Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) macht Druck für eine Laufzeitverlängerung der deutschen Atomkraftwerke. Er legt dafür eine Studie vor, die - wen wundert es bei dem Auftragsgeber - einseitig und interessengeleitet ist. Kein Wunder, dass der BDI nur Vorteile sieht, wenn die Laufzeit von derzeit 32 Jahren auf 60 Jahre verlängert würde: Die CO2-Emissionen würden um 73 Millionen Tonnen sinken, der Anstieg der Stromhandelspreise würde um 25 Prozent niedriger liegen und aufgrund des durch preiswerte Strompreise ausgelösten Wirtschaftswachstums würde die Beschäftigung um 60.000 Arbeitsplätze zunehmen. Abgesehen davon, dass die Studie vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise nur schwer nachvollziehbar ist, rechnet sie sich vor allem schön, indem sie falsche Alternativen aufbaut, kritische Fragen ausblendet und von realitätsfernen Annahmen ausgeht.
Die Atomkraftwerke erreichen in der Spitze einen Wirkungsgrad von 35 Prozent, sind also wenig effizient. Eine moderne Energiebereitstellung kommt auf deutlich höhere Wirkungsgrade und vermeidet durch eine flexible Organisation den nicht notwendigen Energieeinsatz. Dagegen rechnet sich die Verbundwirtschaft nur bei einer dauerhaft hohen Stromnachfrage, um die teuren Energiekapazitäten über Jahrzehnte auszulasten. Kurz: Auf der einen Seite stehen die Großkraftwerke mit Wirkungsgraden zwischen 33 und 45 Prozent. Auf der anderen Seite eine weitgehend dezentrale und bedarfsgerecht vernetzte Energiebereitstellung, die Wirkungsgrade bis zu 90 Prozent erreicht und große Einsparpotenziale mobilisiert, die bis zu 40 Prozent des heutigen Verbrauchs ausmachen. Unter diesen Bedingungen sind CO2-Einsparpotenziale, Innovationsimpulse und Beschäftigungseffekte deutlich höher als in der schön gerechneten Atomvariante. Die BDI-Studie zur Atomenergie vergleicht Äpfel mit Birnen. Sie ist in einem alten und rückwärtsgewandten Denken gefangen, das keine Perspektive eröffnet. Der Bundesvorstand der NaturFreunde sieht darin keine Basis für Zukunftsentscheidungen. Der BDI ist keine wertneutrale Organisation, sondern eine Interessenvertretung, die sich an kurzfristigen Zielen, vor allem an traditionellen Wachstums- und Gewinninteressen orientiert. Er ist nicht fähig, über den schmalen Tellerrand hinauszublicken. -------------------------------------------------------------------------------- 3.721 Zeichen mit Leerzeichen - freigegeben - Mitteilung über einen Abdruck erbeten Rückfragen bitte an: NaturFreunde Deutschlands Verband für Umweltschutz, sanften Tourismus, Sport und Kultur Michael Müller +49 (0)172 246 21 25 mueller@naturfreunde.de www.presse.naturfreunde.de
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