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Presse-Stelle:  AGENTUR 21, D-76131 Karlsruhe
Rubrik:Bauen    Datum: 03.03.2002
VOC- Analysen mit katastrophalem Ergebnis
19 Analysen und 19 unterschiedliche Expertisen

In einem Ringversuch hat die GEV (Gemeinschaft Emissionskontrollierte Verlege-werkstoffe) 2001 einen handelsüblichen Dispersionsklebstoff nach der GEV-Methode zur Analyse an 19 europäische wissenschaftliche Labors vergeben.
Bei diesem GEV-Ringversuch sollte der Klebstoff mit einer festgelegten Methode auf flüchtige organische Stoffe (VOC) analysiert werden. Es kamen bei den 19 Analysen 19 unterschiedliche Expertisen in der Bandbreite von 80 bis 2000 µg/m³ an gemessenen TVOC zurück.


Probleme und Konsequenzen
Nach den Richtlinien der GEV darf z.B. ein EMICODE EC 1 Dispersionsklebstoff einen maximalen Gesamtemissionswert (TVOC) von 500 µg/m³ nicht überschreiten.
Von den vorgelegten 19 Messungen haben 7 Ergebnisse diesen Wert zum Teil erheblich überschritten im Bereich von 800 bis 2000 µg/m³ TVOC, 6 Messungen lagen im Bereich von 400 bis 600 µg/m3 und 8 Messergebnisse lagen zum Teil deutlich unter 400 µg/m³.

In der Konsequenz würde dies bedeuten, dass bei 8 Analysen dieser Dispersionskleber durchgefallen wäre und gemäß der EC 1 Klassifikation nicht verwendet werden dürfte.

Da es sich bei den ausgewählten Analytiklabors um durchweg seriöse Unternehmen handelt, ist dieses Ergebnis um so fataler. Es bedeutet, dass Analyseergebnisse - von wem auch immer vorgelegt - mit großer Vorsicht zu bewerten sind, und die vermeintliche Genauigkeiten, die erwartet werden, immer davon abhängig sind wie und mit welcher Exaktheit die Untersuchungen vorgenommen werden.

In der Stellungnahme des GEV wird darauf verwiesen, dass Prüfkammer- und Raumluftmessungen enorm fehleranfällig sind, was den Analytik-Experten durchaus bekannt ist. Als Ursache werden zum einen die unterschiedliche apparative Ausstattung, die unterschiedliche Probeentnahme sowie die unterschiedliche Erfahrung hinsichtlich der Prüfung von Bauprodukten angeführt. Deshalb sind die Vorgaben bei einem Analyseverfahren von enormer Wichtigkeit, denn jeder Handgriff und jede Verzögerung bei der Durchführung der Versuchsanordnung beeinflusst das Messergebnis mehr oder weniger.

Nach diesem Ergebnis sollten alle Analysen deutlich hinterfragt werden und stets ein exaktes Messprotokoll verlangt werden, das den genauen
zeitlichen Ablauf vom Öffnen des Behälters, über das Aufstreichen, Einlegen, Schließen und Einschalten verlangt werden, damit die Messungen auch einem Vergleich standhalten. Nicht zu unterschätzen sind auch alle relevanten äußeren Bedingungen wie Raumtemperatur und Luftfeuchte.

Wenn bei dieser doch wohl eher einfachen Analytik solche Differenzen auftreten, wie sieht es dann erst bei komplizierten feinstofflichen Messungen aus, die im Grenzbereich der Messbarkeit liegen?

Vor diesem Hintergrund muss beachtetet werden, welche verheerende Auswirkungen solche Messungen oder Testergebnisse auf die betroffenen Firmen und Hersteller haben kann. Es deutet darauf hin, dass jede Messung erst einmal in Frage gestellt werden muss, und bei erheblichen Differenzen immer eine Kontrollmessung von einem weiteren Labor nötig wird, vor allem dann, wenn extreme Abweichungen vorliegen, die nicht plausibel erklärbar sind.


Szenario
Um das ganze Ausmaß dieser Problematik zu erfassen, darf folgendes Geschehen zur Verdeutlichung helfen: Ein gewerblicher Auftraggeber möchte auf einer Fläche von 10.000 qm
einen hochwertigen Bodenbelag mit einem emissionsarmen Dispersionskleber EC 1 verlegen lassen. Der Architekt schreibt aus. Der Handwerker verlegt und der Auftraggeber bemängelt bei der Abnahme einen - woher auch immer kommenden - unangenehmen Geruch.
Bei einer ersten Analyse werden bei dem verwendeten Klebstoff TVOC-Werte über dem zulässigen Grenzwert festgestellt. Die Gegenseite
(Handwerker/Architekt) lässt eine weitere Analyse erstellen, deren Ergebnis einen Wert unterhalb der zulässigen Höchstgrenze feststellt.
Es kommt zum Rechtsstreit.
Der gerichtlich bestellte Gutachter stellt mit der nächsten Analyse wiederum einen Wert deutlich über dem Grenzwert fest.
Nun dürfte einer ein großes Problem bekommen. Wenn Handwerker und Architekt genügend Glück und Stehvermögen haben, wird das Problem auf den Produzenten zurückgeführt, der möglicherweise nach dem Produkthaftungs-Gesetz den "Schaden" zu regulieren hat. Es könnte aber auch ganz anders ausgehen.
Vor Gericht und auf hoher See.....

Was bleibt sind 19 Fragen mit 19 Antworten, wobei die eine Frage entscheidend ist:
Kann es einen verbindlichen, exakten wissenschaftlichen Wert für ein Produkt geben, oder kann dieser nur mit 20%iger, 50%iger oder 100
%iger Toleranzbreite festgestellt werden?

Im vorliegenden Fall liegen die uns für ökologische Baustoffprüfungen bekannten Institute in folgendem Bereich :
ALAB, Berlin Nr. 13 - 298 µg/m³ TVOC
ECO-Umweltinstitut, Köln Nr. 24 - 253 µg/m³ TVOC
Institut für Umwelt und Gesundheit, Fulda Nr. 12 - 419 µg/m³ TVOC

Perspektive
Um diese Problematik bei der Auswahl und Verarbeitung von gesundheitsverträglichen Produkten und Systemen einzugrenzen, haben sich für den Bereich der natürlichen, nachhaltigen Bauprodukte und Einrichtungen eine Reihe von Firmen und Organisationen zu einer interdisziplinären Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen. Unter dem Arbeitstitel kdR = kontrolliert, deklarierte Rohstoffe ist eine glaubwürdige und zukunftsweisende Baukultur eingeleitet worden. Dies ist ein Lichtblick für Menschen, die auf Ganzheitlichkeit, Gesundheitsverträglichkeit und Qualität in Gebäuden besonderen Wert legen.
Weitere Informationen sind zu erfragen bei : ARGE kdR - argekdr@web.de

Manfred Krines
AGENTUR 21
Email: agentur21@web.de

Die Liste der Prüflabors und das Diagramm der Prüfergebnisse kann per Email bei der Agentur21 angefordert werden, oder unter www.oekoplus.de/news aufgerufen werden.


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