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 ECO-News - die grüne Presseagentur
Presse-Stelle:  Deutsche Umwelthilfe e.V., D-78315 Radolfzell
Rubrik:Umwelt & Naturschutz    Datum: 23.06.2010
Angebliche Vorteile von Einwegflaschen aus Plastik erweisen sich als Fata Morgana der Plastikindustrie
Hersteller von Einweg-Getränkeverpackungen überflutet den Markt mit tendenziösen Ökobilanzen - Kunststoffindustrie lässt die PET-Einwegflasche mit falschen und realitätsfremden Annahmen schön rechnen - Stiftung Initiative Mehrweg und Deutsche Umwelthilfe zeigen in einer Stellungnahme an Bund und Länder, mit welchen Tricks die Einwegbranche, ökologisch nachteilige Getränkeverpackungen schönrechnen lässt

Berlin, 23.06.2010: In den vergangenen Wochen hat die Einweg-Verpackungs€indus€trie zunächst die PET-Einwegflasche, dann die PET-Einwegflasche mit Rücklogistik (Petcycle-System) und schließlich auch die Getränkedose (schein)heilig gesprochen. Jeweils von den Verpackungsherstellern in Auftrag gegebene Studien kamen angeblich zum Ergebnis, dass die untersuchten Einweggetränkeverpackungen aus ökologischer Sicht mit umweltfreundlichen Mehrwegflaschen mithalten können. Unter Aufwand hoher Summen wird seitdem von der Dosen- und Plastikflaschenindustrie behauptet, ihre Einwegverpackungen seien nun genauso gut wie Mehrweg.



Die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) und die Stiftung Initiative Mehrweg (SIM) zeigen an der von der IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e.V. beauftragten Studie "PET Ökobilanz 2010" exemplarisch, wie die Verpackungsindustrie mit Taschenspielertricks Ergebnisse zu ihren Gunsten zurecht biegt. Tatsächlich kommt bei einer genauen Interpretation der Studie nämlich heraus, dass Mehrweg in allen untersuchten Fällen Einweg überlegen ist. Die DUH und die SIM fordern Bund und Länder zu einem kritischen Umgang mit interessegesteuerten Ökobilanzen sowie zu einer neutralen Neubewertung von Getränkeverpackungen auf.

Um mit den veröffentlichten Ökobilanzen einen unabhängigen Eindruck zu erwecken, wurde in allen drei Fällen das Heidelberger Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) mit der Durchführung der Studien beauftragt. Der Haken dabei: Ökobilanzen sind nur so gut wie die zugrundeliegenden Annahmen. Durch die Vorgabe realitätsfremder Annahmen lässt sich das Ergebnis hübsch beeinflussen. "Eine Ökobilanz ist eine Art 'Black Box': Wenn realitätsfremde und falsche Annahmen in die Berechnungen eingespeist werden, kommen auch falsche und verzerrte Ergebnisse heraus", erklärt Clemens Stroetmann, Staatssekretär a.D. und Geschäftsführer der SIM. Ferner sei auch die Auswahl der untersuchten Verpackungssysteme ausschlaggebend für das Ergebnis. "0,7 Liter Glas-Mehrwegflaschen mit doppelt so großen 1,5 Liter PET-Einwegflaschen zu vergleichen, erscheint so treffend wie ein Vergleich von Tomaten mit Melonen: Außer das sie beide Wasser enthalten, haben sie im Vergleich wenig mit einander zu tun."

"Die Kunststoffindustrie missbraucht im wirtschaftlichen Eigeninteresse das Instrument der Ökobilanz gleich auf mehreren Ebenen. Mit realitätsfremden Annahmen niedriger Mehrweg-Umlaufzahlen und gezielter Nichtberücksichtigung von PET-Einwegflaschen für stille Wässer und Markenprodukte lässt sich die Industrie mit Hilfe von ifeu Plastik-Einwegflaschen auf Teufel komm raus schön rechnen. Was hier betrieben wird ist Verbrauchertäuschung pur", kritisiert Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. "Korrigiert man die realitätsfernen Annahmen in der Studie mit realen Marktdaten der Branche und vergleicht relevante Marktsegmente miteinander, so kommt dabei heraus, dass Mehrwegflaschen nach wie vor klar die Nase vorn haben". Sogar unter den in der Studie für PET-Einweg sehr günstig getroffen Annahmen schneiden PET-Mehrwegflaschen in allen und Glas-Mehrwegflaschen in drei von vier Produktgruppen in Punkto Umweltauswirkungen eindeutig besser ab. Nur für kohlensäurehaltige Wässer und Erfrischungsgetränke und unter den getroffenen, von der SIM und der DUH deutlich in Frage gestellten Annahmen konnten die Verfasser der Studie beim direkten Vergleich einer 0,7 Liter Glas-Mehrwegflasche mit einer 1,5 Liter PET-Einwegflasche keine eindeutigen ökologischen Vorteile für das eine oder das andere System ableiten. "Die Kunststoffindustrie versucht in der Außendarstellung mit Hilfe der industrie-beauftragten Ökobilanz die Einweg-Plastikflasche grundsätzlich zu glorifizieren mit dem Ziel, politische Maßnahmen zum Schutz der umweltfreundlichen Mehrwegsysteme - wie beispielsweise eine Lenkungsabgabe auf Einweggetränkeverpackungen - zu torpedieren", erklärt Jürgen Resch. Dabei hat selbst das Augsburger bifa Umweltinstitut unlängst bei der Vorstellung einer vom Bundesumweltministerium in Auftrag gegebenen Studie festgestellt, dass gerade eine derartige Lenkungsabgabe sehr zielführend wäre, um den Anteil der Getränke, die in Mehrwegflaschen abgefüllt werden, zu erhöhen.

Die gemeinsame Stellungnahme der SIM und der DUH zur "PET-Ökobilanz 2010" steht im Internet unter www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=2329 und unter www.stiftung-mehrweg.de zum Download bereit.



Hintergrundinformationen

In der Studie "PET Ökobilanz 2010" wurden die Umweltauswirkungen von Einweg- und Mehrwegverpackungen für kohlensäurehaltige Mineralwässer und Erfrischungsgetränke sowie für stille Mineralwässer in der Vorratshaltung (&#8805; 0,7 Liter) und beim Sofortverzehr (< 0,7 Liter) verglichen. In allen vier untersuchten Produktgruppen schneidet die PET-Mehrwegflasche besser als die PET-Einwegflasche ab. In drei der vier Produktgruppen ist auch die Glas-Mehrwegflasche der PET-Einwegflasche eindeutig ökologisch überlegen. Nur in einem der vier untersuchten Produktgruppen können die Verfasser der Studie beim Vergleich von PET-Einwegflaschen und Glas-Mehrwegflaschen - unter den getroffenen Annahmen - in der Gesamtbewertung keine eindeutigen ökologischen Vorteile für das eine oder das andere System ableiten.

In der "PET Ökobilanz 2010" werden unter den am Markt leichtesten Plastik-Einwegflaschen mit den schwersten Mehrweg-Poolflaschen aus Glas verglichen. In der Studie wurden weder marktüblichen Optimierungen, noch explizit erkannte Optimierungspotenziale von Mehrwegsystemen hinreichend berücksichtigt. Darüber hinaus sind Importprodukte in der Bilanz außer Acht gelassen worden, was die Ergebnisse für das Getränkesegment stiller Wässer deutlich besser erscheinen lässt. Auch weitere Produktausgrenzungen und Annahmen zur Produktion werden von der DUH und der SIM in Frage gestellt.

Grundsätzlich ist aus Sicht der SIM und der DUH anzumerken, dass das Instrument der Ökobilanz Energie- und Stoffverbräuche sowie definierte und normierte Umweltauswirkungen (soweit erfassbar) vergleicht. Für eine umfassende Bewertung struktureller Zusammenhänge bzw. für eine Nachhaltigkeitsbetrachtung sind Ökobilanzen jedoch nicht hinreichend. Die Marktentwicklung der letzten Jahre weg vom Einzelhandel hin zum Discounter zeigt, dass jedoch insbesondere diese strukturellen Aspekte von besonderer Bedeutung sind. Unter Berücksichtigung weiterer Aspekte wie Qualität und Schutz des Füllgutes entwickeln sich für Glas-Mehrwegflaschen auch zusätzliche Pluspunkte.


Für Rückfragen:

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Mobil: 0171 3649170, E-Mail: resch@duh.de

Clemens Stroetmann, Staatssekretär a.D., Geschäftsführer Stiftung Initiative Mehrweg, Eichenweg 11, 14557 Wilhelmshorst, Tel.: 033205 24037, E-Mail: info@choch4.de

Maria Elander, Leiterin Kreislaufwirtschaft, Deutsche Umwelthilfe e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-41, Mobil: 0160 5337376, E-Mail: elander@duh.de

Eva Leonhardt, stellv. Geschäftsführerin Stiftung Initiative Mehrweg, Tel.: 030 62721108; Mobil: 0160 941 70096, E-Mail: el@evaleonhardt.de


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