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Presse-Stelle:  Demeter-Presse Baden-Württemberg, D-70771 Leinfelden-Echterdingen
Rubrik:Land und Gartenbau    Datum: 26.09.2003
Zwei Demeterhöfe bekommen Tierschutzpreis übergeben
Bundespräsident Rau fordert eine artgerechte Tierhaltung
"Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn die landwirtschaftlichen Betriebe, die wir heute auszeichnen, zum Vorbild werden", so der Wunsch des Bundespräsidenten Johannes Rau in seinem schriftlichen Grußwort an die Preisträger des Pro Tier-Förderpreises. Er wurde am 23. September erstmalig von der Allianz für Tiere (AfT) für eine artgerechte Nutztierhaltung vergeben. Die Preisverleihung fand auf dem Demeterhof des ersten Preisträgers, der Familie Schmid in Aalen-Westhausen statt.

Der Bundespräsident forderte, daß "die 140 Millionen Nutztiere, die es in Deutschland gibt, artgerecht gehalten und gefüttert werden und dass die Landwirte von den Erträgen trotzdem leben können." Außerdem kritisierte er die derzeit herrschende Preispolitik: "Lebensmittel, die krank machen, können noch so billig sein. Sie sind ihren Preis nicht wert. Wir brauchen ein stärkeres Bewußtsein für die Qualität und für den Wert von Nahrungsmitteln. Natur-, Umwelt- und Tierschutz müssen in der Lebensmittelherstellung eine größere Bedeutung bekommen." Am Ende forderte er auch die traditionellen landwirtschaftlichen Betriebe auf, naturnäher, umwelt- und tiergerechter zu wirtschaften.

Bei dem Pro Tier-Förderpreis haben sich 80 Betriebe beworben. 17 davon kamen in die engere Wahl und wurden von Vertretern der AfT besucht. Am Ende wurden vier Preise mit insgesamt 10.000 Euro vergeben. Davon ging der erste Preis (4.000 Euro) an den Hof Schmid, drei zweite Preise mit jeweils 2.000 Euro an einen weiteren Demeterhof der Familie Till in Schluchsee, eine Bioland-Teichwirtschaft in Grambek (Schleswig-Holstein) und einen konventionellen Neuland-Betrieb in Rodewald (Niedersachsen).

Bei seiner Begrüßung unterstrich Demeter Landwirt Manfred Schmid, dass er sich entschieden hat, die Landwirtschaft nicht nach der Schullehre zu betreiben: "Bei uns ist die Spezialisierung eine Vielfalt mit Geflügel, Kühen und Schweinen." Die rund 3.000 Legehennen auf dem 100 Hektar großen Betrieb führen ein glückliches Hühnerleben. Sie dürfen Scharren, in Kuhlen baden und ihren Stall verlassen, wann immer sie Lust dazu haben. Vor drei Jahren wurde ein aufwändiger tiergerechter Öko-Volierenstall mit Wintergarten, Auslauf und viel Tageslicht gebaut. Erfolge spielten sich schnell ein: zum Beispiel legen die Hühner zu fast hundert Prozent ihre Eier in spezielle Legenester. Aufwändiges Nachsammeln entfällt. Überhaupt strahlen die Tiere eine außerordentliche Ruhe und Gelassenheit aus. Sie verließen nicht einmal ihre Stangen, als bei einem Hofrundgang viele neugierige Besucher durch die Stalltür blickten.

Auf dem Demeterhof leben die 1.700 Masthähnchen etwa fünfmal so lang wie zum Beispiel "Batterie"-Hähnchen. Das fördert nach der Erfahrung von Manfred Schmid erheblich den Geschmack und die Fleischqualität. Auch Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald, Vorstand der Schweisfurth Stiftung, lobte bei seiner Laudatio: "Auf diesem Hof stimmt etwas, dass andernorts vielleicht verlorengegangen ist. Es ist eine haltungstechnisch ausgereifte Alternative zur Käfighaltung und funktioniert auch in ökonomischer Hinsicht." Eine weitere Besonderheit ist die Verbindung von Zucht und Mast. Eintagskücken werden auf dem Hof großgezogen und bleiben dort bis zur Schlachtung, die auch hier stattfindet. Vermarktet wird über Wochenmärkte, Großküchen und Naturkosthandel. Auf dem Demeterbetrieb leben noch Enten, Gänse, 24 Mutterkühe mit Nachzucht und dreißig Schweine. Alle haben Zugang zum Freien. Der seit 1984 biologisch-dynamisch wirtschaftende Hof ist außerdem der erste Kneipp-Gesundheitshof in Baden-Württemberg mit speziellen Fitness-Einrichtungen und sieben Ferienwohnungen für Gäste.

Seit 1988 arbeitet der zweite Preisträger, die Familie Till, als Demeterhof. Er liegt auf 1.000 Meter Höhe im Südschwarzwald. Auf dem rund 60 Hektar großen Grünlandbetrieb wird besonderer Wert auf den Erhalt der vom Aussterben bedrohten Hinterwälder Rinderrasse gelegt. Davon gibt es in Deutschland nur noch wenige Exemplare. 25 Kühe mit Nachzucht und einem Stier leben auf dem Hof. Außerdem wurde ein dem Gelände angepaßter tiergerechter Boxen-Tiefstreulaufstall aus Rundholz gebaut. Die Kühe, 15 Milchziegen, zwanzig Schweine und zwei Pferde haben ständig Auslauf. Prof. Dr. Gottwald lobte besonders "die Rarität", daß nur einmal am Tag gemolken wird, und der Hof trotzdem wirtschaftlich arbeiten kann. Die Kälber können so bis zu vier Monate an ihren Müttern trinken. Die Milch wird zu Käse verarbeitet und mit dem Fleisch direkt auf dem Hof und in einer Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaft vermarktet.

Karl Ludwig Schweisfurth, der die AfT initiiert hat, überreichte die Urkunden. Danach gratulierten die anderen Mitglieder der AfT den Preisträgern zu ihrem vorbildlichen Umgang mit den Tieren. Wolfgang Apel, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, freute sich besonders darüber, daß beim Hof Schmid mit 3.000 Legehennen bewiesen wird, daß eine tierfreundliche Haltung möglich ist. Auch das sonst in der Käfighaltung übliche Kürzen der Schnäbel gäbe es hier nicht. Außerdem verwenden alle Preisträger nur Futter ohne Leistungsbeschleuniger und ersparen den Tieren quälende Tiertransporte. Er rief die Verbraucher zur Mithilfe auf, die höheren Preise zu akzeptieren.

Dr. Angelika Zahrnt, Vorstandsvorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland, kritisierte den Preisverfall der Erzeugerpreise besonders durch Lebensmittelketten und Discounter. Da Verbraucher diese Produkte aber kaufen, werden immer noch Ställe für zehntausende von Legehennen, Enten oder Mastschweinen gebaut. Dr. Zahrnt beglückwünschte alle Preisträger und ihre Kunden: "Denn nur gemeinsam praktizieren sie den Einstieg in den Ausstieg der industriellen Tierproduktion".

Am Ende der Veranstltung forderte Jutta Jaksche, Verbraucherzentrale Bundesverband, Verbraucher wie Politiker zum Handeln auf: "Eine große Mehrheit der Verbraucher will, daß Tiere artgerecht gehalten werden. Dennocht steigt die Nachfrage nach billigen Lebensmitteln aus dem Supermarkt. " Sie forderte eine transparente Erzeugung, regionale Vermarktung und verbindliche Kennzeichung der Produkte.

Anschriften der Betriebe:
Familie Schmid, Hofweg 4, 73463 Westhausen, Tel. 07363/4986, Fax 7349
Familie Till, Aeule 9, 79859 Schluchsee, Tel. 07656/1792, Fax 9102, heinrich-till@web.de

Kontakt AfT:
Dr. Manuel Schneider, Tel. 089/767589-55, Fax -56, info@make-sense.org

Fotos können im Internet unter www.demeter.de/bw und www.allianz-fuer-tiere.de heruntergeladen werden.


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