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scheinbaren und vorübergehenden Vorteil niedriger Strompreise teuer bezahlen: Durch verstärkte Umweltzerstörung.
Mit der Knebelung der Stadtwerke kommt auch der öffentliche Nahverkehr in Bedrängnis, der traditionell über die Stadtwerksgewinne im Stromsektor mitfinanziert wurde. Das neue Energiewirtschaftsgesetz erweist sich jetzt als Bumerang. Es setzt nicht die vonder EU geforderten Rahmenbedingungen zum Übergang in die Marktwirtschaft und führt über kurz oder lang zu neuen, den Markt dominierenden Quasi-Monopolen. Nach Ansicht des Bundes Naturschutz wird die Freude über niedrigere Strompreise von kurzer Dauer sein.

Nur Stromspartechnik ist günstig
Der Bund Naturschutz bezweifelt nachdrücklich, daß blauer und gelber Strom "günstig" sind. Diese Tarife nützen nur Stromverschwendern, die sich um die Stromrechnung ohnehin keine Gedanken machen.
Es gibt derzeit keinen Anlaß, einen Vertrag bei einem sogenannten Billiganbieterabzuschließen, da die meisten lokalen Versorger mit ihren Tarifen nachgezogen haben. Oft sind die regionalen Tarife für umweltbewußte Stromkunden sogar günstiger als die, die so groß von sich reden machen.
Auch für die neuen Billigtarife gilt: Der Ersatz alter Haushaltsgeräte durch moderne, stromsparende Technik ist finanziell wesentlich attraktiver als der Wechselzu einem sogenannten Billiganbieter. Wer mit technischen Mitteln seinen Stromverbrauch von 3.500 auf 2.000 Kilowattstunden verringert, spart bis zu 400 Mark, während ein Versorgerwechsel (bei 3.500 kWh jährlich) höchstens 100 DM einbringt. Im Bereich um 2.000 kWh sind die Stromrechnungen bei allen Anbietern etwa gleich hoch.
Ein mit moderner Technik ausgestatteter Drei- bis Vierpersonenhaushalt kann bereits mit 1.000 Kilowattstunden Strom im Jahr versorgt werden. Der Bund Naturschutzbietet hierzu detailliertes Informationsmaterial an.

ÖPNV in Bedrängnis
Während der PKW-Verkehr über Straßenbau, Straßenunterhalt, Parkhäuser etc. direkt aus dem kommunalen Haushalt subventioniert wird, werden die Kosten des öffentlichen Nahverkehrs traditionell mit den Gewinnen aus dem Stromgeschäft der Stadtwerke ausgeglichen. Nach den neuen Stromtarifen werden diese Gewinne deutlich schrumpfen, der Querverbund Energie-ÖPNV leidet. Was die Stromkunden bei der Stromrechnung einsparen, werden sie über die kommunalen Gebühren und die Fahrpreise wieder drauflegen.

Tarifwirrwarr
Mit unterschiedlichen Grund- und Arbeitspreisstrukturen stiften die neuen Stromanbieter größtmögliche Verwirrung unter den Stromkunden. Der Bund Naturschutz macht die Stromkunden darauf aufmerksam, nicht nur nach dem Kilowattstundenpreis zu schauen, sondern insbesondere auch den Grundpreis in die Berechnungen mit einzubeziehen. Denn es kann leicht passieren, daß der "günstigste" Tarif zur größten Stromrechnung führt.
Der Grundpreis, ein Relikt aus der alten Monopolwirtschaft, kann die Stromrechnung ganz schön durcheinander bringen. So arbeiten beispielsweise RWE und Yello mithohen Grundpreisen und niedrigen Arbeitspreisen, um Stromverschwendern eine niedrige Stromrechnung zu präsentieren. Die Zeche zahlen dabei die Kleinverbraucher.

Lieber Strom sparen als Versorger wechseln
Wer seine Haushaltsgeräte auf neuen technischen Stand gebracht hat, hat einen Stromverbrauch von 1.000 bis 2.000 Kilowattstunden. In diesem Bereich sind alle unterschiedlichen Strompreisangebote recht ähnlich, es zeigt sich sogar, daß der "günstige Strom" teurer ist als der der lokalen Anbieter. Bei 2.000 Kilowattstunden Stromverbrauch im Jahr liegt RWE gerade mal 20 und Yello 30 Mark billiger als EWAG privat. Das ist kein Grund für einen Versorgerwechsel, zumal bei weiteren Einsparbemühungen Yello teurer als EWAG wird.

Strom kein Wachstumsmarkt
Anders als im Telekommunikationsbereich, wo es um "verbrauchte Minuten" geht, lassen sich im Stromsektor die verbrauchten Kilowattstunden durch technische Maßnahmen erheblich reduzieren. Ein Top-Kühlschrank verbraucht nur noch ein Viertel des Stroms, den ein Durchschnittskühlschrank frißt. Es ist keine Zauberei, den Stromverbrauch eines 3- bis 4-Personenhaushalts mit moderner Technik von 4.000 auf 2.000 kWh zu senken.
Bisher war dies für die Bevölkerungsmehrheit kein Thema. Der Bund Naturschutz erwartet, daß mit der Werbung für "günstigen" Strom auch die Stromkosten ins Bewußtsein der Bevölkerung rücken, und Stromspargeräte der Renner werden. Dazu empfiehlt der BN die "Liste der Besonders sparsamen Haushaltsgeräte 1999".

Energiepolitik im Rückwärtsgang: Stromkonzerne hebeln den Wettbewerb aus
Der Bund Naturschutz befürchtet, daß der in den letzten Jahren zaghaft begonneneAufbruch zu einer umweltfreundlichen Stromversorgung abrupt beendet wird und derAusstoß von Schadgasen wie Kohlendioxid erneut stark zunimmt. Schon heute ist der Stromsektor der mit Abstand größte Emittent des Treibhausgases Kohlendioxid. Gelber und blauer Billigstromaber kommt ausschließlich aus derzeit stillliegenden Kohlekraftwerken.
Im Schutz des alten Monopolgesetzes haben sich die Stromkonzerne (RWE, PREAG, Bayernwerk AG, EnBW etc.) mit gigantischen Überkapazitäten versorgt, die sie jetzt unter einem sehr zweifelhaften neuen Energiewirtschaftsgesetz in die Waagschale werfen, um Stadtwerke und kleinere Versorger, die nicht über abgeschriebene Überkapazitäten verfügen, aus dem Markt zudrängen.

Die jetzige Bundesregierung hat, solange sie noch in der Opposition war, das neue Energiegesetz, insbesondere die unfairen Übergangsbestimmungen, bis zum höchsten Gericht bekämpft, seit Regierungsantritt aber keinen Finger mehr gerührt, um die Fehler dieses Gesetzeszu beseitigen. Wie beim Atomausstieg und der Ökosteuer tanzt die Bundesregierungnach Ansicht des BN auch beim Energiewirtschaftsgesetz nach der Pfeife der Stromkonzerne. Unter dem Deckmantelvorübergehender "Liberalisierung" können die Stromriesen die neue Freiheit nutzen, um den alten Monopolzustand wieder herzustellen. Der Großangriff auf die Tarifkunden soll mit den Stadtwerken kurzen Prozeß machen.

Marktwirtschaft muß fair sein
Schon seit vielen Jahren hat der Bund Naturschutz die Fehler der Strommonopolwirtschaft kritisiert und marktwirtschaftliche Rahmenbedingungen gefordert. Eine übergangslose Einführung der Marktwirtschaft, wie es das Energiewirtschaftsgesetz der Bundesregierung will, schüttet aber das Kind mit dem Bade aus. Denn die hohen Subventionen für die altenEnergien wie Kohle und Atom bleiben bestehen und die marktbeherrschenden Stromkonzerne können die in der Monopolzeitangehäuften Stromüberkapazitäten (längst abgeschriebene, aber stilliegende fossile Kraftwerke) jetzt nutzen, um neue Konkurrenten vom Markt zu drängen.

Stromriesen gehätschelt
In den 70-er und 80-er Jahren haben die Kartellbehörden einer Verdoppelung des Strompreises zugestimmt, die es ermöglichte, eine übermäßig große Zahl von Atom- und Kohlekraftwerken zu errichten. Derzeit gibt es bei den Stromkonzernen derart große fossile Kraftwerksreserven,daß sie etwa doppelt so viel Strom erzeugen könnten wie derzeit die Atomkraft liefert. Aber sie liegen mangels Bedarf still. Mit Dumpingpreisen soll Strom aus diesen Kraftwerken nun auf den Markt geworfen werden.

Steuerfreie Rückstellungen als Marktvorteil
Einen weiteren unfairen Vorteil genießen die Stromkonzerne, indem sie ihre steuerfreien Rückstellungen für die Atommüllentsorgung ebenfalls in die Waagschale werfen. Während zu Monopolzeiten die Rückstellungen in der Entsorgungs- und Telekommunikationsbranche eingesetzt wurden, werden sie jetzt für die Konzentrationsbildung in der Strombranche genutzt.

Stadtwerke mit hoher Eigenstromerzeugung haben diese Steuerungsmöglichkeiten nicht und sind deshalb im Wettbewerb extrem benachteiligt. Diese Stadtwerke erzeugenaber umweltfreundlicheren Strom als die neu auf den Plan rückenden fossilen Großkraftwerke von Yello oder REW. Die in den EU-Richtlinien vorgegebenen Rahmenbedingungen für die Kraftwärmekopplung werden im deutschen Energiewirtschaftsgesetz mißachtet.

Atomkraft hochsubventioniert
Gegenüber den umweltfreundlichen Techniken wie Kraft-Wärme-Kopplung, Solar- und Windkraft sowie Biogas genießt die Atomkraft einen weiteren unfairen Marktvorteil: Atomkraftwerke sind von einer angemessenen Haftpflichtversicherung befreit. Die Deckung der Folgekosten einer Reaktorkatastrophe obliegt dem Staat und den Betroffenen. Der frühere deutsche Wirtschaftsminister Möllemann hat die Folgen eines SuperGAU in einem deutschen Reaktor auf 10.700 Mrd. DM beziffert. Sämtliche Betreibergesellschaften aber sind Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Die Deckungssumme für alle deutschen Atomkraftwerke zusammen beläuft sich laut Atomgesetz auf lediglich 1 Mrd. DM. Jeder Fuhrpark eines mittelständischen Unternehmens ist höher versichert.

Haftpflichtversicherung würde Atomkraft unwirtschaftlich machen
Nur weil keine Versicherungsprämien bezahlt werden müssen, ist Atomstrom aus alten Atommeilern überhaupt konkurrenzfähig. Nach den Berechnungen des Wirtschaftsministeriums würden Haftpflichtversicherungsprämien den Atomstrompreis um ein Vielfaches nach oben schnellen lassen.

Treibhauseffekt wird beschleunigt
Da die Betreiber von Kohlekraftwerken für die Folgen des Treibhauseffektes nichtaufkommen müssen, muß auch der Kohlestrom von der Gesellschaft hoch subventioniert werden. Wenn es den Stromkonzernen gelingt, die Kraft-Wärme-Kopplung in Industrie und Stadtwerken mit Dumpingpreisen vom Markt zu drängen, wird - selbst bei stagnierendem Stromverbrauch - der CO2-Ausstoß emporschnellen. Ausweislich der Elektrizitätsjahresberichte stehen nur fossile Überkapazitäten zur Lieferungvon "günstigem" Strom zur Verfügung.

Daß Stromversorger wie die FÜW wieder ganz unverhohlen für Stromverschwendung werben ("Strom macht Spaß"), läßt befürchten, daß die Beschlüsse der Umweltkonferenz von Rio zur Senkung des CO2-Ausstoßes nun vollends auf dem Altar der Stromkonzerne geopfert werden.

Die Einspreisevergütung wird als Folge der Strompreissenkungen in einigen Jahrenebenfalls fallen und den Bau von Solar-, Wind- und Biogaskraftwerken unattraktiver machen. In spätestens 60 Jahren sind Uran, Öl und Gas weltweit zu Ende. Ein Umbau des Energiesystems ist also angesagt und nicht ein schnelles Verschleudern der Ressourcen, wie dies die Stromkonzerne mit ihren Dumpingangeboten jetzt einläuten.

Der Bund Naturschutz ruft die Stromkunden auf, mit moderner Haushaltstechnik Strom einzusparen. Dies dient der Umwelt und schont die Haushaltskasse weit stärker als der Wechsel zum sogenannten "Billigstrom". Der Bund Naturschutz warnt die Stromkunden vor Lockvogelangebotenfür Stromheizungen und Elektro-Wärme-Pumpen. Damit halst man sich hohe Folgekosten auf.

Der Bund Naturschutz fordert vernünftige Übergangsregelungen im Energiewirtschaftsgesetz, damit neue, umweltfreundliche Anlagen nicht zu "stranded investments" werden. Er fordert, die EU-Richtlinien auch im deutschen Energiewirtschaftsgesetz zu verankern und stellt sich hinter die Bestrebungen der Stadtwerke und der ÖTV. Der Bund Naturschutz fordert einen fairen Wettbewerb: Die Folgekosten von Kohle- und Atomstrom dürfen nicht weiter auf Staat und Gesellschaft abgewälzt werden, sondern müssen in die Marktpreisbildung einbezogen werden. Dann verschwindet der Widerspruch zwischen Ökonomie und Ökologie.


gez. Christiane Matern
Mitglied des Landesvorstandes des Bundes Naturschutz in Bayern e.V.

gez. Prof. Dr. Hubert Weiger,
Landesbeauftragter des Bundes Natuschutz in Bayern e.V.

gez. Dr. Ludwig Trautmann-Popp,
Energiereferent des Bundes Naturschutz in Bayern e.V.


Bei Rückfragen:
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