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Presse-Stelle:  AGENTUR 21, D-76131 Karlsruhe
Rubrik:Bauen    Datum: 16.09.2001
PERSPEKTIVEN 21
Welche Perspektiven hat die Baubiologie im 21. Jahrhundert ?

Es fängt damit an, daß inzwischen eine ganze Reihe von Vorkämpfer und Vordenker der Baubiologie oder Bauökologie sich dieser Begrifflichkeiten nicht mehr bedienen möchten, aus Angst vor dem Negativimage der Begriffe BIO und ÖKO, die allerdings bislang sachlich nicht belegt werden kann und wohl auch nicht des Rätsels Lösung ist.

Neue Begriffe wie "nachhaltig, nachwachsend, gesundheitsverträglich, wertbeständig, umweltgerecht, natürlich, ganzheitlich" finden zunehmend Verwendung, ohne daß dafür genauere Inhalte oder Kriterien zugrunde gelegt werden. Der Beliebigkeit in der mißbräuchlichen Verwendung dieser neuen Begriffe ist in den Werbeanzeigen und den diversen Datenbanken abzulesen. (z.B. www.naturbaustoffe.de )

Es ist erstaunlich, daß der Kreis der etablierten, baubiologischen Händler und Produzenten bislang dem Wildwuchs und der Beliebigkeit in der Verwendung der o.g. Begriffe keinen Einhalt geboten hat und mit dazu beitrug, daß die Bevölkerung in diesem Wirrwarr von beschönigenden und unlauteren Werbeaussagen keine Orientierung mehr findet.

Mit ecoNcert soll nun eine neues Qualitätszeichen geschaffen werden, das die Prüfinstitute und die Baustoffindustrie auf den Weg bringen will. Die Befürchtungen, daß damit, ähnlich wie beim "Blauen Engel", die weniger guten Produkte über die Zertifizierung Zugang in ein interessantes Marktpotential finden wollen, ist nicht von der Hand zu weisen und in vielfältiger Weise in der Vergangenheit praktiziert worden. Wenn z.B. ein Naturfarbenhersteller mit seinen ca. 100 Produkten dieses Verfahren durchlaufen soll, wird er die Preise deutlich anheben müssen, um diese Kosten finanzieren zu können.

Mit der Volldeklaration haben die meisten Hersteller aus dem Bereich der bewährten und konsequenten baubiologischen Produkte ein Instrument das genügt, um sich deutlich von den "Pseudoprodukten" abzuheben. Diese Selbstverpflichtung zur Offenlegung ist ein probates Mittel, das bei der Auswahl und Ausschreibung von Bauprodukten als "zugesicherte Eigenschaft" definiert werden kann und damit dem Anwender oder Auftraggeber eine verbriefte Sicherheit gibt, die bei gesundheitlichen Problemen jederzeit abgerufen werden kann. Zugesichert bedeutet dabei aber auch immer den jeweils aktuellen Stand zu pflegen.

Aus den neueren Veröffentlichungen des Umweltrates der Bundesregierung wird erkennbar, daß die Wissenschaftler im Bezug auf die stofflichen Wirkungen untereinander keine nennenswerte Erkenntnisse vorweisen können und deshalb geneigt sind, unwissenschaftliche Erkenntnisse zu akzeptieren. Da sollten sich die "Baubiologen" doch zu Wort melden und die Feldversuche aus 15 - 20 Jahren ins Spiel bringen, die im direkten Umgang mit den Anwendern und Abnehmern vorzuweisen sind. (Sondergutachten "Umwelt und Gesundheit" - www.umweltrat.de )


Als Reaktion auf dieses große Dilemma bleibt nur, die Interessen der konsequenten baubiologischen Produzenten weiter zu bündeln und künftig gemeinsame strategische Konzeptionen mit gezielter Marketing- und Pressearbeit zu verfolgen.

Die Einstellung der Zeitschrift ÖKO-HAUS beim Öko-Test-Verlag, aufgrund mangelnder Anzeigenschaltung, mag zwar manchen Hersteller oder Händler Genugtuung verschaffen, ändert aber nichts daran, daß wir in unserem Themenbereich keine auflagenstarken Werbebroschüren haben, wie sie im Naturkostbereich, bei Reformhäusern und im konventionellen Bereich für den Kundenkontakt vorzufinden sind. Seit 1997 habe ich mich im Öko-Test-Beirat für die Interessen des baubiologischen Fachhandels eingesetzt und mit dazu beigetragen, daß die Testgrundlagen für Bauprodukte kontinuierlich verbessert wurden. Trotz aller Ungereimtheiten in den vergangenen Jahren haben die Testergebnisse wesentlich dazu beigetragen, daß wir Zugang zu einer breit angelegten Klientel gefunden haben, die heute der gehobenen Mittelschicht und der Führungsebene zugeordnet werden kann, mit der entsprechenden überlebensnotwendigen Kaufkraft. Es gilt nun alles daran zu setzten, daß wir gemeinsam diese Kundenpflege und Kundenbindung voranbringen und wesentlich mehr öffentliche Präsenz zeigen mit den besseren Produkten.

Nach wie vor ist die Grundvoraussetzung für eine sachliche Bewertung und ein glaubhaftes Produktsortiment, die verbindliche Auflistung aller Inhaltsstoffe. Zur Bewertung der einzelnen Substanzen und Stoffe stehen damit den jeweils Betroffenen die Datenbanken und Informationen zur Verfügung, die zur Überprüfung der Nachhaltigkeit und der Gesundheitsverträglichkeit weiterhelfen können.

Begrifflichkeiten wie sie im Leitfaden des HDE und mit dem Substitutionsbegriff des Umweltrates aufgezeigt werden, sind durchaus geeignet einen gemeinsamen Nenner für die gesundheits- und umweltverträgliche Bauproduktklassifizierung zu finden. Dies muß das gemeinsam Interesse der Hersteller und der ökologisch, ausgerichteter Fachhändler sein, auch des BDB, um nicht in die Beliebigkeit abzudriften. Funktionieren wird dies aber nur, wenn dieser Anspruch deutlich formuliert wird und alle verfügbaren, beeinflussenden Kräfte auf solch ein Konzept hin ausgerichtet werden. Ob wir wollen oder nicht, der gemeinsame Werbeauftritt nach Außen und die Lobbyarbeit nach Innen sind die entscheidenden Mittel, um sich im Marktmechanismus zu festigen und die sachliche Kompetenz penetrant, kontinuierlich anzumelden und darzustellen. Wir selbst können am Besten den oft zitierten ÖKO-Standard festlegen und damit die Meßlatte für eine eindeutige Auslegung der Begriffe setzen.

Die entscheidende Frage dabei ist, ob es gelingt die Grabenkämpfe innerhalb der "Szene" zu überwinden und mit diesem selbstverpflichtenden Kriterium der Volldeklaration der Bevölkerung das Vertrauen zu vermitteln und die konsequent, baubiologischen Produkte in ihrem Vermarktungspotential zu fördern. Nach Schätzungen des HDE und des BDB wird der Marktanteil der konsequent, ökologischen Produkte von gegenwärtig 1-2% auf ca. 10% in den nächsten Jahren wachsen. Um dies in Zahlen deutlich zu machen, die beiden stärksten Handelsverbände im Baubereich, BDB und BD-Holz haben mit ihren 4.600 Betrieben einen Umsatzanteil von 65 Milliarden DM , 10 %, .....davon träumt wohl jeder.

Den Vorteil der freiwillig, volldeklarierten Produkte, der jahrelang in den Werbeaussagen viel zu wenig oder viel zu brav genutzt wurde ist das Potential das mit vereinten Kräften genutzt werden muß, um im Baubereich für die Produktauswahl neue Maßstäbe zu setzen.

In diesem Zusammenhang haben wir vielleicht auch unseren ganzen Mut aufzubringen, um dem Wildwuchs der Begrifflichkeiten Einhalt zu gebieten und für wahrheitsgemäße Begriffe sorge zu tragen. Das Wettbewerbsrecht (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb) gibt nur den Interessengruppen die Möglichkeit sich gegen die mißbräuchliche Verwendung von Begriffen zu schützen. Dies bedeutet, daß sich nur eine erhebliche Anzahl von Mitgliedern einer Branche, die über ausreichende personelle, sachliche und finanzielle Mittel verfügt, sich gegen diese mißbräuchliche Verwendung von Begriffen wehren kann, oder vielleicht auch muß, damit die wirtschaftliche Existenz nicht gefährdet wird.

An den Wachstumsperspektiven der nachwachsenden, gesundheitsverträglichen, nachhaltigen, baubiologischen, natürlichen, umweltverträglichen, ökologischen Bauprodukte wollen wir teilhaben und möchten eine strategische Allianz für nachhaltige Produkte anregen, die sich für klare und eindeutige Werbeaussagen bei den Bauprodukten einsetzt.

Die Bevölkerung und das Baugeschehen sollen dadurch einen zukunftsfähigen Impuls für nachhaltiges, gesundheitsverträgliches bauen und renovieren erfahren.

Wir haben mehr zu bieten als andere und wollen das erreichen, was in anderen ökologischen oder biologischen Produktbereichen schon lange Alltag ist.

Als Anlage ist ein Entwurf für die ganzheitliche Baustoffklassifizierung beigelegt, der auf der Grundlage von diversen Stellungnahmen und Empfehlungen von Verbänden und Institutionen ausgearbeitet wurde, in großen Teilen also bereits in konventionellen Bereichen etablierten ist. Dieser Entwurf mit den "Allgemeinen Anforderungen" muß eine breite Zustimmung aus dem Bereich der baubiologischen Hersteller, Händler und Organisationen finden, damit im weiten Schritt die detaillierten Festlegungen für die einzelnen Produktbereiche erarbeitet werden können.

Es geht nicht darum, daß wir nochmals das Rad neu erfinden, sondern eher darum, daß die neueren Erkenntnisse die im Zusammenhang mit der Agenda 21 und dem Nachhaltigkeitsprinzip politisch umgesetzt werden müssen in die gleiche Richtung laufen wie das Anliegen, das uns bereits seit Jahren und Jahrzehnten umtreibt. In diesem Bereich haben wir einfach sehr viel zu bieten und sollten dieses Feld - diesmal nicht - den konventionellen Anbieter überlassen, die mit ihren Beziehungsgeflechten die Normen und Standards nach wie vor bestimmen.

Da bei diesem Anliegen unter Umständen die europäische Dimension leichter zu bewältigen ist, möchten wir die entsprechenden Organisationen in diese Maßnahmen einbinden.

Mit dieser Initiative haben wir die Möglichkeit das Steuer bei den nachhaltigen Bau-produkten in die Hand zu bekommen und eine vernünftige, zukunftsfähige Richtung zu wählen, die einer sachlichen Auseinandersetzung standhält. Mit unseren bisher erreichten Standards können wir dem Baugeschehen neue Impulse geben geben und unsere Zukunft sichern.

Die beigefügte Kriterienliste ist eine Grundlage, mit der die weiteren Maßnahmen für eine gemeinsame Marktpräsenz eingeleitet werden kann. Wenn Sie an der Gestaltung dieser Maßnahmen mitwirken möchten und die Kriterienliste befürworten, bitten wir um eine kurze Stellungnahme per email an : info@krines.de.


Mit freundlichen Grüßen

Manfred Krines


Die Zukunft im Bauwesen.... - ein ausführlicher Stellungnahme über die Leitfäden und die Sachstandsberichte der Bundesregierung kann unter "Aktuelles/News" auf den Internetseiten der ÖkoPlus AG eingesehen werden. www.oekoplus.de

Weitere Infos sind auch unter www.umweltrat.de zu finden.

Anlage : Kriterienliste zur ganzheitlichen Baustoffklassifizierung

KRITERIENLISTE AGENTUR 21
ZUR GANZHEITLICHEN BAUSTOFFKLASSIFIZIERUNG

A. Allgemeine Anforderungen an Baustoffe, Bauhilfsstoffe und Gebäudeeinrichtungen

A 1 * Klassisch reine Baustoffe wie z.B. Holz, Lehm, Kalk, Gips, Keramik, Ziegel, Kalksandstein, Beton (ohne Filterstaub) , sowie Metalle in der reinen Form sind gegenüber den Kunststoffen und Verbundmaterialien zu bevorzugen.

A 2 * Einfache Verbindungen mit leichter Trennbarkeit wie z.B. Schraub- und Nagelverbindungen, schuppenförmige Dacheindeckungen, Fassadenverkleidungen aus Plattenmaterial sind gegenüber Klebeverbindungen zu bevorzugen.

A 3 * Bauprodukte die mit einfachen Maßnahmen und geringem Energieaufwand herstellbar sind und die Produkteigenschaften damit wesentlich verbessern oder das Rohstoffpotential optimal nutzen wie z.B. Porenziegel, Stahlbeton, Spannbeton, Fertigmörtel, Leimbinder, Holzfaserplatten, Holzwerkstoffplatten, Gipsplatten, verzinkter Stahl sind mit der entsprechenden Volldeklaration darzustellen.

A 4 * Problematische Mischbaustoffe sind zu vermeiden, wie z.B. Kunststoffe aller Art, Dichtmittel, Porenbeton, konventionelle Spanplatten, Dachbahnen, konventionelle Spachtelmassen, Teppichböden mit Schaumrücken, Glasfaser- und Vinyltapeten, Injektionsdübel, Kleber, Farben, Lacke, mit synthetischen Inhaltsstoffen etc.

A 5 Produkte mit toxischen Substanzen deren synergistische Wirkungen nicht ausreichend erforscht sind, wie z.B. Kunstharze, Formaldehyd, Isocyanate, Phenole, Insektizide, Pestizide, Styrol, Toluol, Glykole, Weichmacher, Schwermetalle etc. sind in Innenräumen zu vermeiden.

A 6 Bei der Produktauswahl und in den Verarbeitungsphasen ist das Kreislauf-wirtschaftsgesetz und das Abfallbeseitigungsgesetz in allen Punkten zu beachten, ebenso wie die MAK, MIK, MRK- Verordnungen mit ihren jeweiligen Grenzwerten.

A 7 Die Bestimmungen über VOC-Belastungen müssen in allen Phasen der Herstellung und Nutzung eingehalten werden, ebenso wie die jeweils niedrigsten Werte der GISCODE und EMICODE Klassifizierung und frei von Hochsiedern sein.

A 8 Die Baustoffe und Materialien sind so zu wählen, daß ein ausgeglichenes Raumklima mit ausreichendem Sorbtionsverhalten und guter Feuchtepufferung entsteht, der durch das Feuchtetransportverhalten der Baustoffe unterstütz wird.
Bei den raumumschließenden Oberflächen ist der Selbstreinigungseffekt der Raumluft und das neutrale elektrostatische Verhalten das Kriterium bei der Materialauswahl.

A 9 Im Brandfall dürfen während der Feuerwiderstandszeit keine giftigen Gase durch die Baustoffe und Materialien freigesetzt werden. Die Radioaktivität der Materialien ist zu prüfen.

A 10 Bei der Auswahl der Baustoffe und Materialien sind immer die Produkte zu bevorzugen, die sich im Produktlebenszyklus als besonders umwelt- und energiefreundlich darstellen können und nach dem Gebrauch weiter verwendet, oder problemlos in den natürlichen Kreislauf zurück geführt werden können.

* In Anlehnung an den Leitfaden :
"Umweltgerechtes und wirtschaftliches Bauen und Einrichten im Handel"
des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE) 01/2000



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