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 ECO-News - die grüne Presseagentur
Presse-Stelle:  ECO-News Deutschland, D-81371 München
Rubrik:Essen & Trinken    Datum: 27.11.2007
"Ich denke, dass es nicht klug ist, den Befürwortern der Gentechnik in der Landwirtschaft ein solches Forum derart zu überlassen."
Bericht zur Koexistenz-Konferenz Sevilla 20./21.11.2007
Sehr geehrte Damen und Herren,

eine Konferenz über Fragen der Koexistenz zwischen gentechnisch veränderten und nicht veränderten Agrarprodukten fand am 20. und 21.11.2007 in Sevilla (Spanien) statt. Die Kommission bezeichnet diese Konferenz als GMCC 07.

Es handelt sich um die dritte internationale Konferenz "on Coexistence between Genetically Modified (GM) and non-GM based Agricultural Supply Chains". Die beiden Vorläuferkonferenzen fanden in Dänemark und vor zwei Jahren in Frankreich, in Montpellier, statt.

An der Konferenz in Sevilla nahmen 320 Personen aus 38 Ländern und 6 Kontinenten teil, wie Herr Per Sörup für die Kommission hervorhob.
Syngenta, Montsanto, BASF und andere Unternehmen waren deutlich repräsentiert. Auch Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung und einige Universitäten. Kritische Stimmen waren deutlich unterrepräsentiert.

Der ökologische Landbau war durch zwei Mitarbeiterinnen der Soil Association, Frau Condula Azeez und Frau Kathleen Hewlett, präsent. Ich nahm für die Qualitätsinitiative Lebensmittel ohne Gentechnik am Oberrhein teil. Die Genannten waren neben einem Mitarbeiter der Grünen Fraktion im EU-Parlament die einzigen kritischen Stimmen. Ich denke, dass es nicht klug ist, den Befürwortern der Gentechnik in der Landwirtschaft ein solches Forum derart zu überlassen.

Hier, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, einige Dinge, die mir aufgefallen
sind:

(1)
Die Konferenz wurde vom "Institute for Prospective Technological Studies (IPTS)" im Auftrag der EU-Kommission organisiert. Es handelt sich um eine Einrichtung der EU-Kommission. Es handelt sich um einen Institut, das seit
1994 in Sevilla ansässig ist. Dieses Institut ist eines von sieben Instituten, die als "Joint Research Centre" der EU-Kommission auftreten. Es handelt sich um einen wissenschaftlichen Dienst, der der EU-Kommission für deren Politikplanung zuarbeiten soll. In Deutschland ist eines dieser Institute ansässig. Es handelt sich um das "Institute for Transuranium Elements", früher Kernforschungszentrum Karlsruhe. Herr Per Sörup, der die Konferenz eröffnete, erläuterte, dass in den sieben Instituten insgesamt 3.000 Personen tätig seien. Ihre Leistung sei ein "Customer Center Service". Erwähnt wurde, dass die 4. dieser Koexistenz-Konferenzen 2009 zwar im Auftrag der EU-Kommission, nun aber außerhalb Europas, organisiert werden solle.

(2)
Herr Nikiforos Sivenas, vertrat die Agrarkommissarin Fischer-Boehl. Er sagte, dass im laufenden Jahr 110 Hektar Genmais in acht Mitgliedstaaten angebaut worden seien. Der Anteil werde rasch wachsen. Die Kommission habe in den Jahren 2001 bis 2003 durch die Richtlinie und zwei Verordnungen die Grundlage dafür gelegt. Diese Grundlage sei, dass es keine Kompromisse bezüglich der Sicherheit der gentechnisch veränderten Kulturen geben dürfe (no compromise on safety). Auch habe man Regeln für die Verfolgung aufgestellt (fully traceable). Schließlich habe man die Gentechnikpflichtkennzeichnung für die technisch unvermeidbaren Spuren gentechnischer Veränderung von 0,9% festgesetzt (technically unavoidable).
Dies sei der Wert, der maßgebend sei, wenn man Maßstäbe für die Trennung der Kulturen in der Landwirtschaft erwäge (when segregation is considered). Ich habe Herrn Sivenas so verstanden, dass er klar machen wollte, es komme gar nicht in Frage, Forschung mit dem Ziel zu betreiben, die Präsenz gentechnischer Veränderung in Lebensmittel unter 0,9% zu senken. Dementsprechend, so war Herr Sivenas zu verstehen, kommt auch nicht in Frage, landwirtschaftliche Produkte einer Gentechnikpflichtkennzeichnung zu unterwerfen, die weniger als 0,9% gentechnische Veränderungen aufweisen, auch wenn das Maß der unter 0,9% vorhandenen gentechnischen Veränderungen durch Vorsorgemaßnahmen im Anbau oder an anderer Stelle gesenkt werden könnte. Herr Sivenas machte auf diese Weise, so deute ich seine Ausführungen, klar, dass die EU-Kommission nicht daran denkt, das gesetzliche Tatbestandsmerkmal der technischen Unvermeidbarkeit so auszulegen, dass sie bei der Erarbeitung von Koexistenzrichtlinien und bei der Vergabe von Forschungsaufträgen verpflichtet sei, daraufhin zu wirken, dass technische Vermeidungsmaßnahmen mit dem Ziel angelegt werden, die Präsenz gentechnischer Veränderungen unter 0,9% zu senken. Dieses Vorgehen der Kommission ist mit dem geltenden Recht unvereinbar. Die so artikulierte Auffassung der EU-Kommission hat Auswirkungen auf das Maß der Abwesenheit gentechnischer Veränderungen in Öko-Produkten, weil durch die Gesamtrevision der EU-Ökolandbau-VO die Gentechnikpflichtkennzeichnung gleichzeitig das Maß dafür bietet, ob und mit welcher Tiefe die Anwendung der Gentechnik im ökologischen Landbau vermieden werden muss. Aus der Sicht des ökologischen Landbaus ist es wichtig, den so neu geschaffenen legislatorischen Zusammenhang nicht aus den Augen zu verlieren. Wer für ein klares Profil des ökologischen Landbaus eintreten will, muss der gesetzeswidrigen Auffassung der EU-Kommission entgegentreten, die "technische Unvermeidbarkeit" habe nichts mit den von ihr vorgeschlagenen Koexistenzmaßnahmen zu tun.

(3)
Herr Sivenas betonte, dass es die Auffassung der EU-Kommission sei, dass Koexistenz darin bestehe, dass jeder Landwirt selbst entscheiden könne, ob er gentechnisch veränderte Kulturen anbaut oder nicht (coexistence should be achieved on the level on individual farms). Er führte aus, dass die Kommission von 15 Mitgliedstaaten über Gesetzesentwürfe informiert worden sei, die das Thema Koexistenz behandelten. In acht Mitgliedstaaten seien entsprechende Gesetze in Kraft getreten. Die EU-Kommission habe einen Bericht darüber erstellt (er wurde im Frühjahr veröffentlicht).
Allerdings gebe es unter diesen Gesetzen sehr wenig praktische Erfahrung (well little cultivation under this legislation). Herr Sivenas betonte schließlich, dass die Landbaubedingungen ganz unterschiedlich seien (vary tremendously). Dies mit Blick auf die Grundstücksgrößen und die Struktur der Betriebe (field sizes, farm structure). Auf diesem Hintergrund sehe es die EU-Kommission als voreilig an, Rechtsnormen auf der Gemeinschaftsebene zur Sicherung der Koexistenz in Erwägung zu ziehen. Dies sei auch der Schluss gewesen, den der Rat nach Konsultation mit der Kommission und unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Koexistenzkonferenz in Wien im Mai 2006 gezogen habe. Mehrfach betonte Herr Sivenas, dass die Frage der Koexistenz eine rein wirtschaftliche sei (coexistence is an economic issue). Die Kommission habe sich vom Rat den Auftrag geben lassen, weiter am Thema zu arbeiten. Dementsprechend habe man Forschungsaufträge für kultuspezifische Maßnahmen zur Koexistenzsicherung vergeben.

Es sei, führte Herr Sivenas aus, ein "European Coexistence Bureau"
eingerichtet worden. Dieses habe die Aufgabe entsprechende Anbaupraktiken zu entwickeln (best practices). Dies werde für jede Kultur gesondert angegangen (organized separately crop by crop). Zunächst beschäftige man sich mit Mais. Hier sei zum Beispiel ganz wichtig, dass es Gebiete gebe, in denen Maissaat wegen des milden Winters dort, in der nächsten Vegetationsperiode wachse, währenddem es andere Regionen gebe, in denen Samen durch Frost zerstört würden. Auf diesem Hintergrund sei die Arbeit dieses Büros nicht verbindlich (non-binding nature). Das Sekretariat des Büros werde in Sevilla angesiedelt sein. Es werde erst im kommendne Jahr, 2008, seine Arbeit aufnehmen. Bezüglich der Haftung habe die Kommission eine Studie in Auftrag gegeben, die noch vorgestellt werde. Eine weitere Aufnahme der Lage werde 2008 erfolgen.

(4)
Es folgte eine Präsentation von Herrn Max Foster (ABARE, Australien). Er beschäftigte sich unter anderem mit der Frage, ob für Raps ohne gentechnische Veränderungen auf den Weltmarkt ein Mehrpreis zu erzielen sei. Seine Arbeit habe gezeigt, dass dies nicht der Fall sei.
Dementsprechend habe man auch kein Koexistenzproblem. Man habe bei Forschungen festgestellt, dass es in Australien keinen ökologischen Rapsanbau gebe. Folglich gebe es auch hier kein Problem. Herr Max Foster betonte, dass die praktischen Mehrkosten einer Produktion "ohne Gentechnik" auf der Ebene der landwirtschaftlichen Betriebe zu etwa einem Achtel in den Kosten für Probenahme und Analyse bestünden und etwa zur Hälfte aus der Beschaffung von zertifiziertem Saatgut "ohne Gentechnik". Er hob diese praktischen Transaktionskosten als besonders belastend hervor.

(5)
Es folgte die Präsentation von Herrn Bernhard Koch, einem an der Universität in Wien tätigen, unter anderem in Tübingen ausgebildeten Juristen. Er bearbeitete einen Auftrag der EU-Kommission an die österreichische Akademie der Wissenschaften. Der Auftrag bestand darin, die Rechtsfragen der Haftung und des Ausgleichs für wirtschaftliche Verluste zu beurteilen, die durch die unbeabsichtigte Präsenz gentechnischer Veränderungen in gentechnisch nicht veränderten Kulturen entstehen. Er ist ein Spezialist des Schadensersatzrechts (tort law). Er führte aus, dass er das Haftungsrecht aller EU-Mitgliedstaaten mit der Hilfe von nationalen Experten zusammengetragen habe. Er habe einen Bericht im April 2007 fertiggestellt. Er umfasse 800 Seiten. Er werde bei Springer
2008 veröffentlicht. Herr Bernhard Koch trug im wesentlichen mit der gleichen PowerPoint-Präsentation vor, die er schon bei der Konferenz in Wien im Frühjahr 2006 benützte. Er beschrieb, dass, wenn man die nationalen Systeme vergleiche, auffalle, dass sehr viele äußerst zurückhaltend damit seien, rein wirtschaftliche Verluste auszugleichen.
Insbesondere würden viele nationale Systeme einen Verlust am Marktwert nicht berücksichtigen. Er beschrieb die Lage in Deutschland und Österreich so, dass dort eine verschuldensunabhängige im Gegensatz zu einer verschuldensabhängigen Haftung vorgesehen sei (hardly any defense left for the GM-farmer). Neben vielen rechtstechnischen, dogmatischen Fragen, sprach Herr Bernhard Koch ein Modell an, dass er als praktisch äußerst wirksam, aber wohl flächendeckend nicht zu verwirklichen, beschrieb: Er nannte es das Märkamodell. Dazu erklärte er, dass die Märkische Kraftfutter GmbH in Eberswalde gentechnisch veränderten Mais anbaue und den Nachbarn angeboten habe, deren Mais zu den Preisen aufzukaufen, welche diese für ihren Mais, wenn er keine gentechnischen Veränderungen aufweist, erzielen würden. Dies sei ein guter praktischer Weg, den Konflikt zu lösen. Herr Bernhard Koch trug dann eine Fülle von Argumenten dafür zusammen, dass es nicht sinnvoll sei, auf der Ebene des Gemeinschaftsrechts gesetzliche Regeln zur Sicherheit der Koexistenz aufzustellen. Im Kern war das Argument, dass die rechtliche Vielfalt in den Mitgliedstaaten zu solch komplizierten Folgen führen würde, dass keine Harmonisierung eintrete. Als Beispiel nannte Herr Koch das Produkt Haftungsrecht. Hier sei es so, dass schon vor 10 Jahren das Produkthaftungsrecht gemeinschaftsrechtlich harmonisiert worden sei. Die Mitgliedstaaten würden dies aber ignorieren (Member States ignore the regime). Sie würden einfach nationale Gesetze beibehalten, welche die Opfer günstiger behandeln, als dies durch das EU-Recht vorgesehen sei (more favorable to the victims). Die Zielrichtung des Gutachtenauftrags, jedenfalls so, wie er nun erledigt wurde, war es offenbar, klar zu machen, dass die EU-Kommission nicht nur keine Pflicht hat, Rechtsregeln für die Koexistenz aufzustellen, sondern dass der Versuch, dies zu tun, zu Chaos führen würde. Ich hielt Herrn Koch vor, dass er während seines gesamten Vortrags nicht mit einem Wort auf die Frage der laufenden Kosten praktischer Koexistenz eingegangen sei, also nicht auf die Frage, wer die Kosten des Monitorings trägt (monitoring of gene-flow versus monitoring of hits). Wahrscheinlich sei es doch wohl so, dass das Schadensersatzrecht nicht der richtige Ansatzpunkt dafür sei, einen gerechten Ausgleich zwischen zwei unterschiedlichen landwirtschaftlichen Produktionsweisen zu schaffen, die beide legitim seien, so dass es gar nicht darum gehe, dass Landwirte, die der einen Produktionsweise folgen, Landwirten der anderen Produktionsweise Schadensersatz wegen Pflichtverletzung zu zahlen hätten.
Hier gehe es um einen gerechten Ausgleich der Kostenlast, die durch die Einführung einer neuen Technologie entstünden. Herr Koch antwortete, es sei tatsächlich so, dass das Schadensersatzrecht hier keine Antworten biete (tort law), aber es sei der Forschungsansatz gewesen, unter diesem Aspekt die Prüfung vorzunehmen. Die Kommission hatte ihren Gutachtenauftrag offenbar von vorneherein so gefasst, dass die Antwort nicht ein Vorschlag zu umfassendem Ausgleich der Mehraufwendungen der Produktion "ohne Gentechnik" sein konnte.

(6)
Als nächster Hauptredner erläuterte Herr Hans Kast, CEO von BASF Plant Science (Limburgerhof), welche gentechnisch veränderten Kulturen in der Pipeline seien (current developments: the product pipeline for biotech crops). Er betonte, dass 2006 102 Millionen Hektar transgener Kulturen angepflanzt worden seien. Dies entspreche etwa der landwirtschaftlichen Fläche der Europäischen Union mit 27 Mitgliedstaaten. In einer sehr ausführlichen Darstellung hob Herr Kast hervor, dass angesichts des Klimawandels die Stresstolerenz von Kulturpflanzen besondere Bedeutung habe. Die Toleranz gegenüber Kälte, Trockenheit und Versalzung der Böden. Gesundheitsvorteile durch die verstärkte Präsenz ungesättigter Fettsäuren wurde hervorgehoben. Zur "Amflora Starch Potato" führte er aus, dass man 2008 erstmals mit verbreitetem Anbau rechne. Er hob hervor, dass man bezüglich der Kartoffel gleich auch eine Zulassung als Lebensmittel beantragt habe, um zu demonstrieren, dass sie, obgleich sie der Stärkeproduktion dient, gesundheitlich völlig unbedenklich sei. Herr Koch hob als aus seiner Sicht, der Sicht der Industrie, ganz entscheidendes Problem hervor, dass man aufgrund des weltweiten Handels gentechnischer Veränderungen durch in der Europäischen Union nicht zugelassene gentechnisch veränderte Pflanzen nicht vermeiden könne. Er bezeichnete dies als Problem der Asynchronen-Zulassungen (asynchron approvals). Es sei damit zu rechnen, dass in Nord- und Südamerika sehr viel mehr gentechnisch veränderte Kulturen rascher zugelassen würden, als in der Europäischen Union. Es sei aufgrund des weltweiten Handels praktisch unmöglich, Spuren dieser neuen GMO in Futtermitteln zu verhindern, die in die Europäische Union geliefert würden. Hier sei es ganz wichtig, dass die EU-Kommission einen pragmatischen Weg einschlage und die in anderen fortschrittlichen Rechtssystemen erfolgten Zulassungen als gleichwertig anerkenne, zumindest für die Frage des Tolerierens von Spuren, eigentlich nicht zugelassener Spuren.

(7)
Herr Nicholas Kalaitzandonakes, University of Missouri, Columbia, USA, stellte eine Studie über die Europäische Maissaatgutindustrie vor (the potential effects of coexistence on the European maize seed industry). Er beschrieb, dass man die Produktionsdaten, einschließlich genauer Feldlagepläne, Stoffflussmengen etc. von zwei Produktionsgebieten im Süden Frankreichs und von einem in Deutschland zur Verfügung hatte. Die Aufgabenstellung sei gewesen, zu prüfen, wie sich die Präsenz von gentechnisch veränderten Mais im Anbau auf die Kosten der Saatgutproduktion auswirke (www.emac.missouri.edu).

(8)
Am zweiten Tag trug Herr Antoine Messean zur Forschungsarbeiten im INRA-System vor. Es handelt sich um einen Forschungsverbund von landwirtschaftlichen Universitäten in Frankreich. Er ist in F-78850 Thiverval Grignon, tätig. Herr Messean berichtete im großen Detail über Forschungen, für die man sich an der Flurstruktur von Heiwiller und Ensisheim orientiert habe (Elsaß). Man arbeite an Rechenprogrammen und sei schon recht weit damit, mit denen man bei vorgegebenen Flurstrukturen modellieren könne, mit welcher Präsenz gentechnischer Veränderung durch Polleneintrag in gentechnisch nicht veränderndem Mais bei verschiedenen Anteilen von Kulturen mit gentechnisch verändertem Mais in der Landschaft rechnen müsse. Herr Messean hob hervor, dass man den eher weiträumigen Transfer vom direkten im Nachbarschaftsverhältnis unterscheiden müsse (long distance transfer of pollen). Hier sprach er davon, dass man mit einem Eintrag in einer Größenordnung von 0,05% großräumig über die Atmosphäre in einer Region rechnen müsse. Dies sei für die Saatgutproduktion wichtig. Er sprach davon, dass die Vorhersagemodelle genügend ausgearbeitet seien, um den offiziellen EU-Wert von 0,9% richtig einschätzen zu können (predictive models are available to address the official EU 0,9% threshold but should be improved to much lower treshold <0,1% ).

(9)
Herr Nicholas Kalaitzandonakes von der University of Missouri (USA), trug vor, dass die Segregation von gentechnisch verändertem und gentechnisch unverändertem Mais im mittleren Westen der USA seit dem Jahr 2000 mit Erfolg praktiziert werde. Man habe Marktanteile von annähernd 100% in Japan und Korea, liefere aber auch nach Israel und teilweise auch in die Europäische Union gentechnisch nicht verändertem Mais mit Identity Preservation (ID-Mais). Hier gibt es offenbar eine Fülle von detaillierten Arbeiten, die sich mit den Parametern beschäftigen, die gegeben sei müssen, um Werte in einer Größenordnung von weniger als 0,1% zu gewährleisten. Herr Kalaitzandonakes nannte insbesondere auch Anfahrtstrecken für die Ablieferung der Ernte, Wartezeiten, vorgegebene Erntezeitpunkte und organisatorische Aspekte. Er hob hervor, dass die Testverfahren sich enorm verbessert hätten. Insbesondere habe die Einführung eines "quick comb" hier viel verändert. Es könnten damit gleichzeitig acht verschiedener gentechnischer Konstrukte geprüft werden.
Dieses "dip stick"-Verfahren würde mit einem Lesegerät, das etwa 800 $ koste, ergänzt. Mit diesem Lesegerät könne die Größenordnung des Anteils der gentechnischen Veränderung für die Praxis recht genau eingeschätzt werden, so dass die nicht seltenen positiven Befunde, mit denen gentechnische Veränderungen nachgewiesen würden, auch gleich ihrer Größenordnung nach im landwirtschaftlichen Betrieb oder in der Mühle eingeschätzt werden können. Herr Kalaitzandonakes betonte, dass auch laufend Kontrakte mit sehr geringen Grenzwerten bedient würden. Eine 0%-Garantie könne man nicht geben, wohl aber Garantien, wenn dies nachgefragt werde, die sich bei einem Bruchteil des Werts von 0,9% bewegen.
Dies sei die Exportpraxis insbesondere im Verhältnis zu den Abnehmern in Asien.

(10)
Herr Andreas Gumbert, ein Mitarbeiter der Generaldirektion Landwirtschaft, dort im Policyservice seit vielen Jahren mit Fragen der Koexistenz beschäftigt, trug vor, dass die folgenden acht Mitgliedstaaten gesetzliche Regelungen für die Koexistenz erlassen hätten: AT, CZ, DE, DK, HU, PT, RO und SK. Notifiziert seien Entwürfe von den folgenden 15 Staaten: AT, BE, CZ, DE, DK, HU, LT, LU, NL, BL, PT, SE, SI und SK.

Herr Gumbert trug insbesondere zu den praktischen agronomischen Maßnahmen vor, welche in den Mitgliedstaaten für den Maisanbau vorgesehen worden seien. Er führte aus, dass in SK, PT und DK 200 Meter Mindestabstand zwischen gentechnisch veränderten und gentechnisch nicht veränderten Maiskulturen vorgeschrieben worden seien. In Deutschland seien es 150 Meter. Der Abstand zu Ökokulturen müsse aber größer sein, hier seien 300 Meter vorgesehen. Herr Gumbert erläuterte, dass die Entwürfe, die von den Mitgliedstaaten der Kommission im Notifikationsverfahren vorgelegt werden, in einer Webseite der Generaldirektion Landwirtschaft eingestellt würden. Dort könne man den Stand jeweils sehen (...enterprize/tris/pisa/app/search/index.cfm?lang=en).

Herr Gumbert betonte, dass man Saatgutproduktion und andere Produktion unterscheiden müsse. Für die Saatgutproduktion gebe es in der EU-Saatgut-Richtlinie vorgeschriebene Issolationsabstände. Diese müssten von den Produzenten selbst eingehalten werden. Die Mitgliedstaaten hätten bezüglich ihrer eigenen Koexistenzregelungen aber einen anderen Weg gewählt, nämlich jeweils dem Anbauer von gentechnisch veränderten Kulturen auferlegt, Abstand zu halten. Portugal hat eine sehr detaillierte Regelung erlassen, die insbesondere auch das Sähen in zeitlichem Abstand unter Nutzung der entsprechend gestaffelten Reifezeiten vorsieht. Litauen hat vorgeschlagen, dass gentechnisch veränderte Kulturen in einem Umkreis von 5.000 Meter um Binnenstöcke unzulässig sind. Herr Gumbert führte dann aus, dass es Zweck des von Herrn Sivenas am Vortag erwähnten European Coexistence Büros sein werde, "Guidance"-Dokumente zu erarbeiten. Im ersten Schritt wird es dabei um die Maisproduktion gehen, im zweiten Schritt aber um die Maissaatgutherstellung (second working gropu on maize seed production). Herr Gumbert nannte als weitere Arbeitsgruppen solche zu Kartoffel und Raps. Ziel werde es sein, die gute agronomische Koexistenzpraxis in der Landwirtschaft zu beschreiben. Eine spanische Teilnehmerin hielt Herrn Gumbert vor, dass wissenschaftlich doch erwiesen sei, dass 25 Meter Abstand zwischen Maiskulturen genüge. Wie er denn erklären könne, dass einige Mitgliedstaaten 200 Meter gewählt hätten, denn dies sei doch in Regionen mit kleinen Feldern ein faktisches Moratorium. Herr Gumbert antwortete, dass regulatorische Antworten immer hinter der wissenschaftlichen Entwicklung hinterher hinken und dass es gerade die Aufgabe des European Coexistence Büros sein werde, hier Mißverständnisse auszuräumen und agronomische Praxis jeweils auf den neuesten Stand des Wissens niederzulegen (we will be able to introduce the very latest development).


Mit freundlichen Grüßen
Hanspeter Schmidt
Rechtsanwalt



Hanspeter Schmidt · Rechtsanwalt am OLG Karlsruhe und LG Freiburg Fachanwalt für Verwaltungsrecht · Mediator

Attorney-at-law at the Court of Appeals Karlsruhe and the Superior Court Freiburg (Germany)· Certified Specialist for Administrative Law · Mediator

Sternwaldstraße 6a · D-79102 Freiburg im Breisgau · Germany tel xx49 (0)761 702542 · fax 702520 · mobile 0171 5714437 · e-mail hps@hpslex.de



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