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Es gibt zwei gegenläufige Trends in Deutschland. Mehr Bio- und besserer Wein aus deutschen Landen. Und gleichzeitig importieren wir vermehrt Chemie-Massenweine aus Übersee, also aus den USA, Chile, Argentinien, Australien, Neuseeland und Südafrika. Gerade in den Supermärkten erfreuen sich diese, allein schon durch den langen Transport nicht gerade umweltfreundlichen Weine zunehmender Beliebtheit. So verdrängten im ersten Halbjahr 2004 die Überseeweine mit einem Marktanteil von sieben Prozent Spanien auf Platz 5 der in Deutschland konsumierten Weine. Chianti, Valpolicella und Co. stehen auf dem Dritten Platz mit einem Anteil von 12 Prozent. Französische Tropfen halten Platz 2 mit 15 Prozent Marktanteil. Unangefochtener Olympiasieger ist aber der deutsche Wein. Mit 44 Prozent Anteil stammte fast jeder zweite in Deutschland getrunkene Wein aus heimischer Produktion. Gleichzeitig bewegen sich die Exporte deutschen Weines wieder auf Rekordniveau. Unsere Weinwirtschaft verzeichnete in den vergangenen zwölf Monaten die höchste Exportquote seit 1985. "Die größten Zuwächse verzeichnen wir derzeit absolut gesehen trotz des starken Euros auf unserem wichtigsten Exportmarkt Großbritannien, mit einem Umsatzplus von 20 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahreszeitraum", so Armin Göring, Geschäftsführer des Deutschen Weininstituts (DWI). Insgesamt wurden im 12-Monatszeitraum bis April dieses Jahres 2,5 Millionen Hektoliter Wein im Wert von 421 Millionen Euro aus der Bundesrepublik exportiert. Fachleute schätzen, dass der Exporterfolg in einem Imagewandel der deutschen Weine begründet ist: Deutscher Wein werde nicht mehr nur mit alkoholisiertem Zuckerwasser à la "Liebfrauenmilch" gleichgesetzt. Exportschlager ist der Riesling. Internationale Weinzeitschriften wie der "Wine Spectator" oder "Wine Advocate" loben den deutschen Riesling Jahrgang 2002 in höchsten Tönen und stimmen ihre Leser gleichzeitig auf den Superjahrgang 2003 ein. Bio-Weine mit guten Noten Dies gilt ebenso für deutschen Bio-Wein. Nach ökologischen Kriterien angebauter Wein deutscher Winzer hat in diesem Jahr auch bei internationalen Experten eine gute Figur gemacht. Bei einem Vergleich der Zeitschrift "Weinwirtschaft" mit 325 Qualitätsweinen aus aller Welt platzierten sich 12 deutsche Bio-Weine unter den 31 besten. Die höchsten Punktzahlen der Expertenrunde erzielten bei den deutschen Bioweinen ein Weißer Burgunder aus Rheinhessen, ein Grauer Burgunder aus Baden und ein Weißburgunder aus der Pfalz. Bei den Rotweinen schnitten eine Cuvée aus Baden und ein Dornfelder aus Rheinhessen am besten ab. Zwar werden von der Rebfläche in Deutschland mit insgesamt 98.270 Hektar erst rund 2.000 Hektar ökologisch bewirtschaftet, doch der langfristige Trend spricht klar für den Bio-Wein. Bereits 380 Winzer haben sich bei uns den ökologischen Anbaumethoden verschrieben. Derzeit größter Produzent von deutschem Bio-Wein ist die Erzeugergemeinschaft Öko-Weine in Osthofen/Rheinhessen. Jährlich bringen sie über eine Million Flaschen Bio-Wein auf den Markt. Im genossenschaftlichen Bereich führen der Badische Winzerkeller mit einer Jahresproduktion von 400 000 Flaschen und die Fränkische GWF mit 250 000 Flaschen die Statistik an. Damit der ökologische Weinbau bei uns künftig weiter zulegt, gibt es seit März 2003 die erste Professur für Ökologischen Weinbau in Deutschland. Der Lehrstuhlinhaber an der Fachhochschule Geisenheim ist selbst Winzer beim ökologischen Weinbauverband ECOVIN. Auch "Promis" fördern Bio-Wein Aber nicht nur in Deutschland: In allen europäischen Anbaugebieten legte der Öko-Weinbau in den vergangenen zehn Jahren deutlich zu, was auch daran liegt, dass gerade prominente Persönlichkeiten auf "Bio" setzen. So produziert beispielsweise der berühmte französische Schauspieler Jean-Louis Trintignant längst seinen eigenen Bio-Wein zwischen Avignon und Nîmes. Das Etikett seines Rotweins - er heißt "Domaine rouge Garance" - erinnert an den Kultfilm "Kinder des Olymp". Gleichfalls setzt der durch den Film "Highlander" bekannte Frankoamerikaner Christopher Lambert in seinem Weingut in der Provence auf biologische und traditionelle Winzermethoden um seinen Rotwein "Les Garrigues" zu erzeugen. Wein-News Klimaänderung: Chianti aus dem Frankenland Experten gehen nun von einer Erderwärmung von zwei Grad Celsius in den nächsten 50 Jahren aus. Dies könnte gerade für den Weinbau in Europa drastische Änderungen zur Folge haben: Der Weinbau in der Toskana würde dann höchstwahrscheinlich zusammenbrechen, weil es dem traditionellen Chianti dann zu warm wäre. Dafür aber könnten deutsche und englische Winzer frohlocken. Sie könnten dann die wichtigsten Chianti- und Bordeaux-Lieferanten werden. Wein macht schlau Regelmäßiger Alkoholgenuss macht möglicherweise schlauer: Zu diesem Ergebnis kam jüngst eine Untersuchung des Londoner University College. Langzeituntersuchungen zur Gesundheit von 10 000 britischen Beamten zeigten: Wer mehr als ein Glas Wein pro Woche trinkt hat eine bessere Hirnleistung als Abstinenzler. Die besten Testresultate hätten sogar diejenigen erreicht, die eine halbe Flasche Wein oder rund einen Liter Bier pro Tag tranken. Die Wissenschaftler sehen ihre Ergebnisse als Bestätigung dafür, dass Alkohol das Risiko von Herzkrankheiten reduzieren kann und den Blutfluss zum Gehirn erhöht. Aus letzterem resultiere eine verbesserte Denkfähigkeit. Zuviel Pestizid im Weinblatt Weinblätter sind zum Teil hochgradig mit Pestiziden belastet. Zu diesem erschreckendem Ergebnis kommt die Stiftung Warentest in Berlin. Sie hatte 33 gefüllte und ungefüllte Weinblätter untersucht. Wie die Stiftung in der aktuellen Zeitschrift «test» berichtet (Ausgabe 3/2004), wurden in allen Produkten Pflanzenschutzmittel gefunden. Sogar in zwei ebenfalls getesteten Bioprodukten fanden die Warentester Pestizidspuren. Tagungsband des 1. Internationalen Symposiums für Öko-Weinbau Am 12. und 13. Mai 2004 veranstalteten der Deutsche Weinbauverband und ECOVIN Bundesverband Ökologischer Weinbau im Rahmen der INTERVITIS INTERFRUCTA zum ersten Mal ein internationales Symposium zum ökologischen Weinbau. 26 Referenten aus Wissenschaft und Praxis stellten den 140 Teilnehmern aus 15 Ländern Ihre Forschungsergebnisse und Erfahrungen vor. Jetzt kann der Tagungsband des 1. Internationalen Symposiums für Ökologischen Weinbau für 25 Euro plus Versandgebühr beim Deutschen Weinbauverband (Fax. Nr. 0228-94932523 oder info@dwv-online.de) bezogen werden. Wein-Kommentar Weinkenner mit Kurzzeitgedächtnis Der Bio-Wein sei seinen Kinderschuhen entwachsen und mache sich inzwischen nicht schlecht: Ein solches Lob von etablierten Weinkennern konventioneller Weine, wie es nun immer öfter zu vernehmen ist, ehrt zwar die Bio-Winzer auf den ersten Blick. Doch bei näherer Betrachtung ist dieses "Lob" gleichzeitig von Überheblichkeit gesteuert und falsch noch obendrein. Geht doch dieses "Lob" wie selbstverständlich davon aus, dass konventioneller, also mit chemischen Pestiziden und Kunstdünger gedopter Wein in der weit über 2000jährigen Weingeschichte der Standard und Bio-Wein eine neue Erfindung sei. Das Gegenteil ist aber der Fall, oder gab es die Chemie- und Agrarkonzerne Bayer, Höchst, Monsanto, Ciba Geigy und Konsorten schon zu Moses-Zeiten oder als die Römer den Limes errichteten oder als der älteste, heute noch trinkbare Wein, der Würzburger Stein aus dem Jahr 1540, der als Jahrtausendwein in die Geschichte einging, am Rebstock heranreifte? Nein, im historischen Maßstab gesehen, ist der chemisch-industrielle Weinbau bisher nur eine winzigkleine Episode. Dass nun immer mehr Winzer weltweit wieder den Weg zurück zur biologischen Weinproduktion und Bio-Weine gleichzeitig verstärkt selbst bei Weinkennern mit offensichtlichem Kurzzeitgedächtnis Anerkennung finden, zeigt, dass die Chemie-Episode ihren Zenit überschritten hat und ihrem absehbaren Ende entgegenhinkt. Der momentan zu spürende massive Druck der Agrarindustrie hin zur Gentechnik und zur Patentierung von Pflanzen ist lediglich ein letztes großes Aufbäumen, um das Ende hinauszuzögern und die Gesellschaft und die Bauern noch so lange wie möglich von sich Abhängig zu machen und zu schröpfen. Norbert Suchanek
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