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Rubrik:Soziales u. Gesellschaft    Datum: 29.10.2002
"Nach uns die Sintflut"
Die globale Lage der Umwelt
Zieh durch die Show - um jeden Preis - doch Mammons Jüngern halt' die Treu', dann kriegst Du auch 'nen Umweltpreis: Kein schlecht' Gewissen - keine Scheu!

Von Ruedi Suter, Schweiz

Da ist uns Zivilisationsverwöhnten der so oft verdrängte Tod ins Auge gesprungen, am 11. September 2001 in NY. Der Einschlag der Jets, der Einsturz der Zwillingstürme, die im Schutt Begrabenen und das Schreckgespenst des Terrorismus haben uns für einige Monate ziemlich aufgerüttelt. Unterdessen hat die USA den mutmasslichen Drahtzieher und seine Helfer in Afghanistan weggebombt. Was am Hindukusch genau passiert, wissen wir zwar nicht, doch hat uns der mit einer simplen Weltsicht gestrafte Präsident George W. Bush versprochen, "das Böse" auch fortan auszumerzen. Mit massiver Aufrüstung, notfalls sogar mit dem Einsatz von Mini-Atombomben. Die Tragödie des 11.9.2001 liegt vor allem darin, dass ihr die Verhältnismässigkeit zum Opfer fiel. Anstatt sämtliche Kräfte für die Rettung unserer gefährdeten Lebensgrundlagen zu mobilisieren, wird diesen wieder einmal mit einem neuen Krieg zugesetzt.

Das ist fatal, weil das Immunsystem des Lebewesens Erde bedrohlich angeschlagen ist. Niemand weiss, wie lange es noch funktioniert und uns das Dasein ermöglicht. Weil alles Lebenswichtige zu verschwinden droht: Das saubere Wasser, die reine Luft, der fruchtbare Boden. Die Urwälder, die Eiswelten, die schützende Ozonschicht. Die letzten Naturvölker mit ihrem traditionellen Wissen, bekannte oder nie erkannte Tiere und Pflanzen, Kreisläufe, natürliche Laute, Gerüche und Geschmäcke. Unwiederbringlich verschwindet auch ein unfassbares Universum an Zusammenhängen und Prozessen, die sich im Verlaufe einer Ewigkeit entwickelten. All dies geht verloren - nur wir nicht. Wir, die Nutzniesser und Vernichter dieser Lebensgrundlagen. Wir, die Schöpfer einer Ersatz-Welt, die all jenes wettmachen soll, was wir unbekümmert verschwenden und aus der Welt schaffen.

Verschwunden ist auch eines der engagiertesten Symbole gegen das Kaputtmachen natürlicher Lebensgrundlagen - der Basler Bruno Manser. Mit Leib und Seele hat er sich gegen die skrupellose Naturzerstörung eingesetzt. Doch seit Mai 2000 gibt es von ihm kein Lebenszeichen mehr. Seine Spuren verlieren sich in den kläglichen Überresten des Urwalds von Sarawak. Er verschwand so spurlos wie ein Teil jener Welten, für die er sich einsetzte.

Manser war einer, der lebte, was er sagte; der hinsah, wenn andere längst schon wegsahen; der das Wesentliche noch vom Unwesentlichen zu unterscheiden wusste. Trotzdem gehörte er wie ich zu jener Generation von Europäern, die kurz nach 1950 auf die Welt kam. Laut Christian Pfister sind wir mit dem "50er-Syndrom" aufgewachsen. Damit meint der Schweizer Umwelthistoriker die einschneidende Wende im Umgang mit der Natur in den 1950er Jahren. Von da ab beschleunigte sich die Umweltzerstörung in einem noch nie beobachteten Tempo: Vor allem dank der verschwenderisch verwendeten Billigressource Erdöl. So war das "50er-Syndrom" mit ein Werk jener Elterngeneration, die ihr Weltkriegstrauma mit Arbeit, Sicherheit und Wohlstand zu bewältigen versuchte.

Uns beeinflussten Ereignisse wie Entkolonialisierung, Mondlandung, Kalter Krieg, 68er-Bewegung, sexuelle Revolution, atomare Raketenbedrohung, Wirtschaftsboom, Bevölkerungsexplosion, "Erdölkrise", Atombombentests, Seveso, Tschernobyl, Waldsterben, Aids, Fall der Berliner Mauer, explodierender technischer Fortschritt, Stellvertreterkriege, Umweltzerstörung, Hungersnöte, Tourismus, Gleichberechtigung, Internet, Gentechnologie und Globalisierung.

Derartiges hat uns geprägt. Gleichzeitig durften wir in den Industrienationen mit unseren Kindern goldene Zeiten erleben. Keine frühere Generation konnte sich je derart unbeschwert ihres Daseins erfreuen. Ohne Kriege und existentielle Nöte, mit einem Minimum an äussern Zwängen und einem Maximum an persönlichen Freiheiten. Wir haben Nahrung im Überfluss, Arbeit, Energie, fliessend Wasser, warme Wohnungen, Bildungs- und Forschungsstätten, Krankenhäuser, Theater, Kinos und Supermärkte. Wir leben in Demokratien, glauben an Fortschritt und Machbarkeit, sind versichert, informiert, sehen fern, fahren Auto, geniessen Freizeit und Unterhaltung, benutzen das Internet, können reisen, fliegen, besitzen Eisschrank, Computer, Mobiltelefon und gehören zu jenem Bruchteil der Menschheit, welcher seine Zukunft durch weitere wissenschaftlichen Erkenntnisse und technischen Errungenschaften gesichert glaubt. Wir haben uns ein eigenes "Paradies" erschaffen: Bequem, berauschend, beherrschbar und nachahmenswert für andere Völker. Ist dies nicht Garantie genug, dass wir alle erkannten Probleme in den Griff bekommen?

Denn ignorant sind wir ja nicht. Als aufgeklärte Bürger und Bürgerinnen haben wir begriffen, dass unsere aufwändige Lebensweise nur funktioniert, weil sie auf Kosten der Natur und anderer Völker geht. Die jahrtausendealten Urwälder der Waldvölker Amerikas, Afrikas und Asiens stillen unseren Papierbedarf und enden als Bauholz, Möbel und Besenstile. Nur schon die Förderung, der Transport, die Verarbeitung und der Verbrauch von Erdöl, Uran oder Erzen führt ohne Unterlass zu grossen Umweltschäden mit kaum absehbaren Folgen. Wir wissen, dass wir mit dem Bau unseres "Paradieses" Lebensgrundlagen zerstören. Wir wissen auch, dass wir auf Pump leben und Rohstoffe verbrauchen, ohne wenigstens einen gleichwertigen Ersatz zu schaffen.

Was aber, wenn diese Ressourcen erschöpft sind? Haben wir dann wirklich das Wissen, die Kraft, das Geld und vor allem noch die Zeit, um uns aus der Patsche zu helfen? Und was, wenn das Ökosystem kollabiert? Wenn sich die Machbarkeitsideologie der Industrieländer angesichts der Vielfalt an selbst eingebrockten, lebensbedrohenden und nicht mehr zu lösenden Umweltproblemen als fataler Irrtum herausstellt? Wenn also das eintritt, vor dem nachdenkliche Frauen und Männer mit Gespür für die komplexen Zusammenhänge ebenso warnen wie kritische Wissenschaftler, Politiker oder Umweltschützer beider Geschlechter.

Wir wissen ja schon einiges. Doch vieles wird entweder gar nicht oder nur halbherzig umgesetzt. Unsere Lebensgrundlagen aber - das zeigt die dramatische Situation in den "Entwicklungsländern" -schwinden rasant. Wir aber zaudern. Zwar wird punktuell etwas verbessert, hier ein Umweltgesetz erlassen, dort ein Abkommen zum Schutz der Natur getroffen - aber vor den umfassenden, notwendigen und dringenden Veränderungen wird sich gedrückt.

Weil wir insgeheim befürchten, dass wir uns mit der technischen Zivilisation und ihren Bequemlichkeiten und Möglichkeiten bereits in eine Sackgasse der Abhängigkeiten manövriert haben, aus der wir womöglich gar nicht mehr herauskommen? Nur wenige unter uns ziehen persönliche Konsequenzen, schränken sich ein, verzichten auf Auto, Reisen und Luxus, zahlen etwas mehr für Bio-Nahrung und versuchen umzusetzen, was im Grossen auf sich warten lässt: Die Reduktion der Bedürfnisse auf das Lebensnotwendige. Vielleicht wäre dies die Lösung vieler Probleme, so es überhaupt eine geben sollte. Aber was für eine Lösung! Würde sie nicht unweigerlich zum Kollaps der Industriegesellschaften führen? Weil ihre globalisierte Wirtschaft falschen Zielen nachhechelt, von ständig wachsenden Nachfragen abhängt und so vorzu weitere künstliche Bedürfnisse erfinden muss?

Stecken wir also zu Beginn des 3. Jahrtausends im bislang schwersten Dilemma der Menschheit? Wenn wir, wie bisher üblich, jedes Problem vor allem für sich isoliert betrachten und zu lösen versuchen, scheinen die drückenden Umweltprobleme der Gegenwart mit Willen, Entschiedenheit und den erforderlichen Mitteln immer noch "lösbar". Nicht zuletzt ja deshalb, weil unter dieser Optik immerhin auch die grossen Errungenschaften unserer Zivilisation entstanden sind. Alles "Siege der menschlichen Denk- und Tatkraft", welche z.B. viele Tonangebende mit Zuversicht in die Zukunft blicken lassen. Ihr Glaube an den Endsieg von Mensch und Technik über die "Defizite und Unzulänglichkeiten" der Natur hat durchaus etwas Faszinerendes. Vielleicht entwickeln wir Menschen ja tatsächlich noch Fähigkeiten und Techniken, die wir uns heute nie träumen lassen. Wer weiss!

Leider hinterlässt der schlechte Weltzustand aber den Eindruck, wir seien "Irrläufer der Evolution" (Arthur Koestler). Denn gehen wir davon aus, dass jede Problemlösung neue Probleme gebiert und die sich offensichtlich verschärfenden Probleme in ihrer komplexen Gesamtheit angegangen werden müssten, dann sieht es düster aus - für uns und die Erholung und Genesung des Lebewesens Erde: Die Jahrmillionen alte Schöpfung erweist sich da doch viel zu kompliziert, als dass sie der Mensch in seiner Beschränktheit und mit seinem heutigen Wissensstand schnell mal nachahmen oder wieder flicken könnte. Überdies scheinen wir selbst in den "fortschrittlichsten" Gesellschaften unfähig, die menschengemachten Notstände der Gegenwart als Ganzes wahrzunehmen und daraus die Konsequenzen zu ziehen.

Stattdessen wird trickreich verdrängt. Doch die Probleme bleiben - und vervielfachen sich. Dazu braucht es keine Beweise mehr, sie liegen vor. Sorgfältig zusammengetragen, analysiert, mit Zahlen verdeutlicht und festgehalten von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, von der UNO, von Regierungskommissionen, Rückversicherungen, Philosophen, Naturbeobachtern und von zahlreichen Nichtregierungsorganisationen verschiedenster Ausrichtung.

Ein Überblick, sehr unvollständig: Jeden Tag werden 70 bis 300 Tier- oder Pflanzenarten ausgerottet. Tendenz steigend. Der biologischen Vielfalt wird von allen Seiten zugesetzt. 70 Prozent der Fischbestände im Meer sind überfischt, 20 Prozent der Süsswasserfische bereits ausgestorben oder bedroht. Das Tempo des Artensterbens verschnellert sich. Die Ursache? Vorab der Mensch mit seinen stets raffinierteren Ausbeutungstechniken, seinem stetig steigenden Bedarf an natürlichen Ressourcen und seiner Vermehrung auf bereits über 6 Milliarden Menschen.

Jede Sekunde verschwindet Wald in der Grösse eines Fussballfeldes. 25 Staaten haben keinen Wald mehr, 29 höchstens noch 10 Prozent. Die Folgen des globalen Kahlschlags: Tod der Waldvölker und Waldtiere; Verlust des Kohlenstoffspeichers; Destabilisierung des Klimas; Zunahme von Bodenerosion, Überschwemmungen und Lawinen; Verlust der Abflussregulierung, Grundwasserneubildung und Wasserfiltrierung; Verlust von Nahrungsmitteln, Rohstoffen und Tourismusattraktionen - und schliesslich das atemraubende Verschwinden eines erst bruchstückhaft erkannten Schatzes an biologischer Vielfalt, Kulturpflanzen und medizinisch verwendbarer Stoffe.

Selbst Süsswasser wird zur Mangelware. Die von Gletschern, Permafrost und Polen gespeicherten Vorräte nehmen rapide ab und heben zum Entsetzen vieler Küstenländer die Meeresspiegel. Seit 1850 sind in den Schweizer Alpen bereits 100 Gletscher verschwunden. Die arktische Eiskappe ist bald zur Hälfte weggeschmolzen. Gleichzeitig schwinden die Grundwasserreserven aufgrund von wachsender Bevölkerung, Beanspruchung, Vergeudung, Austrocknung und Schadstoffbelastung. In 26 Ländern ist Wasser schon besorgniserregend knapp, und der Kampf um das selten werdende Nass löst neue Konflikte und Kriege aus. Auch neue Dimensionen des Hungers drohen. Wissenschafter betrachten den Schwund fruchtbarer Ackerflächen als eines der dringlichsten Umweltprobleme. Zwei Drittel der landwirtschaftlichen Fläche ist von der Bodenverschlechterung betroffen.

2001 stimmte das Schweizer Volk über drei Vorlagen für die Förderung erneuerbarer Energien und eine Energielenkungsabgabe ab: Sie wurden alle abgeschmettert. Wenn Klimaschutz nicht einmal in einem reichen Kleinland mit besten Voraussetzungen umgesetzt wird, wie soll er sich dann in den vielen mausarmen Ländern mit einem Mehrfachen anderer existentieller Probleme durchsetzen lassen?

Die vom Homo oeconomicus losgetretenen Klimaveränderungen können auch nicht mehr als fiese Panikmache gefühlsduseliger Umweltschützer abgetan werden. Tausende von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen haben sich z.B. im Auftrag der UNO seit 1988 im Rahmen des Internationalen Wissenschaftsgremiums "Intergovernmental Panel on Climate Change" (IPCC) umfassend mit dem Klimawandel und den Treibhauseffekten befasst. Anfang 2001 veröffentlichten sie nach Jahren des Abwägens ihre Erkenntnisse. Fazit: Der negative Einfluss des Menschen auf das Klima ist eindeutig. Ebenso die Zukunft, sofern nichts unternommen wird: Untergang tiefer Küstengebiete; Schädigung aller Ökosysteme; mehr Wetterextreme, beschleunigte Wüstenausbreitung; Zerstörung von Lebensräumen für Mensch, Tiere und Pflanzen; weiteres Eisschmelzen; Vordringen tropischer Krankheiten in gemässigte Zonen und zunehmende Wasserverknappung.

Mit einer entschiedenen Klimapolitik und den heute bereits zur Verfügung stehenden technischen Mitteln sei die Entwicklung zu stoppen, meinen Forscher. Hierzu bräuchte es vorab den politischen Willen. Doch dieser fehlt - die internationale Klimapolitik kommt kaum vom Fleck. Ein Hauptgrund: Obwohl die US-Amerikaner nur gerade 4 Prozent der Weltbevölkerung stellen, verpuffen sie ein Viertel der weltweiten CO2-Emissionen. Anstatt reduziert wird gar kräftig zugelegt. Die Ignoranz der US-Regierung und die Arroganz der führenden Weltmacht in der Umweltdiskussion ist verhängnisvoll, weil gerade sie mit ihren wirtschaftlichen und technischen Möglichkeiten beim Klimaschutz eine ermutigende Vorreiterrolle spielen müsste.

Ist unter solchen Voraussetzungen der Wettlauf mit der Zeit im Kampf um die Stabilisierung des Klimas und des stratosphärischen Ozonschildes überhaupt noch zu gewinnen? Zeit ist auch Geld. Je länger die politischen Entscheidungen vertrödelt werden, desto grösser werden die Schäden, desto härter und teurer die Massnahmen für die Schutzvorkehrungen, Umstellungen und Reparaturen und desto ungewisser die Aussichten, das komplexe Wesen Natur mit einer globalen Kraftanstrengung "heilen" zu können.

Leidtragende sind wir alle. Weiterhin am härtesten getroffen werden aber zuerst die Menschen in den südlichen Entwicklungsländern. Obwohl sie unvergleichlich bescheidener leben, müssen sie die Folgen ausbaden. Beispiel: 1997/98 löste der El-Niño 80 Naturkatastrophen aus, wovon 30 in Südamerika, 10 in Südostasien und 8 in Afrika. Sie stürzten Millionen von Menschen in kaum vorstellbare Existenznöte, brachten Dürren, Stürme, Überschwemmungen und Erdrutsche, vernichteten Dörfer, Viehbestände, Ernten, Verkehrswege und liessen Seuchen ausbrechen. Seither gibt es erstmals mehr Umwelt- als Kriegsflüchtlinge auf der Welt. Die Zahl der Umweltflüchtlingem nimmt stetig zu. Flüchtlingsheere verursachen mit der notgedrungenen Übernutzung von Wasserstellen, Böden, Weiden und Wäldern neue Umweltschäden. Das wiederum führt zu Konflikten mit den Gastgebern, die oft selbst kaum etwas besitzen und womöglich zu jenen rund 800 Millionen Menschen gehören, die hungern.

Gewiss: Gegen den drohenden Umweltkollaps mit all seinen Folgen gibt es viele verheissungsvolle Ideen, Strategien und Anstrengungen. Nur - das Immunsystem der Erde wird vorzu auch mutwillig angegriffen. Dies zeigt der weltweite Rüstungswahn mit seiner gigantischen Waffenproduktion, seinen A-Bombentests, den randvollen Munitionsdepots und den militärischen Geheimlabors für die Produktion chemischer und biologischer Kampfstoffe, die alles Leben tausendfach auslöschen könnten und für die Umwelt eine lauernde Apokalypse darstellen. Rüstungsindustrien, Armeen und Kriege setzen der Natur in ungeheurem Mass zu. Doch davon ist kaum je die Rede, man beschränkt sich auf die menschlichen Kriegsopfer - jährlich zwischen 500'000 und einer Million Kinder, Frauen und Männer jährlich (95 Prozent Zivilisten).

In den Weltmeeren ticken chemische oder atomare Zeitbomben. Setzt die Korrosion die Gifte oder die nuklearen Spaltproduktefrei, wird der maritime Kreislauf verseucht. Dass die kostspielige Entschärfung und Entsorgung alter Atomwaffen Mühe macht, zeigt etwa die russische Flotte von 100 eingemotteter Atom-U-Boote im Hafen von Murmansk. Doch nicht nur dort droht eine verheerende Kernschmelze.

Derartige Katastrophen oder Kriege kann sich die Menschheit aber schlicht nicht mehr leisten. Trotzdem rüsten die Herren der Schöpfung wieder wie besessen auf. Hinzu kommen die Geheimexperimente, die das Leben aller gefährden. So etwa die aufgeflogenen Versuche der US-Militärs in Alaska, wo die Ionosphäre zur Entwicklung neuartiger Spionagesysteme und für die weltraumgestützte Raketenabwehr mit Hochfrequenzstrahlen beschossen wird. Kritiker befürchten eine Löcherung des atmosphärischen Schutzschildes.

Unsummen, die in die Eliminierung lebensbedrohender Umweltprobleme investiert werden könnten, fliessen so in eine gigantische Weltvernichtungsmaschinerie, für die einzig wir Menschen verantwortlich sind. Sind wir nicht bei Trost? Sind wir schizoide Wesen? Schlicht nicht fähig, die richtigen Prioritäten zu setzen?

Im Zentrum unseres privaten Alltag-Interesses stehen heute nicht etwa die bedrohten Lebensgrundlagen, sondern unsere künstlichen Welten: Konsum, Unterhaltung, Cyberspace, Reality-Shows, die Instant-Erkenntnisse von Eintag-Promis, Internet-Sex, Roboterhunde, das letzte Modedesign und die neusten Automodelle. Das sind die Dinge, die uns faszinieren. In sie investieren wir unser Geld, unsere Kreativität, unsere Zeit. Vorausgesetzt, wir können uns in den Ferien auf den Malediven mal schnell bräunen lassen. Dass die Korallen bereits zu 90 Prozent tot sind, bekümmert uns selbstverständlich. Aber was können wir schon tun? Ausser wieder heimzufliegen, wo uns der Arbeitsalltag mit seiner Hektik und der Feierabend mit seinen Annehmlichkeiten und virtuellen Zerstreungsanlagen in Empfang nimmt?

Der 11.9. 2001 liegt schon wieder weit weg und wir leben wieder wir vorher, wiegen uns in Sicherheit - dank eingeschränkter Wahrnehmung und der wild wuchernden Industrie von Vertuschungsmedien, die am laufenden Band Ablenkungen und Banalitäten produziert. Über die vielen Frauen und Männer, die täglich und von der Weltöffentlichkeit ignoriert unter Lebensgefahr gegen das Kaputtmachen ihrer Kulturen und Lebensgrundlagen kämpfen, vernehmen wir kaum etwas. Anstelle der vor mehr als einem Jahrzehnt mit Umweltliteratur vollen Regale stehen heute in den Buchhandlungen Sachbücher über Diäten, Fitness und smartes Altern.

Das Thema "Umwelt" ist out. Ausgerechnet. Weil der in den 70er-Jahren progonstizierte Öko-Kollaps halt doch nicht so schnell eintrat? Oder weil wir im Zeitalter der Globalisierung, der Schnelllebigkeit und galoppierenden Vergesslichkeit einfach zu fest abgelenkt werden? Womöglich sind wir aber einfach nur feige Verdränger. Nicht fähig, unseren Kindern ins Gesicht zu sagen: "Wir sind kleine Sonnenkönige: Nach uns die Sintflut!" Wer wir wirklich sind, wird wohl die nächste Zukunft zeigen. Fuhrwerken wir aber so weiter wie bisher, weil wir es nicht anders wagen, wollen oder können, dann wird die Natur erst richtig zurückschlagen. Gnadenlos und tödlich. Wie die islamistischen Kamikaze in NY. Oder die "intelligenten" US-Bomben in Afghanistan. Nur um eine Unvorstellbarkeit verheerender.

© Ruedi Sueter, 2002
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