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 ECO-News - die grüne Presseagentur
Presse-Stelle:  Deutscher Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände (DNR) e.V., D-53177 Bonn
Rubrik:Naturschutz    Datum: 7.04.2001
Informeller Ministerrat für Agrarpolitik (8./10. April):
Ethische, ökologische & sichere Lebensmittel - Umsteuern oder Taktieren?
Neben den aktuell brennenden Themen, vor allem MKS und BSE, wollen sich die Agrarminister auf ihrem informellen Treffen im schwedischen Öresund Zeit für grundsätzliche Überlegungen zu einer Agrarwende nehmen. Grundlage der Aussprache wird ein Arbeitsdokument der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft sein, welches die Ergebnisse der Konferenz "Food Chain 2001 - Safe, Sustainable and Ethical" zusammenfaßt, die am 14.-16. März in Uppsala stattfand.

Zur Produktionsseite faßt das Arbeitspapier die derzeitige Debatte um extensive versus intensive Landwirtschaft, Groß- versus Kleinbetriebe, Re-Regionalisierung und EU- bzw. Weltmarkt zusammen. Hierzu stellt es an die Ministerrunde vier Fragen:

- Wenn die Intensivierung der Europäischen Landwirtschaft wirklich zugenommen hat, auf welche Faktoren ist dies zurückzuführen, und welche dieser Faktoren wurzeln im politischen Raum?
- Welche Auswirkungen haben die zunehmenden Konzentrationsbewegungen auf allen Ebenen der Nahrungskette? Was sind die treibenden Kräfte der Nahrungsmittelherstellung?
- Stellen großbäuerliche Betriebe und Agrarfabriken ein Problem dar, und sollten Betriebsgrößen bei Agrarbeihilfen berücksichtigt werden?
- Welche Faktoren bestimmen maßgeblich die Qualität von Nahrungsmitteln, und gibt es einen Zusammenhang von Qualität und nachhaltigen Produktionsweisen?

Auf der Verbraucherseite faßt das Arbeitspapier die Erwartungshaltungen der Konsumenten (Auswahl und Angebot, Sicherheit, Qualität, Einhaltung ethischer Mindeststandards) zusammen. Daraus leitet die schwedische Ratspräsidentschaft zwei Fragen an die Minister ab:
- Welche Faktoren bestimmen die Verbrauchernachfrage und -erwartungen? Welcher Zusammenhang besteht zwischen Lebensmittelqualität und Preisen?
- Wie soll die Agrarpolitik ausgestaltet werden, um zu gewährleisten, daß die richtigen Marktsignale die Erwartungshaltungen zwischen Verbrauchern und Produzenten übersetzen?

Gleichzeitig unterstreicht das Arbeitspapier die Rolle der Gesellschaft, da Marktsignale alleine die Einhaltung der Ziele Umwelt- und Naturschutz, Ethik, Lebensmittelqualität und Sicherheit nicht gewährleisten könne. Nicht die Politik alleine, sondern auch Verbraucher und Produzenten müßten ein Umsteuern mit tragen. Hierzu stellt die Präsidentschaft zwei weitere Fragen:

- Welche Rolle kann die Gesellschaft spielen? Sind die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für ein Umsteuern geeignet?
- Wie können die kollektiven Interessen der Gesellschaft gewährleistet werden? Sollte sich die Agrarpolitik auf die Förderung des ökologischen Landbaus oder die ökologische Reform der konventionellen Agrarwirtschaft konzentrieren?

Der Bericht zur oben erwähnten Konferenz ist eine Mischung zwischen Situationsbeschreibung und Verständnisäußerungen für die öffentliche Erregung einerseits und Beharrungstendenzen andererseits. Wichtige Probleme werden ausgelassen, einige umweltpolitisch fragwürdige Argumente weitergeführt - insgesamt entsteht eher der Eindruck einer neuen Taktik und Kommunikationsstrategie als wirklich neuer Inhalte und Ziele. Zum Konferenzbericht, der ja die Grundlage der Ministeräußerungen sein soll, im einzelnen:

- Die Agenda 2000, die unter deutscher Präsidentschaft im März 1999 in Berlin beschlossen wurde, hat die zwei Hauptfragen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), nämlich Produktionsquoten und Direktzahlungen, nicht gelöst. Der Konferenzbericht erkennt an, daß Ausgleichszahlungen zeitlich begrenzt und die finanzielle Unterstützung von der Produktion abgekoppelt werden sollten, um so dem Erweiterungsprozeß und den WTO-Verhandlungen gerecht zu werden. Damit tragen diese Sachzwänge dazu bei, daß sich die Agrarminister den Forderungen der Umweltverbände annähern, Ausgleichszahlungen an konkrete Umweltauflagen zu binden, und die Subventionierung der am Weltmarkt ausgerichteten Betriebe zurückzufahren.

- Der Konferenzbericht behandelt auch die Sicherung der Nahrungsmittelversorgung als Überlebensfrage für Menschen vor allem in den Entwicklungsländern, und thematisiert in diesem Zusammenhang die Armutsproblematik. Leider läßt es der Bericht jedoch aus, den bestehenden Zu-sammenhang zwischen Landnutzungsrechten und der ungleichen Verteilung von Landeigentum, Armut und Unterernährung herzustellen.

- Ärgerlich ist auch, daß der Konferenzbericht das immer wieder von der Agrarlobby vorgebrachte Argument wiederholt, es gäbe keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege für die vom Verbraucher "vermuteten" positiven Gesundheits- und Umwelteigenschaften von Produkten aus dem ökologischen Landbau.

- Der Konferenzbericht möchte die Information des Verbrauchers hinsichtlich neuer Nahrungsmittel (gemeint, wenn auch nicht genannt, sind hierbei gentechnisch veränderte Produkte) verbessern, wobei - nicht zum ersten Mal - vorausgesetzt zu werden scheint, daß der Verbraucher Gen-Produkte akzeptieren würde, wenn er nur die "richtigen" Informationen vermittelt bekäme. Dieser eher manipulativ wirkende Ansatz entspricht nicht den Zielen der Umweltverbände, die klare, nachvollziehbare, verläßliche Informationen über Nahrungsmittel und ihre Ingredienzen fordern.

Bedenklich ist in dem Zusammenhang auch das dem Konferenzbericht zuoberst vorangestellte Ziel, die "wachsende Kluft zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem Kenntnisstand der breiten Öffentlichkeit" zu überbrücken - dies fügt sich ein in eine Gesamtbewegung auf EU-Ebene, die sich in mehreren Politikbereichen zunehmend gegen das Vorsorgeprinzip formiert.

"Grundsatzdebatten machen nur Sinn, wenn der politische Mut und Wille und das Know-How zusammengesammelt wird, konkrete Umsteuerungsmaßnahmen zu ergreifen", so Helmut Röscheisen (Generalsekretär des DNR), "dies ist aber im EU-Agrarministerrat derzeit kaum zu erkennen."


Ministerrat für Allgemeine Angelegenheiten am 9.-10. April:


Umweltintegration, Transatlantische Beziehungen, Informationsrechte


Am 9. April wird ein gemeinsames Ministertreffen der EU-Außenminister mit ihren Kollegen aus Estland, Grönland, Litauen, Lettland, Norwegen, Polen und Russland mit dem Schwerpunkt die "Nordischen Dimension Europas" stattfinden, an dem Beobachter u.a. des EP, des WSA, des AdR, verschiedener europäischer Banken und Finanzagenturen (EBRD, EIB, NIB und IBRD) und Delegierte aus den USA und Kanada teilnehmen.

Themenübersicht
Auf der Tagesordnung stehen außerdem:
- Nachbereitung des Europäischen Rates von Stockholm im März;
- Umweltintegrationsbericht des Allgemeinen Rates;
- Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlamentes (EP), der Europäischen Kommission und des Rates;
- Kommissionsmitteilung zum Transatlantischen Dialog und die Beziehungen zwischen EU und USA;
- Mehrjähriges Programm zur Kooperation im Energiesektor (1998-2002; Synergy)
- Situation auf dem Balkan;
- Erweiterung.

Nachfolgend einige Berichte zu den auf der Tagesordnung des Allgemeinen Rates stehenden Themen, die in der nächsten Ausgabe des DNR EU-Rundschreibens (4/2001) erscheinen werden. Die im 2. Artikel dargestellte Verhandlungsposition der Bundesregierung / des AA zu Transparenz und Informationsrechten verdient - auch aus Sicht der Medien selber - besonderes Interesse.


Berichtsentwurf zur Umweltintegration im Allgemeinen Rat und der EU-Außenpolitik


Auf Grundlage von Vorarbeiten durch die Europäische Kommission und externen Beratungsinstituten liegt jetzt zum ersten Mal ein Dokument vor, welches sich der Problematik der Umweltpolitikintegration in der EU-Außenpolitik stellt. Der Berichtsentwurf vom 15. März (15 Seiten; beim EEB und DNR per Fax zu beziehen) wird auf der April-Sitzung des Allgemeinen Rates der EU-Außenminister besprochen werden, und soll dem Europäischen Rat im Juni in Göteborg abschließend vorgelegt werden. Der Bericht enthält einige gute Ansätze und Grundlagen für die weitere Arbeit, aber auch grundsätzliche Schwächen und Lücken.

Eine detaillierte Kommentierung des Berichtsentwurfs liegt auf Englisch von der DNR-EU-Koordination vor.


Grundsätzliche Schwäche des Dokuments ist die Vermischung von Umweltintegration und Nachhaltigkeit, sowohl in der Zielformulierung von Bericht und späterer Integrationsstrategie als auch durchgängig in mehreren Textpassagen (vor allem denen zur Handelspolitik als auch zur EU-Mittelmeerpartnerschaft). Zu verbessern ist in der Zielformulierung auch, daß im jetzigen Entwurf der Sprache nach eher negative Auswirkungen von Umweltproblemen auf die Außenpolitik vermieden werden sollen, als daß die Außenpolitik möglichst umweltverträglich gestaltet werden soll.

Positiv zu bewerten ist die klare und umfassende Struktur des Berichts, die wirklich alle Felder der EU-Außenpolitik systematisch erfaßt, auch wenn die Inhalte unter den einzelnen Überschriften dann sehr unterschiedlich entwickelt sind. Hierzu gehören:

- Querschnittsthemen im Zusammenhang zur Umweltintegration, z.B. Konfliktprävention und Krisenmanagement, Flüchtlingsproblematik, multilaterale Politiken im Rahmen der UN inklusive Handelspolitik und WTO sowie Vorsorgeprinzip.

- Dialoge mit Industrieländern, vor allem transatlantische Agenden (USA, Kanada) und Asien & Pazifik (Japan, Korea, China, Australien, Neuseeland, China). Die Zeilen zur transatlantischen Dimension, vor allem den umweltpolitischen Konflikten zwischen EU und USA, gehören zu den schwächsten Sektionen des Berichtsentwurfs.

- Nördliche Dimension der EU.

- EU-Erweiterung: Hierzu fordert der Berichtsentwurf einerseits, daß es nicht nur wichtig sei, daß die Beitrittsstaaten nur den Umwelt-Acquis übernehmen, vielmehr müßten außerdem Umweltaspekte auch bei der Übernahme der anderen Kapitel des Acquis berücksichtigt werden (Anmerkung: Dies ist in den Verhandlungen derzeit keineswegs der Fall). Andererseits unterstreicht der Bericht explizit, daß in die Verhandlungen zum jetzigen Zeitpunkt keine neuen Bedingungen eingeführt werden könnten.

- Die Balkanpolitik, deren Umweltdimension vor allem aus Katastrophenschutz sowie dem Problem des abgereicherten Urans zu bestehen scheint.

- Die EU-Politik gegenüber der Gemeinschaft unabhängiger Staaten und das TACIS-Programm. Interessanterweise wird in diesem Abschnitt die atomare Sicherheit nicht erwähnt.

- Die "Gemeinsamen außenpolitischen Strategien" der EU, die - sollten sie überhaupt weiterentwickelt werden - in Zukunft einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterworfen werden sollen.

- Die Entwicklungspolitik der EU. Dieses Kapitel verweist weitgehend auf die Umweltintegrationsbemühungen im EU-Entwicklungsministerrat (Sonderteile 4,5,10,12/2000, 2,3/2001).

- Der Barcelona-Prozeß, d.h. die EU-Mittelmeerpolitik und das MEDA-Programm. Diese Passage des Berichts betont sehr stark handels- und wirtschaftspolitische Aspekte.

- ASEM-Dialog (Ost- und Südostasien); Dialog mit Lateinamerika

Das Berichtskapitel zur Indikatorenentwicklung ist nur sechs Zeilen lang, und sieht bislang lediglich Indikatoren hinsichtlich des Politikfortschritts vor (wieviele außenpolitische Abkommen wurden einer UVP unterworfen?), aber keine substantiellen Indikatoren zur Messung der Umweltverträglichkeit der EU-Außenpolitik. Jedoch ist es in Sachen Indikatoren positiv zu bewerten, daß die Entwicklung von Zielen, Zeitplänen und Indikatoren sowie Methoden für Umweltverträglichkeitsprüfungen (bzw. Nachhaltigkeitsbewertungen) an verschiedenen Stellen des Textes vorgesehen ist.

Zu begrüßen ist zudem im Entwurf der Ratsschlußfolgerungen, daß die Europäische Kommission aufgefordert wird, bis zum Ende des Jahres 2001 einen ausgearbeiteten Vorschlag für eine Umweltintegrationsstrategie für den Allgemeinen Rat vorzulegen, und daß im Rat regelmäßige Fortschrittsprüfungen ab dem Jahr 2002 vorgenommen werden sollen.

Internes Arbeitsdokument der Kommission
Zur Umweltintegration in der EU-Außenpolitik existiert auch ein internes Arbeitsdokument der Kommission vom 15. März, in welchem für einzelne Themenfelder (z.B. Abrüstung) Bestand aufgenommen wird, welche Maßnahmen schon ergriffen wurden, und welche Maßnahmen im nächsten Schritt noch erforderlich sind.

Weitere Informationen:

- Institut für europäische Umweltpolitik, IEEP
Tel. 0044 / 20 / 77992244
eMail: central@ieeplondon.org.uk

- Andreas Kramer, Ecologic
Tel.030 / 8688-00
eMail: kraemer@ecologic.de

- Anja Köhne, DNR


Streit um Zugang zu Informationen auf EU-Ebene (Art. 255 Amsterdamer Vertrag):


Auswärtiges Amt will "Transparenzverhinderungsverordnung"


Die schwedische Ministerin für Verfassungs- und Administrative Angelegenheiten, Britta Lejon, hat in einer Ansprache am 5. Februar vor dem zuständigen EP-Ausschuß die Pläne der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft zum Zugang zu Informationen in der EU verdeutlicht. Diese beziehen sich vor allem auf die fristgerechte Umsetzung des Art. 255 des Amsterdamer Vertrag bis zum Mai diesen Jahres. Die kontroversen Verhandlungen zwischen Rat, Kommission und Parlament lassen allerdings derzeit befürchten, daß das letztendliche Ergebnis der Umsetzungsversuche noch hinter den derzeitigen Status Quo zurückfallen könnte.


Das Verfahren
Der Artikel 255 des Amsterdamer Vertrags regelt den Zugang zu Dokumenten in der EU. Konkrete Regeln hierzu sollen laut Beschluß von Amsterdam bis 1. Mai 2001 festgelegt werden.

Allerdings wurde die Erarbeitung von Regelungsvorschlägen durch die Europäische Kommission durch den Rücktritt des letzten Kommissionskabinetts Anfang 1999 verzögert, so daß ein Kommissionsvorschlag erst im Februar 2000 vorgelegt werden konnte. Zu diesem Kommissionsvorschlag hat das Europäische Umweltbüro (EEB) am 17. März 2000 (s. Internet: www.eeb.org) einen stark kritischen Kommentar vorgelegt.

Ein Kompromißvorschlag als Basis für die Verhandlungen zwischen Rat, Kommission und Europäischem Parlament - die Angelegenheit unterliegt dem Mitentscheidungsverfahren - wurde im Herbst 2000 von der französischen Ratspräsidentschaft vorgelegt.

Im November 2000 hat das Europäische Parlament (EP) seine 1. Lesung nicht offiziell abgeschlossen, um die 2. Lesung zu verzögern. Dies sollte den beiden zuständigen Berichterstattern Cashman und May-Weggen Gelegenheit geben, mit dem Rat einen Kompromiß zu erzielen; außerdem wollte man den Cashman-Bericht zur Umsetzung des Art.255 abwarten. Seit Dezember 2000 laufen daher die trilateralen Gespräche zwischen Rat, EP und Kommission ("Trilog"); das letzte informelle Treffen des "Trilogs" fand am 24. Januar 2001 statt.

Bei einer Anhörung im EP, die von Statewatch und der Europäischen Journalistenföderation (EFJ) am 27. Februar veranstaltet wurde, wurde deutlich, daß die Lücke, die zwischen der derzeitigen Positionsfindung in der Ratsgruppe einerseits und den EP-Positionen vom November andererseits bestehen, noch erheblich ist (s.u.). Das EP verschiebt daher seine abschließende Abstimmung immer weiter nach hinten; derzeit auf April. Bei der abschließenden Abstimmung steht u.U. zu befürchten, daß das EP mit seiner Position mehr in Richtung Ratsposition rückt, vor allem, wenn der Druck auf die Europaabgeordneten durch ihre nationalen Heimatregierungen verstärkt würde.

Die Europäische Kommission möchte einer Stärkung ihres ursprünglichen Entwurfs zum jetzigen Zeitpunkt wohl nicht zustimmen, sondern setzt auf mögliche Nachbesserungen in unbestimmter Zukunft.

Der Allgemeine Rat hat auf seiner Sitzung am 19./20. März dazu nur Beschlüsse zum weiteren Vorgehen gefaßt. Innerhalb des Rates ist bis auf einige wenige Punkte die Meinungsbildung abgeschlossen, ob diese Punkte allerdings bis zur Ratssitzung im April gelöst werden, ist nicht sicher. Bis zum im Amsterdamer Vertrag gesetzten Datum im Mai wird die Verabschiedung wohl nicht gelingen, eventuell jedoch noch unter schwedischer Ratspräsidentschaft. (s. Pressehintergrundinformationen der DNR EU-Koordination zum Allgemeinen Rat, > www.dnr.de/neu/dnr_news/index_en.htm).

Zu den Inhalten und Streitpunkten
Auf dem Treffen des Trilogs am 24. Januar wurden sechs zu klärende Themenfelder identifiziert:

- Definition von "Dokumenten";
- Umgang mit Dokumenten, die von Dritten stammen;
- Anwendbarkeit der auf EU-Ebene erarbeiteten Regeln in den Mitgliedsstaaten;
- Ausnahmen aus Gründen der Geheimhaltung (s.u.);
- Klassifizierungssysteme (s.u.);
- Spezialverfahren für den Umgang mit sensiblen Dokumenten.
Davon sind die Ausnahmeregelungen sowie die Auflagen für Mitgliedsstaaten am heftigsten umstritten.

Das Europäische Parlament (EP) setzt sich für eine klarere Sprache des Kompromißvorschlags ein, vor allem präzisere Ausnahmeregelungen, sowie für eine bessere demokratische Kontrolle durch das EP und die aktive Bereitstellung von Informationen, vor allem per Internet. Außerdem haben EP-Sprecher unterstrichen, einen Rückschritt gegenüber dem jetzigen Status Quo (s. Kritik der NRO) nicht zulassen zu wollen; vielmehr schlägt das EP die Weitergestaltung des Gesetzesentwurfs und Überführung in einen "Freedom of Information Act" vor.

Zur Umsetzung des Art.255 gibt es eine tiefe Kluft im Rat. Dänemark, Finnland, Schweden und die Niederlande sind die einzigen Länder, die sich für eine Verbesserung des Zugangs zu Dokumenten in der EU einsetzen, wobei Schweden sich durch seine EU-Ratspräsidentschaft zu neutralem Verhandlungsverhalten verpflichtet fühlt. Deutschland zählt - neben Frankreich und der Südschiene der EU - zu den Ländern, die sich am deutlichsten für schwächere Transparenzregeln einsetzen (s. auch Artikel in Teil 2 dieses EU-Rundschreibens sowie Bericht zum Allgemeinen Rat im Sonderteil). Diese Staaten fordern erhebliche Einschränkungen, vor alle auch eine breite Definition sensibler Dokumente, für die hohe Geheimhaltungsvorschriften festgelegt werden sollen. Diese Restriktionen liegen u.a. in dem Vorrang begründet, den verschiedene Mitgliedsstaaten - u.a. das deutsche Auswärtige Amt - der Etablierung einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU geben. Ein weiterer Grund für die eher restriktive Haltung der Bundesregierung bzw. des Auswärtigen Amts ist die in der deutschen Politiktradition wurzelnde Betonung des Datenschutzes.

Besonders interessant ist aus deutscher Sicht auch folgender Streitpunkt: Art. 5.5 des Kommissionsvorschlags behandelt den Umgang mit Dokumenten durch dritte Institutionen, d.h. Institutionen, die nicht Verfasser des betreffenden Dokuments sind. Deutschland und andere Blockiererstaaten plädieren in den Verhandlungen auf Arbeitsebene dabei für das "Urheberprinzip", d.h. Behörden der Mitgliedsstaaten dürften keine EU-Dokumente weitergeben, das Europäische Parlament keine Kommissionsdokumente usw. Das Urheberprinzip ist aber in der Bundesregierung selber umstritten, zumal eine solche Regelung noch hinter den derzeitigen Regelungen des deutschen Umweltinformationsgesetzes zurückfallen würde.

In allen Mitgliedsstaaten erfährt der Konflikt zu wenig Aufmerksamkeit, vor allem von seiten der nationalen Parlamente und der Öffentlichkeit. Auch in Deutschland agierte das Auswärtige Amt (AA), welches die Bundesregierung in dieser Sache vertritt, bislang weitgehend unbeobachtet von Zivilgesellschaft und Parlament, obwohl die von den Deutschen vertretenen Positionen mit dem Eintreten des AA unter dem grünen Außenminister Fischer für ein "offenes Europa" und den "zivilgesellschaftlichen Dialog" (z.B. Forum Globale Fragen, RS 5/99) - zumindest nach Verständnis der NRO - wenig kohärent scheinen. "Aber wo kämen wir denn hin, wenn sich jeder Bürger selbst ein Urteil bildete, fragt besorgt die deutsche Bundesregierung. Schon der Autor eines Dokuments müsse dessen Geheimhaltungsstufe bestimmen können. Sie argumentieren mit einem Beispiel: Jüngst habe der Kanzler einen Brief an Kommissionspräsident Prodi geschrieben (Anmerkung der DNR-Redaktion: Prodi stellt seine gesamte Korrespondenz ins Internet), und der habe den doch glatt veröffentlichen wollen" (TAZ, 19.3.2001) - aber an der Homepage der EU kann sich die Bundesregierung eh ein Beispiel nehmen.

Kritik der Zivilgesellschaft und der Journalisten
Das Europäische Umweltbüro (EEB) hat sich, zusammen mit anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen (u.a. Statewatch und European Federation of Journalists/EFJ), angesichts der verfahrenen Verhandlungen an den schwedischen Premierminister gewandt, und diesen darum gebeten, das Thema zur Aussprache auf die Tagesordnung des Stockholmer Rates der EU-Regierungschefs am 23./24. März (s. Sonderteil) zu bringen. Zudem solle das Thema auch im Rahmen der Debatten um "Good Governance" (Gute Regierungsführung; RS 3/2001) behandelt werden.

Auch die derzeit fortschrittlicheren Positionen des EP enthalten nach Auffassung der NRO gefährliche Schwächen. Z.B. sieht auch das EP umfassende Klassifizierungen vor (top secret, geheim, vertraulich, eingeschränkt zugänglich), und räumt Beamten zuviel Spielräume bei der Zurückhaltung von Informationen im Vorfeld politischer Entscheidungen ein (s. Entscheidung des Bürgerbeauftragten Södermann in der FoE-Beschwerde gegen die Kommission; unten). Probleme stellen auch die Definition von Dokumenten sowie die Regelung zu Dokumenten von Drittparteien dar. Vertreter von Statewatch würden den Abschluß der 1. Lesung im EP (s.o.) vor einer weiteren Vertagung vorziehen, da auf diese Weise auch die Konfliktlinien für die breite Öffentlichkeit transparenter würden.

Nach Auffassung vieler NRO-Vertreter wäre es besser, beim derzeitigen Verhaltenskodex der Kommission zu bleiben, und die jetzt diskutierte Umsetzung des Art. 255 kollabieren zu lassen, da es derzeit so scheint, als würden die Verhandlungen vor allem zwischen Rat und Parlament zu einem Kompromiß führen, der letztendlich schlechter wäre als der derzeitig gültige Verhaltenskodex zum Zugang zu Informationen, welcher in den frühen 90er Jahren von der Kommission eingeführt worden war (RS 8/93).

Über den Artikel 255 hinaus weiterführende Pläne der schwedischen Ratspräsidentschaft
Die schwedische Präsidentschaft setzt sich dafür ein, daß die Informationspolitik der EU, welche in Artikel 255 noch nicht angesprochen wurde, ebenfalls weiterentwickelt wird. Hierzu gehört die Erstellung eines umfassenden Leitfadens zu EU-Informationen für die Bürger. Die schwedische Präsidentschaft unterstützt außerdem den EP-Vorschlag für einen "Freedom of Information Act". Zudem möchte die Präsidentschaft dafür sorgen, daß das EP Zugang zu klassifizierten Informationen aus der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik erhält. Auch bessere Durchsetzungsmechanismen, verbesserte Register und den Zugang zu Dokumenten durch elektronische Medien will die schwedische Präsidentschaft eingeführt sehen. Die Regeln müßten außerdem regelmäßig überarbeitet werden, da a) die EU wenig Erfahrungen mit öffentlicher Transparenz habe, b) der Fortschritt der technischen Möglichkeiten sowie die Veränderungen der Politikfelder und Entscheidungsprozesse dies nötig mache.

Abschließend betonte Lejon in ihrer EP-Rede hinsichtlich der Verwirklichung des Zugangs zu Dokumenten, daß die diesbezügliche Fortbildung innerhalb der Institutionen und ihrer Angestellten von zentraler Bedeutung sei (s. auch Editorial). Außerdem müßten die EU-Bürger besser über ihre Informationsrechte und -möglichkeiten informiert werden, damit diese von ihnen auch genützt würden.

Weitere Informationen:

- Schwed. Außenministerium
eMail: askeu2001@foreign.ministry.se
Hier ist der volle Wortlaut der Rede der Ministerin zu beziehen.

- Cashman und May-Weggen, MdEP
Tel. 0032 / 2 / 284-5867, 3 -9867
eMail: jmaij@europarl.eu.int

- Tony Bunyard
Statewatch
Internet: www.statewatch.org

- Ralph Hallo, SNM
Tel. 0031 / 30 / 23 3 1-328
eMail: r.hallo@snm.nl

- John Hontelez, EEB
Tel. 0032 / 2 / 289109-0, 3-9

- Auswärtiges Amt (Referat E-01)
Dr. Berg, Anja Luther
Tel. 01888 / 17-4096, ( -4756
Fax: -54096, -54756

- Anja Köhne, DNR


Kommissionsmitteilung zu transatlantischen Beziehungen


Die Europäischen Kommissare für Außenpolitik, Chris Patten, und für Handelspolitik, Pascal Lamy, haben am 21. März eine Mitteilung zur Stärkung der transatlantischen Beziehungen im Rahmen der Neuen Transatlantischen Agenda (NTA; s. Sonderheft des DNR zur Transatlantischen Umweltpolitik sowie RS 1/2001, 2,5,10/2000) veröffentlicht, die vor allem darauf abzielt, die Abstimmungsprozesse der EU-US-Kooperation effizienter zu gestalten. Dazu sollen die Aktivitäten "gestreamlined" sowie klarere Prioritäten gesetzt werden, und die Tagesordnungen für die halbjährlichen Gipfeltreffen entschlackt werden.

Patten und Lamy schlagen folgende strategische Prioritäten vor:
- Entstehende sicherheitspolitische Herausforderungen;
- Globalisierung und die multilateralen Handelssysteme;
- Kampf gegen organisiertes Verbrechen;
- Energiepolitische Themen;
- Verbaucherschutz;
- Makroökonomische Fragen;
- Armutsbekämpfung in Entwicklungsländern;
- Die digitale Wirtschaft.

Patten und Lamy unterstreichen, daß "Umweltschutz sowohl in sich selber eine Priorität sei als auch ein integraler Aspekt mehrerer der genannten Prioritäten"; explizit angesprochen wird dabei vor allem der Klimaschutz.

Zur Demokratisierung der NTA schlagen die Kommissare eine Stärkung der Kontakte zwischen den Parlamenten vor. Zur Einbeziehung der Zivilgesellschaft fällt der Kommission nicht viel ein, ihr scheint sogar noch nicht einmal aufgefallen zu sein, daß z.B. der Transatlantische Umweltdialog (TAED), dessen Stärkung die Kommissionsmitteilung zusammen mit den anderen zivilgesellschaftlichen Dialogen vorsieht, derzeit nicht existiert (RS 1/2001). Viel Aufmerksamkeit verwendet die Kommissionsmitteilung dagegen in die weitere Verbesserung der Transatlantischen Wirtschaftspartnerschaft (TEP), die von NRO heftig abgelehnt wird.

Studie zu deutsch-US-Beziehungen unter Bush
Das American Institute for Contemporary German Studies (AICGS) der John Hopkins Universität in Washington hat kürzlich eine Studie mit dem Titel "Germany and the United States: Considerations for a the New Administration" veröffentlicht. Die Studie ist recht allgemein gehalten, und faßt im Kapitel Umweltfragen vor allem Konflikte zur internationalen Klimapolitik und Biotechnogie zusammen. Vor allem im Vorfeld zu Rio+10 (RS 3/2001) sieht das AICGS dabei unter der neuen US-Administration ein hohes Eskalationspotential. (AK)

Weitere Informationen:
Internet: www.europa.eu.int/comm/external_relations/us
/news/ip_01_421.htm
Internet: www.europa.eu.int/comm/external_relations/us
/new_transatlantic_agenda/com01_15
- AICGS
Tel. 001 / 202 / 332-9312
eMail: info@aicgs.org, Internet: www.aicgs.org
- TAED-Website
Internet: www.taed.org und www.eeb.org
- Anja Köhne, DNR









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