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ECO-News - die grüne Presseagentur
Presse-Stelle:
Deutsche Umwelthilfe e.V., D-78315 Radolfzell
Rubrik:
Umwelt & Naturschutz
Datum:
27.05.2010
Deutsche Autohersteller vollziehen bei Autoklimaanlagen 180-Grad-Kehrtwende
Deutsche Automobilindustrie bricht erneut ihr Wort beim Klimaschutz - Fahrzeugklimaanlagen in neuen Pkw-Modellen sollen ab 2011 nicht mit einem natürlichen Kältemittel sondern mit dem gefährlichen Chemikaliencocktail 1234yf befüllt werden - Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) fordert Rücktritt von VDA-Präsident Wissmann
Berlin, 27. Mai 2010: Die deutsche Autoindustrie bestätigt beim Umweltschutz einmal mehr ihr "taktisches Verhältnis zur Wahrheit". Nun ist es amtlich, dass die im Verband der Automobilindustrie (VDA) zusammengeschlossenen Hersteller erneut die Öffentlichkeit und Politik getäuscht haben. So lautet der Kernvorwurf der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH), nachdem der Verband der Automobilindustrie (VDA) Ende vergangener Woche erklärt hat, in Zukunft flächendeckend die giftige und brennbare Chemikalie 1234yf der Chemieriesen Honeywell und Dupont in Fahrzeugklimaanlagen einsetzen zu wollen. Im Jahr 2007 hatte sich VDA-Präsident Matthias Wissmann unmittelbar vor der so genannten "grünen IAA" in Frankfurt/M. damit gebrüstet, dass die deutsche Autoindustrie als Reaktion auf eine entsprechende EU-Richtlinie zeitnah auf das natürliche und umweltfreundliche Kältemittel R744 (CO2) umsteigen und die Arbeit an chemischen Alternativen einstellen werde.
Die deutschen Fahrzeughersteller hätten seit ihrem damals als wegweisend bewerteten Beschluss jedoch nicht das Geringste unternommen, um ihn umzusetzen, erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Obwohl CO2-Klimaanlagen von Zulieferbetrieben seit Jahren zur Serienreife entwickelt sind und beispielsweise zukünftig Berliner Stadtbusse kühlen sollen, haben die deutschen Autobauer seit dem Beschluss von 2007 nie einen entsprechenden Auftrag für Klimaanlagen auf CO2-Basis erteilt. Seit zwei Jahren weist die DUH auf das Fehlen jeglicher Aufträge für CO2-Klimaanlagen hin und warf dem VDA als Propagandaorganisation der deutschen Autobauer Wortbruch vor. Jedes Mal wies der VDA die Enthüllungen der DUH mit dem Gestus der Empörung zurück und versprach, sein durch den VDA-Präsidenten gegebenes Wort einzuhalten.
"Entweder hat sich Matthias Wissmann als Verbandspräsident von seinen Mitgliedsunter€neh€men vorführen lassen oder aber er war von Anfang an Teil dieses Komplotts zur Täuschung der Öffentlichkeit. Beides ist ein unabweisbarer Grund zum Rücktritt", erklärte Resch. Der DUH-Geschäftsführer erinnerte daran, dass die Autoindustrie die exakt gleiche Taktik zuvor schon einmal angewandt habe. Ende der 1990er Jahre hatte sie sich verpflichtet bis 2008 beim Klimaschutz einen Flotten-Emissionswert von 140 Gramm CO2 pro Kilometer einzuhalten. Obwohl bereits seit 2005 absehbar war, dass dieses Ziel verfehlt werde, brachten die Autobauer immer neue Spritfresser auf den Markt und erklärten gleichzeitig, dennoch die EU-weit verbindlichen Klimazielwerte für 2008 zu erreichen. Tatsächlich wurden sie grandios verfehlt, seitdem kämpft der VDA mit seinem Mitgliedsunternehmen in Brüssel für eine Aufweichung auch der nächsten Klimaschutzziele.
Die nun verkündete, offizielle 180-Grad-Kehrtwende und damit Aufhebung des VDA-Vorstandsbeschlusses aus dem Jahr 2007 für die zukünftige Verwendung natürlicher Kältemittel in Fahrzeugklimaanlagen wurde nach Informationen der DUH mit Absicht erst nach dem Kanzler-Gipfel zur Elektromobilität veröffentlicht. Nun soll also der von Honeywell und DuPont entwickelte Chemiecocktail 1234yf in Autoklimaanlagen zum Einsatz kommen. Die DUH hatte die brennbare Chemikalie in zwei simulierten Fahrzeugbränden untersucht und dabei festgestellt, dass dabei hochgiftige Flußsäure entweicht.
Als Grund für 1234yf verweist der VDA darauf, dass Hersteller in anderen Ländern sich ebenfalls so entschieden hätten. "Der Hinweis auf das Ausland ist durchsichtig. Gerade die deutschen Autobauer haben bisher stolz neue Innovationen eingeführt. Nur wenn es um den Klimaschutz geht versteckt man sich hinter der Masse. Daraus wird deutlich, wie wenig glaubwürdig die Bekenntnisse der deutschen Autobauer zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind", sagte Resch.
"Nach Informationen der DUH ist die Entscheidung für 1234yf und gegen das umweltverträgliche Kältemittel CO2 auch in deutschen Autokonzernen selbst hoch umstritten", sagte Eva Lauer, die Projektleiterin der DUH. "Wir wissen von Technikern, die diese Entscheidung für unverantwortlich halten", erklärte Lauer auch unter Hinweis auf das Umweltbundesamt und das Bundesumweltministerium, die sich beide seit Jahren für das natürliche Kältemittel stark gemacht hätten und vor den Gefahren von 1234yf warnen.
Vermutlich sei es kein Zufall, dass die Chemiegiganten Honeywell und DuPont exakt zum Zeitpunkt der deutschen Entscheidung die Bildung eines Joint Venture zur Konstruktion, zum Bau und zum Betrieb einer "Produktionsstätte von Weltmaßstab" für das neue Kältemittel ankündigten. Es gehe um ein gigantisches Geschäft, weil auf der Welt nach Angaben der Unternehmen 400 Millionen Fahrzeuge mit Klimaanlagen auf den Straßen seien. Wegen der Monopolstellung der beiden US-Firmen werden die deutschen Autohersteller die Preisvorgaben von Honeywell und DuPont für das Kältemittel 1234yf akzeptieren müssen.
Resch: "Wir werden diesen erneuten Wortbruch der deutschen Automobilindustrie nicht tatenlos hinnehmen. Wir werden die Öffentlichkeit über die mit dem brennbaren Chemiecocktail verbundenen Gefahren in geeigneter Weise aufklären. Außerdem halten wir eine Neubewertung der für viele Aktienfonds wichtigen Nachhaltigkeitsrankings nun zwingend erforderlich. Es kann nicht sein, dass Unternehmen als vermeintlich nachhaltig gelten, die beim Klimaschutz konsequent gegen Recht und Gesetz verstoßen und seit drei Jahren die Öffentlichkeit beim Thema Autoklimaanlagen belogen haben."
In Europa ist ab Januar 2011 die Verwendung des bisherigen Kältemittels R134a in Autoklimaanlagen neuer Fahrzeugtypen verboten. Das Kältemittel R134a zählt zu den im Kyoto-Potokoll aufgeführten Treibhausgasen, die reduziert werden müssen. Das Europäische Parlament hat einen Ausstiegsplan dafür festgelegt, wörtlich heißt es: "Nach dem 01. Januar 2011 dürfen keine neuen EG-Typgenehmigungen für Personenkraftwagen und leichte Nutzfahrzeuge erteilt werden, wenn die im Fahrzeug enthaltene Klimaanlage darauf ausgelegt ist, fluorierte Treibhausgase mit einem GWP-Wert über 150 zu enthalten."
Unter
www.duh.de/klimaanlage_film.html
dokumentieren zwei Brandtests, dass das chemische Kältemittel 1234yf eine leicht entzündliche und im Brandfall toxisch wirkende Chemikalie ist. Untersuchungen der DUH und der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) sowie des Umweltbundesamtes hatten die negativen Folgen bei einem Autounfall für Fahrer und Rettungspersonal aufgezeigt.
Für Rückfragen:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin;
Mobil: 0171 3649170, resch@duh.de
Eva Lauer, Projektleiterin, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin;
Tel.: 030 2400867-76, lauer@duh.de
Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik & Presse, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin;
Tel.: 030 2400867-21, Mobil: 0171 5660577, rosenkranz@duh.de
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