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 ECO-News - die grüne Presseagentur
Presse-Stelle:  Der Spatz - Alternativer Anzeiger für Bayern, D-80999 München
Rubrik:Essen & Trinken    Datum: 08.05.2006
Vorwärts zu den Ursprüngen
Gesunde Milchprodukte von der Weide für Leib und Seele
"Milch und Milchprodukte sind gesund." Diese Aussage traf - zumindest für diejenigen unter uns, die keine angeborene Milchunverträglichkeit haben - jahrtausendelang zu, bis zu dem Zeitpunkt, da Milch und Milchprodukte in großem Stil produziert und vermarktet wurden. Denn zur Steigerung und Rationalisierung der Milchproduktion wurde die Gras fressende, "frei laufende" Kuh nicht nur zu einem enthornten Leben im Stall verdammt. Das Schmerz, Freude, Zuneigung und Mutterliebe empfindende Lebewesen Kuh wurde auch in eine Getreide, Soja und Silomais sowie - bis zur BSE-Krise - Fleisch fressende, frühreife Milchproduktionseinheit umgewandelt, die jährlich mindestens ein Kalb auf die Welt bringen und durchschnittlich etwa 30 Liter Milch pro Tag liefern muss.

Schon nach etwa 2,6 Jahren werden diese Milchproduktionseinheiten gegen neue ausgetauscht, in Lastwägen eingepfercht und teilweise quer durch Europa gekarrt, um in preisgünstigen Schlachthöfen von Billiglohnarbeitern ausgeschlachtet zu werden. Und ihre Kälber, die sie jährlich gebären müssen, um Milch zu geben, landen schon wenige Tage nach der Geburt in speziellen Kälbermastbetrieben wie in Italien, wo sie in wenigen Wochen mit "künstlichem" Futter zur Schlachtreife gemästet werden. Dies ist die Realität der heutigen konventionellen Milchproduktion - die Basis für alle Folgeprodukte wie Butter, Sahne, Quark, Käse oder Jogurt.

Weidemilch ist gesünder

Eine andere Tatsache ist, dass Rinder in Wirklichkeit weder Fleisch- noch Getreidefresser sind. Ihr Organismus ist auf Gras und Kräuter abgestimmt, weshalb die eingepferchten "Getreide-Kühe" eine andere, für die menschliche Gesundheit eher bedenkliche Milch liefern, die wahrscheinlich mit Schuld trägt am Ansteigen der so genannten Zivilisations-, vor allem Herzkrankheiten. Das Schlüsselwort heißt in diesem Fall "Omega-3-Fettsäuren". Diese besonderen, ungesättigten Fettsäuren (Eicosapentaensäure und Docosahexaensäure) beugen wissenschaftlich nachgewiesen Herz- und Kreislaufkrankheiten vor. Sie verbessern der Fließeigenschaften des Blutes, führen zu Gefäßerweiterung und Blutdrucksenkung. Darüber hinaus haben sie einen hemmenden Einfluss auf mögliches Tumorwachstum und können den Heilungsprozess bei Entzündungen des Darmtraktes, bei Rheuma oder Allergien unterstützen.

Weil Lebensmittelforscher diese Omega-3-Fettsäuren vor einigen Jahren zunächst in Meeresfischen entdeckten, gibt es kaum noch Ernährungsratgeber in den Medien, die uns nicht zum Fischessen auffordern. Was die Ratgeber aber so gut wie nie erwähnen: Früher, vor Erfindung der tierquälerischen, industriellen Viehwirtschaft enthielt auch die Kuhmilch höhere Mengen an Omega-3-Fettsäuren. Für den gesundheitlichen Aspekt mit entscheidend ist aber nicht die absolute Menge an Omega-3-Fettsäuren, sondern ihr gesundes Verhältnis zu den anderen gleichfalls in den tierischen Fetten vorkommenden Omega-6-Fettsäuren, die bei der heutigen, unnatürlichen Massentierhaltung mit Getreidefutter leider extrem angereichert werden.

Das Rind ist was es isst

Das Geheimnis, weshalb die Milch von Gras und Kräutern fressenden Rindern, Schafen oder Ziegen gesünder ist, liegt schlichtweg am Futter. Denn der Fettanteil des natürlichen Weidegrases besteht zu zwei Dritteln aus den langkettigen Omega-3-Fettsäuren. Futtermais hingegen oder Sojamehl oder gar Tiermehl der Tierkörperbeseitigungsanstalten, wie noch in den 1980ern im Kraftfutter üblich, enthalten deutlich weniger davon. Kurzum: Artgerechte Weidehaltung ist nicht nur aktiver Tier- und Umweltschutz, sondern führt auch zu gesünderer Milch, gesünderer Butter oder gesünderen Käse- und Joghurt-Sorten. Dies ist ebenso mit ein Grund, weshalb Bio-Milch besser als konventionelle Milch ist, denn bei Bio-Betrieben ist die Weidehaltung weiter verbreitet und Kraftfuttereinsatz (Getreide aus Bio-Anbau) seltener.

Die Bio-Branche generell könnte nun den Vorteil der Weidemilch für sich nutzen, die Richtlinien entsprechend festlegen und die Bevölkerung darüber aufklären, dass natürlich erzeugte Milch von Haus aus mehr von den gesunden Fettsäuren enthält. Die Einführung des Begriffs "Omega-3-Milch" für Milch aus Betrieben aus biologischer Weidehaltung allerdings scheint eine eher gefährliche, von der Lebensmittelindustrie kopierte Marketingstrategie zu sein, die in die falsche Richtung führt und eher Verbraucherverwirrung stiftet. Der neue Qualitätsbegriff teilt den Bio-Milchmarkt faktisch in eine gesunde Omega-3-Bio-Milch und in Bio-Milchprodukte, die offensichtlich weniger Gesund sind, sonst hätten sie ja einen Omega-3-Milch-Aufdruck. Diese Marketingstrategie spielt letztlich nur wieder der konventionellen Nahrungsmittelindustrie in die Hände. Stichwort Nahrungsergänzungsmittel. Der neue Begriff vermittelt ja den Eindruck, dass die Omega-3-Milch etwas neues, ein ganz spezielles, vielleicht sogar künstlich mit Omega-3-Fettsäuren angereichertes Produkt ist und keine natürliche Milch, die es eigentlich schon immer gegeben hat. Die konventionelle Lebensmittelbranche wirbt doch längst auch mit ähnlichen Slogans wie "Plus Omega-3-Fettsäuren". In diesem Fall sind es aber definitiv neu kreierte Industrieprodukte, denen beispielsweise aus Fischen isolierte oder künftig gentechnisch erzeugte Fettsäuren oder speziell auf hohe Omega-3-Fettsäuren getrimmte Pflanzenöle zugesetzt sind.

Bio-Milch oder gentechnikfreie Milch

Auf einem ähnlichen falschen Dampfer befinden sich die Initiativen, die für eine gentechnikfreie Milch werben, statt klar zu machen, dass einzig die Bio-Milch schon immer gentechnikfrei ist und auch künftig gentechnikfrei bleibt. Leider aber wird mit der Einführung des Begriffs "gentechnikfreie Milch" eine weitere neue Milchqualität geschaffen, die in Konkurrenz zur Bio-Milch tritt und damit nicht nur der Biobranche, sondern ebenso der Ökologie, dem Umwelt-, Natur- und Tierschutz schadet. Denn "gentechnikfreie Milch" heißt noch lange nicht, dass sie ökologisch oder gar Artgerecht erzeugt wird. Im Gegenteil: Gentechnikfreie Milch, die nicht aus biologischer Landwirtschaft stammt, ist genauso ein abzulehnendes Industrieprodukt, wie die konventionelle Milch, die nicht diesen "Aufdruck" trägt. Der einzige Unterschied: Das verfütterte "Kraftfutter" wurde nicht mit genetisch manipulierten Soja-Bohnen oder Gen-Mais aus Argentinien, USA oder Spanien hergestellt, sondern beispielsweise aus "normalen" mit hohem Chemie- und Energie-Einsatz erzeugten Soja-Bohnen aus Brasilien - wo für diese Futtermittelproduktion wertvolle Lebens- und Kulturräume wie der Cerrado und der Amazonasregenwald vernichtet werden. Ob mit oder ohne Gentechnik, ob mit Hilfe von Chemie oder ohne: Der lateinamerikanische Soja-Anbau und -Export führt auch zu Vertreibung von Kleinbauern, zur Degradierung der Indianergebiete. Traurig aber wahr: Die auf einem Auge blinde Kampagne für "gentechnikfreie Milch" hat diesen Prozess bereits beschleunigt, wittern doch brasilianischen Großgrundbesitzer und internationale Investoren einen wachsenden Markt und steigende Preise für "gentechnikfreies Soja" und auch für biologisch angebautes Soja als "Kraftfutter" für Europas gentechnikfrei oder "kontrolliert biologisch" wirtschaftende Bauern.

Kuh mit oder ohne Horn

Ein anderer Streitpunkt, der lange Zeit lediglich in Tierschutzkreisen eine Rolle spielte, ist die Frage: "Kuh mit oder ohne Horn?" Weil schon seit einigen Jahrzehnten den Kälbern in Europa mehr oder weniger schmerzhaft die Hörner weggebrannt, weggeätzt oder abgekniffen werden, hat sich ja inzwischen der Eindruck verbreitet, eine Kuh ohne Horn sei etwas natürliches - ist es aber nicht. Einzig der biologische Anbauverband Demeter hat dies in seinen Richtlinien schon von Anfang an anerkannt und besteht darauf, dass Demeter-Rinder auch Hörner haben dürfen. Dass dies nicht nur eine ethische, sondern auch eine, die Gesundheit des Viehs und des Menschen betreffende Frage ist, scheint sich nun dank neuerer Untersuchungen zunehmend zu bestätigen. Ein Horn ist eben nicht irgendein toter, überflüssiger Gegenstand am Kopf der Rinder, sondern ein durch die Evolution entwickeltes, mit dem Alter wachsendes Organ mit bestimmten Funktionen, die die moderne Agrarwissenschaft oder Medizin erst noch zu erforschen hat. Zum einen werden im Horn gewisse Stoffwechselprodukte, Reststoffe, aus dem Körper der Rinder entgelagert. Was aber macht die Kuh mit diesen Reststoffen, wenn sie kein Horn mehr hat? Gelangen diese womöglich in irgendeiner Weise schädlichen Stoffwechselprodukte dann vielleicht in die Milch? Das sind Fragen, die sich die Agraringenieure eigentlich schon vor fünfzig Jahren, vor der Propagierung der "hornlosen" Kuh hätten stellen sollen, aber nicht gestellt haben. Genauso wenig, wie sie darüber nachgedacht haben, was alles im Zusammenspiel mit den Tausenden von natürlich vorhandenen Bakterien- und Virenarten passieren kann, wenn man Rinder zu Fleischfressern macht. Dass das Tragen von Hörnen definitiv einen wie auch immer gearteten Einfluss auf die Milchqualität hat, scheint sich aber nun langsam dennoch herumzusprechen, seit der Demeter-Bund Deutschland im vergangenen Jahr über positive Erfahrungen mit der Milch von horntragenden Kühen berichtete. So stellten Ärzten fest, dass die Demeter-Milch weniger Allergien bei Kindern auslöse als die Milch von enthornten Kühen.

Light oder nicht Light?

Der von diversen Ernährungsratgebern in den Massenmedien empfohlene Verzehr von fettarmen, "Light"-Produkten macht den konventionellen Jogurt oder die Milch aus der industriellen nicht artgerechten Tierhaltung übrigens auch nicht gesünder, geschweige denn schmackhafter. Denn Fette und Fettsäuren sind wichtig für eine ausgewogene, schmackhafte Ernährung, weil sie nicht nur Träger der Geschmack- und Aromastoffe, sondern ebenso Träger zahlreicher, wichtiger fettlöslicher Vitamine wie A, D, E und K sind. Bei unserer Gesundheit geht es eben nicht darum, weniger Fette im Allgemeinen zu verzehren, sondern darum, weniger ungesunde Fette zu sich zu nehmen. Also: Hände weg von konventionellen Milchprodukten, egal ob Light oder nicht Light.

Norbert Suchanek



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