überlebensmittel. In Deutschland hat König Friedrich II. der Kartoffel durch den so genannten "Kartoffelbefehl" eine breite Bekanntheit verschafft. Er sah in der "nahrhaften Speise" eine Chance zur besseren Versorgung seiner Untertanen. Nach Anfangsschwierigkeiten - auch damals hatten die Bauern schon ihren eigenen Kopf und buddelten die Knollen einfach wieder aus - hatten die weitsichtigen Pläne des Monarchen Erfolg. Heute, da wir aufgrund guter und üppiger Nahrungsangebote eher mit Gewichtsproblemen als mit Hunger zu kämpfen haben, sinkt der Kartoffelverbrauch kontinuierlich. Dennoch kann man sich eine Speisekarte ohne Kartoffelgerichte als Beilage oder vegetarisches Hauptgericht nicht vorstellen und viele Sterneköche richten Feines mit der runden Köstlichkeit an. Vom aufwendig hergestellten Kartoffelkörbchen für ein festliches Menü bis hin zur bodenständigen Kartoffelsuppe, für jedes Gericht gibt es die passende Kartoffelsorte. Und gesund ist der Erdapfel darüber hinaus ebenfalls. Bei Magenproblemen hilft Kartoffelsaft. Heiße zerstampfte Kartoffeln eigenen sich als warme Wickel. Kartoffeln sorgen für einen gesunden Ausgleich im Basen-Säure-Haushalt unseres Körpers und der hohe Kaliumanteil ist gut bei Herz- und Kreislaufproblemen. Also, nichts wie ran an die tolle Knolle! Elisabeth Schütze Weitere Informationen: www.vegetarische-rezepte.com/.../kartoffelrezepte/
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