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Presse-Stelle:  Ökologischer Jagdverein e.V., D-88289 Waldburg
Rubrik:Politik    Datum: 18.03.2002
Jagdzeit auf den Rehbock anpassen!
Bundesrat berät Anpassung der Jagdzeit auf den Rehbock
Voraussichtlich am 22. März 2002 berät und beschließt der Bundesrat Änderungen zur Bundesjagdzeitenverordnung. Auf Antrag des Landes Schleswig-Hollstein soll unter anderem die Jagdzeit auf den Rehbock an die Jagdzeit für das weibliche Rehwild (bis 31. Januar) geändert werden. 1995 wurde dies bereits beschlossen, anschließend leider vom Landwirtschaftsminister abgelehnt.

In der Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit wurde mit 8:7:1 für die Anpassung der Jagdzeit gestimmt, im Agrarauschuss aufgrund von Enthaltungen mehrheitlich dagegen. Dagegen stimmten die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen enthielten sich der Stimme. Jede andere Entscheidung als eine Zustimmung zur ist jedoch völlig unverständlich und biologisch absolut unbegründet!

Gegen die Verlängerung gibt es keinen einzigen biologisch sinnvollen Grund!
Beim Reh orientieren sich die Jagdzeiten für männliches Wild nur an der Verwertbarkeit der Trophäe. Biologische Gründe gegen eine Erlegung von Rehböcken in Herbst oder Winter sind nirgends erkennbar. Dies bestätigen alle namenhaften Wissenschaftler und Wildbiologen.

Eine naturnahe Waldwirtschaft braucht effektive Jagdmethoden auf das Rehwild
Ökologisch orientierte Jäger und naturnah wirtschaftende Forstleute stehen in dem Spannungsfeld, einerseits die Jagd auf Schalenwild zur Sicherung der Waldverjüngung erfolgreich zu gestalten, gleichzeitig den Wildtieren ein Höchstmaß an Ruhe und Sicherheit im Lebensraum zu gewähren. Möglich ist dies nur durch eine effektive Jagd in kurzen Intervallen.
Schwerpunkt der Jagd auf alles Schalenwild sind die Monate Oktober bis Januar. Alles Schalenwild - unabhängig vom Geschlecht - kann in dieser Zeit bejagt werden. Einzige Ausnahme ist der trophäenlose Rehbock. Das Unterscheiden des Rehwildes nach Geschlecht ist insbesondere bei herbstlichen Gesellschaftsjagden schwierig, biologisch nicht notwendig und reduziert den Jagderfolg erheblich!

Unser Wild braucht mehr Ruhe vor dem Jäger
Phasen langer Jagdruhe (etwa 1. Februar bis 1. September!) werden durch eine verlängerte Jagdzeit auf den Rehbock überhaupt erst möglich. Nur wenn der Rehbock auch im Herbst bejagt werden darf, kann auf die Bejagung des männlichen Rehwildes in den Monaten Mai bis September freiwillig verzichtet werden.

Die Festlegung des Abschußes anhand von Trophäenmerkmalen hat deutlich versagt
Seit fast 70 Jahren erfolgt eine Bejagung des Rehwildes selektiv. Entscheidendes Kriterium bei der Rehbockjagd ist und war die Trophäe in Abhängigkeit vom Alter des Tieres. Dieses Auswahlkriterium hat völlig versagt. Eine gewünschte Verbesserung der "Qualität" bei Rehwild - weder in der Konstitution noch in der Trophäe - wurde nicht erreicht. Ganz im Gegenteil! Gewichte und Trophäen sind eher geringer geworden. Wissenschaftlich läßt sich leicht nachweisen, das einzig und allein die vorkommende Rehwilddichte über den Zustand einer Rehwildpopulation entscheidet (Gedrängefaktor).

Die winterlliche Rehbockjagd hatte bei unseren Großvätern Tradition
Das Erlegen des Rehbockes auf winterlichen Gesellschaftsjagden war vor 1934 (Preußisches Jagdgesetz) völlig normal. Bei den zumeist bäuerlichen Jagdgesellschaften in Herbst und Winter standen Erhalt und Verwertung von Wildbret im Vordergrund. Dennoch konnte sich jeder bei der Einzeljagd im Frühjahr/Sommer auch an der Trophäe erfreuen.

Nur ein Stück Liberalisierung
Trotz verlängerter Jagdzeit auf den Rehbock wird kein Jäger gezwungen sein, Rehböcke ohne Trophäe zu erlegen. Grundeigentümer und Jäger, die in der Rehtrophäe einen wirtschaftlichen oder persönlichen Wert erkennen, können an der gewohnt traditionellen Bejagung festhalten. Gleichtzeitig wird ökologisch jagenden und naturnah wirtschaftenden Grundeigentümern eine effektive Jagd im Herbst ermöglicht.

Die ANJN bedauert die Entscheidung einzelner Bundesländer gegen die Anpassung der Jagdzeit und hofft auf Einsicht für die Beratungen im März. Ansonsten müßte erneut unterstellt werden, das zu Gunsten traditioneller Jagdverbände jenseits jeden biologischen Wissens entschieden wurde, ein Entschluß gegen unsere Wildtiere und deren Lebensraum.
Und letztlich, warum soll bei uns nicht möglich sein, was sich im europäischen Ausland seit langem bewährt hat?

Stephan Boschen
Vorsitzender



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