Im Zentrum standen Fragen wie: Was kann die Europäerinnen und Europäer dazu motivieren, auf kleinerem Raum zu wohnen? Welche Auswirkungen hätte die Verkleinerung, zum Beispiel auf das nachbarschaftliche Zusammenleben oder das Konsumverhalten? Welche gesellschaftlichen Veränderungen könnten zur Zufriedenheit mit der reduzierten Wohnfläche beitragen? Antworten erhielten die Forschenden bei interaktiven Workshops mit Bürgerinnen und Bürgern sowie Interessenvertretern aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Medien in den fünf Ländern. Kaum Bereitschaft, die Wohnfläche freiwillig zu verringern Die durchschnittliche Wohnfläche pro Kopf ist in Europa zwischen den Jahren 2000 und 2018 um 16 Prozent gestiegen. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern sind allerdings groß: In Lettland liegt die Wohnfläche bei 29,6 Quadratmetern, in Schweden hingegen bei 48,7 Quadratmetern. "Dennoch äußerten die Befragten in allen Ländern ähnliche Bedenken bezüglich einer Verkleinerung: Sie fürchteten eine Einschränkung ihrer persönlichen Freiheit und Privatsphäre und beschrieben den Wohnungsmarkt als schwierig. Wer Wohneigentum erwirbt, sieht dies als langfristige Geldanlage, die auch mit sozialem Status verbunden ist", sagt Erstautor Matthias Lehner (Universität Lund). Die Bereitschaft zur Reduzierung von Quadratmetern war unter den Teilnehmenden der Workshops in Spanien mit 42 Prozent am höchsten, in Ungarn bekundeten nur 15 Prozent Bereitschaft zum Umzug. Noch unpopulärer als kleinere Wohnungen war in allen Ländern die Vorstellung, gemeinsam mit anderen in einer Wohn- oder Hausgemeinschaft zu leben. Ungarische Befragte fühlten sich hiervon an negative Erfahrungen mit dem erzwungenen Zusammenleben während der Sowjetzeit erinnert. Attraktives Umfeld erleichtert Entscheidung Trotz vielfältiger Herausforderungen sei aber auch deutlich geworden, dass EU-Bürgerinnen und -Bürger sich für eine Verringerung der Wohnfläche entscheiden könnten, wenn die Bedingungen stimmen, so Fuchs: "Häufig genannt wurden zentral gelegene Wohnungen in einem grünen, freundlichen und sicheren Umfeld mit Dienstleistungs- und Freizeitangeboten. Dies sollte verbunden sein mit attraktiven gemeinschaftlichen Einrichtungen und öffentlichen Räumen, die den geringeren privaten Lebensraum kompensieren und das Lebensgefühl insgesamt verbessern." Wenn die EU eine Verringerung der Wohnfläche fördern will, so die Forschenden, sollte sie den Bau von kleineren Wohnungen in einer lebenswerten städtischen Umgebung fördern. Der vorhandene Wohnungsbestand sollte effizienter genutzt werden, etwa durch die Teilung oder Zusammenlegung von Wohnungen für unterschiedliche Haushaltsgrößen, die Förderung von Wohngemeinschaften und die Verbesserung der Nachhaltigkeit durch Renovierungen. Hierfür seien entsprechende Gesetze und wirtschaftliche Anreize für Bau und Planung notwendig. Aber auch "weiche Werte" wie eine gute Gemeinschaft seien wichtig, die Politik solle daher Initiativen für sozialen Zusammenhalt und Inklusion unterstützen. Lehner, M., Richter, J. L., Kreinin, H., Mamut, P., Vadovics, E., Henman, J., Mont, O., & Fuchs, D. (2024). Living smaller: acceptance, effects and structural factors in the EU. Buildings and Cities, 5(1), pp. 215-230. doi.org/10.5334/bc.438 Am Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit (RIFS) werden Entwicklungspfade für die globale Transformation zu einer nachhaltigen Gesellschaft erforscht, aufgezeigt und unterstützt. Es ist seit 2023 ein Teil der Helmholtz-Gemeinschaft, eingebunden ins Deutsche Geoforschungszentrum GFZ Potsdam. Der Forschungsansatz ist transdisziplinär, transformativ und ko-kreativ. Gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft, politischen Institutionen, kommunalen Verwaltungen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft werden von allen getragene Lösungen entwickelt. Zentrale Forschungsthemen sind unter anderem die Energiewende, der Klimawandel und soziotechnische Wandel, aber auch Fragen der nachhaltigen Governance und Partizipation. Ein starkes nationales und internationales Partnernetzwerk verbunden mit einem Fellow-Programm unterstützen das Institut.
Artikel drucken Fenster schließen |