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Presse-Stelle:  Der Spatz - Alternativer Anzeiger für Bayern, D-80999 München
Rubrik:Umweltschutz    Datum: 12.07.2000
Wasser ist kostbarer als Gold
Sind Arbeitsplätze wichtiger als sauberes Trinkwasser?
von Norbert Suchanek

In diesem Jahr stand der Weltwassertag im Zeichen einer Giftkatastrophe, die in Europa ihresgleichen sucht. Der Bruch eines gemeingefährlichen Rückhaltedammes für tödliche Zyanidabwässer der Goldmine von Baia Mare in Rumänien führte zur Verseuchung von Theiß, Donau und Schwarzem Meer. Wer glaubt, daß die verbrecherische Goldmine ein Überbleibsel ehemaliger Ostblocktechnik war, befindet sich aber auf dem Holzweg.

Die Goldmine von Baia Mare ist ein nagelneues australisches Investitionsprojekt, das ohne den Fall des Eisernen Vorhangs gar nicht möglich gewesen wäre. Denn so wurde aus dem Ostblockstaat Rumänien ein ganz normales "Entwicklungshilfeland", in dem internationale Unternehmen machen können, was sie wollen. Erst im April 1999 hatte die skrupellose australisch-rumänische Goldmine ihren umweltschädlichen Betrieb aufgenommen. Daß damit eine Katastrophe vorprogrammiert war, wußten nicht nur "weltfremde" Umweltschützer. Betreiber und Manager der Goldmine wußten dies ebenso, doch es war ihnen egal, weil es ihnen auch in den anderen Entwicklungsländern bisher egal war. Und deren überforderte Regierungen lassen sich leicht einreden, daß umweltschädliche, Wasserressourcen zerstörende Arbeitsplätze besser seien als gar keine Arbeitsplätze.

Baia Mare ist kein Einzelfall

"Baia Mare ist nur die Spitze des Eisbergs", sagt Johannes Rohr, Koordinator der Gold-Kampagne der Menschenrechtsorganisation FIAN anlässlich des Weltwassertags. Zu diesem "Gedenktag" wandten sich die Vertreter von vierundzwanzig Dörfern - Opfer der Omai-Goldmine im Regenwald des südamerikanischen Guayana - an FIAN mit der Bitte um Unterstützung für ihren Kampf um den Zugang zu sauberem Trinkwasser. Beim Dammbruch der Omai-Mine waren im August 1995 etwa 40mal mehr Zyanidschlacke in den größten Fluß Guayanas gelangt, als im Fall von Baia Mare. Deutschland interessierte sich nicht dafür, obwohl das ausgelaufene Zyanid von der deutschen Firma Degussa stammte. Degussa macht weiter gute Geschäft mit solch skrupellosen Gold-Minen-Unternehmen, während der Fluß Essequibo bis heute unter der Giftkatastrophe in Guayana leidet. Die Fischbestände, so Fian, liegen viermal niedriger als vor dem Dammbruch. Unterernährung und Krankheiten breiten sich aus. Ein paar Jahre zuvor geschah eine ähnliche Katastrophe am Ok Tedi-Fluß im Westen Papua Neuguineas. Das Wasserökosystem des Ok Tedi und Fly-River wurde tödlich vergiftet. Fische, Krokodile, Schildkröten: alle Tiere des Ok Tedi verendeten, die Menschen litten.
Fian: "Die Vergiftung des Trinkwassers durch die Goldgewinnung ist nur ein Beispiel für den sorglosen Umgang mit Trinkwasser. Vergiftetes Trinkwasser ist eine Verletzung der Menschenwürde und speziell des Menschenrechts auf Nahrung. Vergiftetes Trinkwasser ist eine Hauptursache für die hohe Kindersterblichkeit in armen Ländern."

Fakten: Wasser, Gold und Degussa

Pro Jahr werden 500.000 Tonnen Zyanid zur Goldgewinnung eingesetzt. Je Gramm Gold werden 1 Tonne giftiger Abraum produziert und rund 500 Liter Wasser vergiftet. 80 Prozent des weltweit geförderten 2.400 Tonnen Gold jährlich stammen aus der gefährlichen Zyanidlaugung. 50 Prozent des Goldes wird aus dem Land indigener Völker (Ureinwohner wie den Papuas) gefördert. Die deutsche Degussa-Hüls AG produziert Jährlich 130.000 des Giftes. Sie ist weltweit die Nummer 1 unter den Zyanid-Zuliefern für "verbrecherische" Goldminen wie Baia Mare. Etwa 100.000 Tonnen Gold lagern in den Banken. Einige Banken - auch die Deutsche Bank - finanzieren Goldminen, die in der Realität keine Rücksicht auf Umwelt und lokale Bevölkerung nehmen. Degussa ist übrigens die Abkürzung von "Deutsche Gold- und Silberscheideanstalt."

Vergiftetes Wasser gibt's nicht nur im Ausland. Zwar haben wir in Deutschland das Glück noch über zahlreiche saubere Grundwasservorkommen zu verfügen, dennoch versuchen unsere bauernverband- und chemiehörigen Landwirte, gemeinsam mit Industrie und rücksichtslosen oder ignoranten Landes- und Gemeindepolitikern scheinbar alles, um diesen Zustand zu beseitigen. Weshalb sich der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Jahr für Jahr genötigt sieht, Politik, Industrie und Landwirtschaft in Deutschland aufzurufen, dem Schutz des Grundwassers einen höheren Stellenwert zu geben. "Noch immer verschmutzen Industriegifte und landwirtschaftliche Chemikalien das Grundwasser, das in Deutschland mit rund 70 Prozent Hauptquelle für die Trinkwassergewinnung ist", kritisiert der BUND. Zugleich übernutzten wasserintensive Industrien wie die Chemie- und Autoindustrie sowie private Verbraucher die Wasserressourcen. Zunehmend würden auch Arzneimittel wie Hormone und Cytostatika die Trinkwasserreservoirs gefährden.

Sauberes Trinkwasser wird teurer

BUND-Vorstandssprecher Sebastian Schönauer: "Wasser ist eine der wertvollsten Ressourcen der Erde. In mehr als der Hälfte der deutschen Landkreise und selbst in Wasserschutzgebieten werden heute Pestizide im Grundwasser gefunden. Industrie und Landwirtschaft müssen ihre Anstrengungen zur Reduzierung der Gifteinträge verstärken, sonst werden wir immer mehr Geld zur Aufbereitung von immer weniger Wasser bezahlen müssen." Und genau darum geht es: Um Geld. Solange es ausreichend sauberes, gesundes Trinkwasser gibt, kann die Industrie keine Wasseraufbereitungsanlagen, keine Trinkwasserfilter verkaufen. Was liegt also näher, als das bei uns und in vielen Ländern der Erde noch reichlich verfügbare Gut "Wasser" zu verknappen und zu vergiften? Zu viel Zynismus?
Sebastian Schönauer schreibt: "Bestimmte Subventionen in der industriellen Landwirtschaft stehen dem Grundwasserschutz diametral entgegen. Nicht der Verursacher zahlt am Ende für den angerichteten Schaden, sondern die Verbraucher müssen die höheren Wasserpreise berappen." Anders ausgedrückt: Unsere Regierung nutzt unsere Steuergelder, um unser Trinkwasser zu vergiften, damit andere mit unseren Geldern das Wasser wieder mehr oder weniger gut reinigen dürfen.

Regenwasser sinnvoll nutzen

Nach Ansicht des BUND sichere allein der ökologische Landbau den nachhaltigen Umgang mit dem Grundwasser. Und er appelliert an Landwirte und Gärtner ökologische Anbaumethoden anzuwenden. Dies ist auch gleichzeitig ein Hinweis für uns Mitmenschen: Jeder einzelne kann etwas zur Rettung unseres Trinkwassers tun.
Wir können entweder selbst auf dem eigenen Grund auf Chemie verzichten oder durch den Kauf von kontrolliert ökologischen Nahrungsmitteln zum Schutz unseres Grundwassers beitragen. Auf jeden Fall sollte man oder frau nicht resignieren. Den Kopf in den Sand stecken, heißt bloß das Feld anderen wehrlos zu überlassen. Global müssen wir versuchen mit Hilfe von Gruppen wie Fian Druck auf eigene Politiker und Unternehmen auszuüben, um skrupellose Industrien zu verhindern. Wir brauchen schon lange keine einzige Goldmine mehr! Gold liegt bereits genug in den Tresoren von Banken und Unternehmen. Parallel dazu sollten wir auch im eigenen Bereich Wasser sparen. Wer ein eigenes Haus hat, kann Regenwasser als Brauchwasser nutzen. Praktische Anlagen dazu gibt es von verschiedenen Herstellern.<

Weitere Informationen: FIAN - Sektion der Bundesrepublik
Deutschland e.V., Overwegstr. 31; D-44625 Herne,
Tel. 02323 - 490099, Fax: 490018, www.fian.de
BUND, Tel. 030-275864-25/64, mail: presse@bund.net


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