Inzwischen ist bewiesen: GreenBuilding sind kein Modetrend. Die höheren Investitionskosten amortisieren sich in ca. 10 Jahren; die Gebäude sind um 13% effektiver zu bewirtschaften und weisen einen um durchschnittlich 10% höheren Immobilienwert auf, so Richter. Auch deshalb ist er sicher: "An GreenBuilding, Zertifizierungen, nachhaltigem Bauen, an Energieeffizienz oder Lebenszykluskosten kommt bald kein Immobilien-Profi mehr vorbei." Zumal "die Theorie längst hinter uns liegt. Wir haben reale Erfahrungswerte von regionalen Beispielbauten." Der südpunkt Nürnberg, der Veranstaltungsort, ist ein solcher Vorzeigebau, wenn auch nicht mit "GreenBuilding-Zertifikat" ausgestattet. Der Neubau mit Energiewerten nach Passivhausstandard beherbergt Volkshochschule (in Nürnberg Bildungszentrum genannt), Stadtteilbücherei, einen Veranstaltungssaal und weitere öffentliche Einrichtungen. An über 300 Tagen im Jahr gehen gut 1.600 Menschen täglich ein und aus "und sorgen für viel Energieeintrag", wie Architekt Martin Kuntz berichtete. Was in einem Passivhaus gerade im Sommer für Probleme sorgen könne: Wenn eine Fassade im Winter keine Kälte nach innen lässt, dann entweicht auch keine Wärme durch die Wände nach außen. Lüftung und Kühlung müssen daher unterstützen: Im südpunkt Nürnberg hat das Planerteam dafür eine Wärmepumpe eingesetzt, die im Winter heizt und im Sommer Kühle schafft. Dabei zeigt der Betrieb: Lebenslanges Lernen muss auch für die Nutzer solcher Gebäude gelten. Denn wenn im Sommer eine Außentür ständig offen steht, ist mehr Kühlstrom nötig als geplant - was die südpunkt-Betreiber bereits als Problem erkannt haben. "Monitoring" ist ein Zauberwort, das andere heißt "Nutzereinbindung" - bei Planung und Betrieb von Passivhäusern genauso wie bei zertifizierten GreenBuilding, bestätigte Richard Weller. Der Geschäftsführer von makon, einer Tochterfirma der Nürnberger EB-Gruppe, erläuterte die unterschiedlichen Zertifikate für Grüne Gebäude, von den aus USA stammenden LEED, Breeam aus England, Green Star und anderen bis hin zum deutschen Siegel der DGNB, der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen. Als Berater kann Weller die Kritik der Gebäudebesitzer über die oft unterschiedlichen Bewertungskriterien von Energie bis Flächenverbrauch nachvollziehen: "Ich freue mich auch nicht über den Zertifikatewust, aber über die Zertifikate und die steigende Zahl an zertifizierten Gebäuden: Damit wird Nachhaltigkeit geleistet", zeigte er sich überzeugt von allen GreenBuilding-Labels. Bestätigt wurde er durch Eduard Paul, langjähriges Vorstandsmitglied der deutschen Sektion des mit 150.000 Mitgliedern weltweit operierenden RICS-Verbunds von Immobilienbewertern. Zertifizierte Gebäude seien günstiger im Betrieb und erzielten höhere Renditen, weil sie unter anderem niedrigere Leerstandsraten aufwiesen, wie die Experten von RICS festgestellt hätten. Eduard Paul ist sicher: "Nachhaltige Gebäude sind derzeit interessant für Banken, Investoren, Immobilienentwickler, die immer noch auf Cash und Marktwert setzen. Doch genauso für Gebäudeeigner, denen der Nutzwert wichtig ist." Weshalb RICS vor einem Jahr ein eigenes Nachhaltigkeitshandbuch veröffentlicht hat. Denn: "Green Buildings sind die Lösung für ökonomische, soziale und Umweltaspekte: Nachhaltigkeit ist ein Muss! Wer sich heute nicht damit befasst, ist später weg", gab sich Eduard Paul überzeugt. Nicht "weg sein" wollen sowohl lokale Immobilienentwickler wie der Nürnberger Helmut Schmelzer als auch global agierende Konzerne. So erklärte Ludger Stenmans von Siemens Real Estate (SRE): Für 24 Mio. qm Grundstücke und 12 Mio qm Gebäudefläche weltweit strebe SRE als "langfristiges, hehres Ziel den Null-Energiestandard an." Um das zu erreichen, seien "integrale Energiekonzepte mit Zielkorridoren für Planer und Architekten sowie Neubauten mit anderen Bauformen" ebenso notwendig, wie die Betrachtung der Gebäudekosten über die Lebensdauer, auch "Life-Cycle-Costs" genannt. Weshalb alles für GreenBuilding-Zertifizierung spreche, ob mit LEED- oder DGNB-(Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen)-Label. "Wir streben bei Neubauten LEED-Gold-Zertifikate an", stellte Stenmans klar. Einer von 15 LEED-Zertifizierungsprozessen bei SRE laufe an einem Neubau auf dem "Siemens Technopark Nürnberg", dem früheren Siemens-Zählerwerk-Gelände, und zwar parallel zu Planung und Bau. Auf dem 65.000-qm-Areal des Technoparks sind vornehmlich Mieter aus dem Bereich "Energie" beheimatet - unter anderem der Verein ENERGIEregion. Neben dem Technopark sind im Nürnberger Umkreis zahlreiche weitere Gebäude in Zertifizierungsprozessen nach DGNB, EU-GreenBuilding oder LEED, darunter das Gewerbecenter Innovum 212, TM50 (ehemals Foto-Quelle) oder der Frankencampus in Nürnberg. Zertifikate besitzen u.a. bereits ein großes Bürogebäude von Areva (DGNB Gold) oder "Röthelheimpark" (DGNB Silber), beide in Erlangen. Wobei die meisten Fachleute der Tagung einig waren: Eine Zertifizierung mit "Silber" sei heute schon fast zu erreichen, wenn deutsche Baustandards nach dem Baurecht eingehalten würden. Weshalb viele Investoren und Nutzer dafür plädieren, mindestens "Goldniveau" anzustreben. Jörg Hertwig, einer der ersten 60 Pilot-Auditoren für das DGNB-Siegel und bei der Erlanger Mauss-Bau beschäftigt, war anderer Meinung. "Ist Silber in der Nachhaltigkeit nicht das wahre Gold?", fragte er provozierend. Für Hertwig stellt das Paretoprinzip - also die Regel, unter ökonomischen Gesichtspunkten seien mit 20% Aufwand 80% des Maximal-Ergebnisses zu erzielen - das Nahziel dar. "Niedrige Früchte gezielt pflücken", empfahl er, wie beispielsweise "Dachbegrünung, Fahrradabstellraum, Frauenparkplätze, barrierefreie Sanitärräume - alles kaum investive Maßnahmen". Und schon sei das DGNB-Silber-Zertifikat (Version 2008) erreichbar gewesen - am Erlanger Wohnblock Röthelheimpark zu besichtigen. Lautstarke Kritik aus dem Publikum war die Folge. Wohl auch, weil Hertwig nicht erwähnte, das besagte Gebäude entstand 2006. So wurde angeprangert: Wer noch ohne Lüftungsanlage baue, damit die Nutzer selbst bei Minusgraden ein Fenster öffnen können, erziele energetisch eine Katastrophe; auch Fenster mit U-Wert 1,3 würden in Kürze obsolet. Auditor Hartwig konterte kühl: "Wir haben damals so gebaut und erhielten ein Zertifikat. Wenn geltende Vorschriften nicht ausreichen, müssen diese geändert werden und nicht das Bauunternehmen." Ein Pragmatismus, den auch Eduard Paul akzeptieren konnte. Denn Paul - er bewertet mit seiner NC-Group weltweit Immobilien - empfahl: Statt sich hierzulande in Zertifikatedetails zu zerfleischen, solle man den Blick speziell auf die Bautätigkeit in Schwellenländern mit dem riesigen Investitionsvolumen von jährlich 7,5 Billionen Euro richten und dort für Nachhaltigkeitsstandards werben. Dort seien in großem Umfang Einsparungen zu erzielen - auf welchem Zertifikate-Niveau auch immer. Das so erzielbare ökologische Ergebnis bzw. die Wirkung wäre wesentlich positiver für die globale Umwelt. Dazu passte das Schlusswort von Dr. Silke Claus von bayern design: "Wir müssen achtsam sein und die Nachhaltigkeitsprozesse beschleunigen. Denn für den klimatischen Wandel sind wir immer noch viel zu langsam. Wir sollten noch mehr von der Politik einfordern - aber Nachhaltigkeit lässt sich nur ganzheitlich angehen." Eingeladen zu der Veranstaltung "GreenBuilding in der Metropolregion" hatte die Kompetenzinitiative ENERGIEregion Nürnberg e.V. gemeinsam mit ihren Partnern bayern design GmbH, Bayerisches Energie-Forum, Bayern Innovativ, Ebert-Ingenieure, IHK Nürnberg für Mittelfranken, makon GmbH & Co. KG, Metropolregion Nürnberg und Stadt Nürnberg. Wer oder was ist die ENERGIEregion? 500 Unternehmen - 60.000 Beschäftigte - über 10 Milliarden Euro Umsatz: Die Energiewirtschaft spielt in der Metropolregion Nürnberg eine zentrale Rolle. Hier ist Energie-Kompetenz in Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen konzentriert wie sonst nirgendwo in Europa. Der ENERGIEregion Nürnberg e.V. unterstützt und koordiniert in den Bereichen Energie, Energietechnik, Leistungselektronik, Automation, Bau und Energie / Energiemanagement. Und er hilft bei Qualifizierung / Personal, Forschung und Entwicklung, Öffentlichkeitsarbeit. Mehr Informationen von: ENERGIEregion Nürnberg e.V. Geschäftsführer Peter H. Richter Landgrabenstraße 94 90443 Nürnberg T: +49 (0) 911-2 52 96-24 E: peter.richter@energieregion.de I: www.energieregion.de
Artikel drucken Fenster schließen |