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Presse-Stelle:  Umweltstiftung WWF - Deutschland, D-60591 Frankfurt
Rubrik:Politik    Datum: 07.04.2000
Umweltorganisationen und Gewerkschaften protestieren gegen Ministerbriefe an OBI:
Landesregierungen greifen mit Einschuechterungsversuchen in den Holzmarkt ein Kritik an staatlichen Aktionen der Forstministerien von Bayern, Baden-Wuerttemberg und Thueringen gegen das Wald-Oekosiegel FSC
(Gemeinsame Pressemitteilung der Umweltorganisationen BUND, Greenpeace, NABU, Robin Wood und WWF sowie der Gewerkschaften IG BAU und IG Metall)

7. April 2000. Die Umweltorganisationen BUND, Greenpeace, NABU, Robin Wood und WWF sowie die Gewerkschaften IG BAU und IG Metall haben sich heute in gemeinsamen Offenen Briefen an den bayerischen Forstminister Josef Miller, die badenwuerttembergische Forstministerin Gerdi Staiblin und den thueringischen Forstminister Dr. Volker Sklenar gewandt. Darin fordern sie die Minister auf, weitere staatliche Interventionen gegen unabhaengige Unternehmensentscheidungen fuer das internationale Wald-Oekosiegel des Forest Stewardship Council (FSC) zu unterlassen. Die Forstminister der drei Bundeslaender hatten im Maerz mit offiziellen Ministerbriefen in ungewoehnlich scharfer Form versucht, Druck auf den geschaeftsfuehrenden Gesellschafter der Baumarktkette OBI, Manfred Maus, auszuueben. Darin hatten sie das Unternehmen unverbluemt aufgefordert, seine Entscheidung fuer Holzprodukte mit dem FSC-Siegel zurueckzunehmen. Die Umweltorganisationen und Gewerkschaften bezeichnen diese Aktion als einen bisher einmaligen Vorgang in der Geschichte der Wald- und Holzzertifizierung in Deutschland. Sie rufen in weiteren gemeinsamen Offenen Briefen die Ministerpraesidenten der drei Bundeslaender auf, diese staatlichen Eingriffe ihrer Minister in die freie Marktwirtschaft zu unterbinden.

"Wenn Minister den Unternehmen auf offiziellem Briefpapier mitteilen, wie sie ihre Verkaufsregale zu bestuecken haben, ist das im Kern eine neue Form der staatlichen Bevormundung", sagt Dr. Georg Schwede, Geschaeftsfuehrer der Umweltstiftung WWF-Deutschland. "Und wenn auf diese Weise oekologisch ausgerichtete Unternehmensentscheidungen gekippt werden sollen, schreiten wir ein." Die Minister sprechen in ihren Briefen von Marktverzerrungen und der Diskriminierung deutscher Waldbesitzer durch den FSC. Mit dem Hinweis auf ueber 500.000 Waldbesitzer, die sicher auch Kunden bei OBI seien, laesst zum Beispiel der bayerische Forstminister indirekt die Moeglichkeit eines Boykotts durchblicken. In einer anderen Passage ihrer Schreiben werfen die Minister OBI vor, gegen die Interessen der deutschen Waldbesitzer zu handeln und machen das Unternehmen fuer einschneidende Konsequenzen in der gesamten Holz- und Forstwirtschaft verantwortlich, sofern es bei seiner pro-FSC-Entscheidung bliebe.

"Mit Polemik und Falschinformationen sowie Drohgebaerden gegen Grosskunden wie OBI schaden die Minister den deutschen Waldbesitzern mehr als sie ihnen nuetzen. FSC ist fuer alle Waldbesitzer offen, funktioniert international und bietet denen, die mitmachen, schon heute einen Marktvorteil", sagt NABU-Praesident Jochen Flasbarth.

Zur Zeit versuchen Waldbesitzerverbaende in Deutschland und Europa gegen das erfolgreiche und international funktionierende Zertifikat des FSC ein eigenes Erzeugersiegel unter dem Namen PEFC (Pan European Forest Certification) aufzubauen. Die grossen deutschen Umweltorganisationen unterstuetzen FSC und haben sich einheitlich gegen PEFC in der jetzigen Form ausgesprochen. Nach ihren Analysen werden die oekologischen Faktoren beim PEFC-System deutlich geringer gewichtet und die Entscheidungsfindung ist im Gegensatz zu FSC so angelegt, dass soziale und Umweltbelange immer ueberstimmt werden koennen. Der Grundsatz der Agenda 21, der eine gleichwertige Beruecksichtigung der oekonomischen, oekologischen und sozialen Gesichtspunkte festschreibt, wird von den Ministern in ihren Briefen an OBI angegriffen und als Fremdbestimmung der Waldbesitzer gegeisselt. Diese Haltung stoesst bei beiden Gewerkschaften auf absolutes Unverstaendnis: "Damit haben Miller, Staiblin und Sklenar offenbart, dass sie die anerkannten Prinzipien der Nachhaltigen Entwicklung von Rio ablehnen und damit die Zeichen der Zeit nicht verstanden haben", sagt Gisbert Schlemmer, Sonderbeauftragter Internationales fuer die Holz- und Kunststoffbranchen in der IG Metall.

Ein Argument, das oft von den Waldbesitzerverbaenden angefuehrt und von den Ministern in ihrem Anschreiben kritiklos uebernommen wurde, zielt darauf ab, dass die FSC-Zertifizierung nur fuer grosse Waldflaechen geeignet sei und Besitzer kleiner Waldflaechen finanziell ueberfordere. "Die Minister wurden entweder schlecht beraten oder sie verfolgen die gezielte Irrefuehrung von Unternehmen und Oeffentlichkeit", resuemiert Martin Kaiser, Leiter der Waldkampagne bei Greenpeace Deutschland. "Denn die kostenguenstige Gruppenzertifizierung macht das FSC-Siegel auch fuer den kleinen Waldbesitz erschwinglich." Die FSC-Gruppenzertifizierung ermoeglicht die gemeinsame Durchfuehrung des Verfahrens fuer verschiedene Waldbesitze unterschiedlicher Groessen und damit eine Aufteilung der einmalig anfallenden Kosten. Sie wurde bereits in Schweden und der Schweiz, aber auch in Rheinland-Pfalz, erfolgreich umgesetzt.

Die einseitige staatliche Foerderung des PEFC-Siegels seitens der drei suedlichen Landesregierungen, sei es politisch, strukturell oder finanziell, geraet immer mehr ins Kreuzfeuer der Verbaendekritik. Beispiele wie die organisatorische Unterstuetzung einer PEFC-Veranstaltung im April 1999 in Wuerzburg durch Personal der bayrischen Landesregierung oder die kostenlose Zuarbeit der drei betreffenden Landesforstverwaltungen im geplanten PEFC-Zertifizierungsprozess wird von den Verbaenden eindeutig als versteckte Subvention gewertet. "Wer danach PEFC als billiger und deshalb besser propagiert, versucht, die Oeffentlichkeit fuer dumm zu verkaufen", sagte Dr. Helmut Klein, Waldexperte des BUND " Es ist an der Zeit, dass sich Wettbewerbshueter fuer diesen Fall interessieren."


Hinweis: Die kompletten Texte aller sechs gemeinsamen Offenen Briefe der beteiligten Organisationen sind heute ueber die Homepage des WWF unter der Adresse www.wwf.de als PDF-Dateien abrufbar!


Fuer Rueckfragen stehen Ihnen zur Verfuegung:

Dr. Helmut Klein, BUND, Tel. 08152-2344
Martin Kaiser, Greenpeace, Tel. 0171-87 80 817
Christoph Heinrich, NABU, Tel. 0228/4036-163
Dr. Rudolf Fenner, Robin Wood, Tel. 040-3909556
Nina Grieshammer, WWF, Tel. 069-79144-194
Joerg Dalibor, IG Bauen, Agrar, Umwelt, Tel. 069-957 37 665
Gisbert Schlemmer, IG Metall, Tel. 0211-770 32 12
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Weitere Informationen unter www.wwf.de


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