![]() "Bevor Touristen hierher kamen, haben wir gehungert. Jetzt wohnen wir in unserem eigenen Haus, meine jüngste Tochter besucht die Hotelfachschule, wir besitzen ein Moped." Für diesen bescheidenen Wohlstand arbeitet die sechzigjährige Balinesin hart. Tagein, tagaus wandert sie den Traumstrand von Kuta entlang und bietet Gästen fachkundige Massage an. Indonesien steht mit knapp viereinhalb Millionen Ankünften von ausländischen Touristen (1996) an neunter Stelle der Liste der wichtigsten Reiseziele in der Dritten Welt. Noch beliebter sind China, Mexiko, Hongkong, die Türkei, Malaysia, Thailand, Singapur und Südafrika. Die Frau aus Kuta und weitere geschätzte 230 Millionen Menschen weltweit haben im und um den Tourismus einen Job gefunden. Der Gigant der Weltwirtschaft gilt als der stärkste Motor bei der Schaffung von Arbeitsplätzen. Über 600 Millionen Mal weltweit überschritten im vergangenen Jahr Menschen reisend Staatsgrenzen. Tendenz steigend. Den rapidesten Zuwachs haben Fernreiseziele zu verzeichnen, insbesondere China und Südafrika. Die Länder der Dritten Welt bieten die entsprechende Natur und kulturellen Reichtum. Die einheimische Bevölkerung gehört dabei quasi zum touristischen Produkt. Warnende Stimmen Die Bevölkerung konkurriert mit den Tourismusanlagen um Wasser, um Boden und Brennstoffe. Oft werden die Einheimischen zu Statisten auf einer folkloristischen Bühne oder zu Billigarbeitskräften zum Wohl des Gastes. Eine der schlimmsten Formen der Ausbeutung der Bewohner armer Länder durch zahlungskräftige Reisende ist der Sextourismus und hier wiederum die Kinderprostitution. Kein Verzicht auf Fernreisen In der aktuellen Tourismuskritik haben sich jedoch die "Realos" durchgesetzt. Die neue Stoßrichtung will den Ferntourismus nicht abschaffen oder einschränken, sondern verändern, damit er sowohl den Bereisten als auch den Reisenden nützt. Die Lust am Reisen wird als kulturelle Tatsache anerkannt. Die dabei entstehende Chance zur verständnisfördernden Begegnung zwischen den Kulturen soll genutzt werden. Eine Vielzahl von privaten Initiativen und staatlichen Stellen nimmt sich heute dieses Themas an. Geschaffen werden soll ein Produkt für kritische Konsumenten, ein mit den Attributen nachhaltig, sozial- und umweltverträglich, sanft, integrativ... versehener Tourismus. Dabei wird auf eine kurzfristige Planung nach rein ökonomischen Gesichtspunkten verzichtet. Gefordert wird ferner, daß der langfristige Nutzen für die lokale Bevölkerung und ihre natürliche Umgebung im Vordergrund stehen. Dabei scheint es leichter, für die Umwelt als für die Anliegen der betroffenen Menschen zu sensibilisieren. Nach Einschätzung österreichischer Tourismusexperten werden für Safaris bei gefährdeten Tierarten oder Reservate bis 2005 (oder später) massive Sanktionen erwartet, für Besuche bei gefährdeten Volksgruppen hingegen erst später als 2005 oder überhaupt nicht. Chancen im sozialverträglichen Tourismus ![]() Armin Vielhaber, der Geschäftsführer des Studienkreises für Tourismus und Entwicklung im deutschen Ammerland am Starnbergersee, sieht Chancen für einen sozialverträglichen Tourismus auf der Nachfrageseite. Die Zahl von reiseerfahrenen Personen nehme zu, und diese Gruppe sei für einen Perspektivenwechsel ansprechbar. Erreicht werden könne dieser durch seriöse und qualifizierte bewusstseinsbildende Maßnahmen und Projekte. Auch die großen Reiseunternehmer seien heute leichter auf ihre Mitverantwortung - nicht nur gegenüber Aktionären und Reisekunden - ansprechbar als noch vor 25 Jahren.Und so wird in den Industrieländern an vielen Stellen an einem Tourismuskonzept der Zukunft gearbeitet. Das mag luxuriös erscheinen angesichts der Tatsache, dass Bürgergruppen in der Dritten Welt mit aktuellen Existenzproblemen weitgehend ausgelastet sind. Auf lange Sicht jedoch wird sich die Arbeit an einem umwelt- und sozialverträglichen Tourismus für Reisende und Bereiste lohnen. Quelle: www.oneworld.at Gekürzte Version der Autorin: Irmgard Kirchner
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