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Presse-Stelle:  Umweltbundesamt für Mensch und Umwelt, D-14193 Berlin
Rubrik:Umweltschutz    Datum: 10.12.2001
Ein Plädoyer für den ökologischen Landbau
Der oekologische Landbau erfordert einen sehr viel geringeren
Pflanzenschutzmitteleinsatz als die herkoemmliche Landwirtschaft. Gewaesser
mit oekologischem Landbau oder mit extensiver Weidewirtschaft im
Einzugsgebiet sind daher nicht oder deutlich weniger mit Fungiziden (Mittel
zur Pilzbekaempfung), Herbiziden (chemische Pflanzenvernichtungsmittel) und
Insektiziden (Mittel zur Schaedlingsbekaempfung) belastet, als Gewaesser, in
deren Umland konventionelle Landwirtschaft betrieben wird. Das spiegelt sich
auch in der Besiedlung der Gewaesser mit Tieren wieder. In
Oberflaechengewaessern, die durch oekologisch betriebenen Landbau
beeinflusst sind, siedeln sich wieder mehr naturraumtypische Arten an. Diese
Ergebnisse ermittelte eine Forschergruppe der Technischen Universitaet
Braunschweig im Auftrag des Umweltbundesamtes. Ueber mehrere Jahre wurden
die Konzentrationen von Pflanzenschutzmitteln in kleinen Fliessgewaessern
mit landwirtschaftlicher Umlandnutzung gemessen und deren Auswirkungen auf
wirbellose Tiere, die den Gewaesserboden besiedeln (das Makrozoobenthos),
ermittelt.

In ersten Untersuchungen ermittelten die Forscher bereits 1996 und 1997 an
zehn kleinen Fliessgewaessern in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen,
Hamburg, Hessen und Bayern den Einfluss unterschiedlicher Umlandnutzungen
auf die Gewaesserguete. Beprobt wurden Gewaesser mit integriertem Ackerbau
im Umland unter Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel sowie Gewaesser mit
angrenzendem oekologischen Anbau und extensiver Weidewirtschaft. Dabei
konnten unterschiedliche Rueckstaende von Insektiziden Fungiziden und
Herbiziden nachgewiesen werden. An Probestellen mit integrierter
Umlandnutzung erfolgten 46 Nachweise, von denen 10 Insektizidfunde waren.
Bei der oekologischen Umlandnutzung oder Weidewirtschaft gab es dagegen nur
insgesamt drei Nachweise des Fungizids Epoxiconazol, das im oekologischen
Landbau nicht verwendet werden darf.

Auch die Ergebnisse der biologischen Untersuchungen weisen deutliche
Unterschiede auf: Die Zusammensetzung der aquatischen Lebensgemeinschaften
an den Probestellen in konventionell genutztem Umland zeigte eine Anpassung
an kurzfristige Stoerungen durch staerkeres Vorkommen weniger sensitiver
Arten. Die biologische Gewaesserguete fiel

dagegen an den Probenahmestellen in Gebieten mit oekologischer
Landbewirtschaftung und Weidewirtschaft deutlich besser aus. In den Jahren
1998 und 1999 wurden in einer zweiten Untersuchungsreihe 14 kleine
Fliessgewaesser im norddeutschen Tiefland, in Niedersachsen und Brandenburg
auf Pflanzenschutzmittel-Belastung beprobt. 13 davon liegen in
landwirtschaftlich intensiv genutztem Umland. Ein Gewaesser - das
Referenzgewaesser - wird von Feuchtwiesen gesaeumt, die nicht bewirtschaftet
werden. In etwa 75 Prozent der untersuchten Gewaesser wurden Fungizide
(unter anderem Strobilurine), Herbizide (zum Beispiel Isoproturon) und
Insektizide (wie Parathion-ethyl) nachgewiesen. Die am haeufigsten
gefundenen Wirkstoffe waren die Fungizide Azoxystrobin, Epoxiconazol und
Kresoxim-methyl sowie die Herbizide Ethofumesat und Chloridazon.

Auch hier zeigte das Ergebnis der biologischen Untersuchungen: In Gewaessern
mit Belastung durch Pflanzenschutzmittel war der Anteil der als
physiologisch empfindlich eingestuften aquatischen Arten im Mittel deutlich
geringer als in den unbelasteten. In den belasteten Gewaessern konnten nur
elf empfindliche Arten mit einem Haeufigkeitsanteil von lediglich 47 Prozent
der Gesamthaeufigkeit nachgewiesen werden. In den unbelasteten Gewaessern
wurden hingegen 20 empfindliche Arten mit einem Haeufigkeitsanteil von 70
Prozent nachgewiesen. Im Referenzgewaesser betrug der Anteil der
empfindlichen Arten sogar 90 Prozent.
Empfindlich sind insbesondere Arten mit langer Generationsdauer. Sie kamen
in den belasteten Gewaessern weniger haeufig vor als in den unbelasteten.
Denn: Arten mit mehrjaehrigen Fortpflanzungszyklen - zum Beispiel alle zwei
Jahre - erholen sich nach einer Schaedigung durch Pflanzenschutzmittel
wesentlich schlechter, als Arten mit einer kurzen Generationszeit von
wenigen Monaten. In Gewaessern, die mit Insektiziden belastetet waren, kamen
ueberhaupt keine mehrjaehrigen Arten vor. Das laesst auf die hohe
Wirksamkeit der Schadstoffe schliessen. Somit lassen sich in Gewaessern, die
mit Pestiziden belastetet sind, Verschiebungen des Arten- und
Haeufigkeitsspektrums hin zu Arten mit einer kuerzeren Generationsdauer und
geringerer physiologischer Empfindlichkeit gegenueber toxischen Substanzen
feststellen.

Die neue EG-Wasserrahmenrichtlinie stuft Gewaesser in die fuenf Gueteklassen
hoch, gut, maessig, unbefriedigend und schlecht ein. Die Auswertung aller
biologischer Befunde der 14 untersuchten Gewaesser ergibt folgendes Bild:
Die Klasse 1 (hoher Status) erreicht nur das Referenzgewaesser. Die mit
Pestiziden unbelasteten Gewaesser erreichen die Stufe 2 (guter Status), die
belasteten nur die Stufe 4 (unbefriedigend). Damit verfehlen derzeit die
belasteten kleinen Fliessgewaesser deutlich den nach der
EG-Wasserrahmenrichtlinie zu erreichenden Zustand.

Berlin, den 07.12.2001.
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Lebensgemeinschaften in Fliessgewaessern mit landwirtschaftlich genutztem
Umfeld" ist in der Reihe TEXTE des Umweltbundesamtes als Nr. 65/01
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