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Presse-Stelle:  ökom Verlag, D-80337 München
Rubrik:Umwelt & Naturschutz    Datum: 07.06.2004
Europaparlament: Die Karten werden neu gemischt - Chance für die Umwelt?
Die Wahlen bieten die Möglichkeit, ein Signal für den Umweltschutz zu setzen
Vom 10. bis zum 13. Juni 2004 sind die BürgerInnen in den einzelnen EU- Mitgliedstaaten aufgerufen, das Europäische Parlament (EP) zu wählen. Die Richtlinien der EU sind mittlerweile für die große Mehrheit der Gesetze in den Nationalstaaten maßgeblich. Umweltbelange rücken auf europäischer Ebene jedoch in den Hintergrund gegenüber Themen wie wirtschaftlicher Wettbewerb oder Umbau der Sozialsysteme. Trotz des immer noch vorhandenen Demokratiedefizits bieten die Europawahlen nun eine Chance, Umweltthemen auf der europäischen Ebene präsenter zu machen. VON NIKA GREGER, DEUTSCHER NATURSCHUTZRING

Die EU leidet nach wie vor an einem Demokratiedefizit, daran ändert auch die zunehmende Rolle des Europäischen Parlaments bei der Entwicklung und Verabschiedung von Gesetzen gegenwärtig wenig. Auf europäischer Ebene verhandeln die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten gemeinsam mit ihren FachministerInnen und der Europäischen Kommission. Die Kommission kann als einzige Institution Anstöße geben, was in der EU in Zukunft Gesetz wird und was nicht. Das Parlament als Volksvertretung, an dem die Regierungschefs nicht vorbeikommen? Fehlanzeige! In Zeiten, in denen in erster Linie der Wettbewerb und der so genannte "Umbau" der Sozialsysteme auf der Agenda der EU und der Nationalstaaten stehen, wiegt der geringe Einfluss des EP besonders schwer. Umweltschutz und Nachhaltigkeitspolitik werden auf der europäischen Ebene der Regierungschefs folglich nicht mit der notwendigen Ernsthaftigkeit angegangen.

Wählen gehen für die Umwelt
Natürlich wird nicht alles besser, wenn das Europäische Parlament nur mehr Mitspracherechte und Entscheidungsbefugnisse erhält. Europäische Umweltverbände unter Leitung von Friends of the Earth Europe untersuchten das Abstimmungsverhalten der Europäischen ParlamentarierInnen im Umweltbereich.
Bei der Parteienrangfolge zeigte die EU-Fraktion der Grünen den größten Prozentsatz umweltfreundlichen Stimmverhaltens (99 Prozent), gefolgt von Linken und Sozialdemokraten. Dagegen sind mit 27 Prozent die Christdemokraten einsames Schlusslicht. In der Länderwertung schneidet Deutschland mit 57 Prozent schlecht ab und wird nur unterboten von Italien und Großbritannien. Nun bieten die kommenden Wahlen die Möglichkeit, solche VertreterInnen zu wählen, die sich bereits in der Vergangenheit für Umwelt- und Nachhaltigkeitspolitik eingesetzt haben. Die Kompetenzen des Parlaments sind in den letzten Jahren stetig gewachsen. Dazu trägt das so genannte Mitentscheidungsverfahren bei, nach dem Rat und Parlament gemeinsam die von der Kommission vorgeschlagenen Gesetze erlassen.

Neue Situation durch EU-Erweiterung
Nach den Wahlen wird nur ein Drittel der derzeitigen Abgeordneten in das Parlament zurückkehren. Die Beitrittsländer stellen 162 neue ParlamentarierInnen, das Parlament wird in seiner Zusammensetzung fast komplett ausgewechselt. Bisher sind die "grünen" KandidatInnen in den neuen EU-Mitgliedstaaten nur sehr schwach vertreten, als Themen dominieren die Wettbewerbsfähigkeit im EU-Maßstab sowie das Erreichen westeuropäischer Standards.
Für Umweltverbände bedeutet dies für die Zeit nach der Wahl, dass neue Arbeitsbeziehungen aufgebaut werden müssen. Vor der Wahl müssen die neuen Kandidaten mit den Forderungen und Vorschlägen der Umweltverbände konfrontiert und bekannt gemacht werden. Umweltverbände haben daher europaweit ein gemeinsames Manifest veröffentlicht, das die Forderungen an die ParlamentarierInnen für die kommenden fünf Jahre enthält. Dabei nimmt der Schutz vor gefährlichen Chemikalien einen ebenso hohen Stellenwert ein wie die Vogelschutz- und Habitatrichtlinie oder die Umsetzung der europäischen Umweltgesetzgebung.

Parlament ist Hoffnungsträger
Vor allem beim letzten Punkt kommt eine wichtige Aufgabe auf das neue Europäische Parlament zu. Denn in der EU werden die bestehenden Gesetze nicht nur schlecht umgesetzt, der Zustand von Natur und Umwelt ist vielmehr trotz der bereits existierenden europäischen Umweltpolitik besorgniserregend, wie Berichte der Europäischen Umweltagentur (EUA) eindeutig belegen: Die Situation der wild lebenden Tiere und Pflanzen verschlechtert sich zunehmend, Bodenerosion und Wüstenbildung bedrohen bereits ganze Regionen der EU, giftige Chemikalien bedrohen die Menschen und die Natur.
Die EU-ParlamentarierInnen sollten in der kommenden Legislaturperiode umweltpolitische Führungsstärke zeigen und klare Verpflichtungen für Umwelt- und Naturschutz beschließen. Das Parlament muss dazu beitragen effektive Regelungen zu schaffen, um sicherzustellen, dass alle politischen Entscheidungen umweltverträglich sind.

Kontakt: Nika Greger, Leiterin Geschäftsstelle DNR (Berlin), Fon +49/30/44 33 91-86, E-Mail nika.greger@dnr.de, www.eu-koordination.de
Weitere Informationen: www.nachhaltiges-europa.de, www.eu-votewatch.org, www.eeb.org

erschienen in punkt.um 6/04


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