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Umwelt & Naturschutz   
CO2-Minderungszertifikate: Klimaschutz oder Ablasshandel?
Wer Treibhausgase durch professionelle Anbieter ausgleichen lässt, sollte auf seriöse Angebote achten
Immer mehr Unternehmen, Institutionen oder auch Privatleute interessieren sich für Klimaschutzzertifikate. Sie wollen damit Treibhausgase kompensieren, die durch ihr eigenes Handeln entstanden sind - eine Art privater Emissionshandel. Die so genannte Kompensation ist eine sinnvolle Ergänzung zum Klimaschutz, wenn die versprochenen Ausgleichsmaßnahmen tatsächlich vorgenommen werden. Das Wuppertal Institut hat untersucht auf was man bei den Angeboten achten sollte.
Kompensation bedeutet, eine bestimmte Menge an Treibhausgasemissionen, die man verursacht hat, an einer anderen Stelle zu vermeiden, oder aber der Atmosphäre die entsprechende Menge an Treibhausgasen durch so genannte Senkenprojekte zu entziehen. Senkenprojekte sind beispielsweise Aufforstungsprojekte, durch die der Atmosphäre CO2 entzogen und der Kohlenstoff in der wachsenden Biomasse gespeichert wird. Andere Kompensationsprojekte investieren beispielsweise in erneuerbare Energien- oder Energieeffizienzprojekte, die dazu führen, dass insgesamt weniger fossile Energieträger genutzt werden.
Für die Kompensationsdienstleistungen hat sich eine Reihe professioneller Anbieter am Markt etabliert. Diese berechnen für ihre Kunden die zu kompensierende Emissionsmenge und führen ein Projekt durch, das die entsprechende Menge an Emissionen reduziert oder der Atmosphäre die entsprechende Menge an Treibhausgasen entzieht. Der Vorgang wird durch die Ausgabe von Emissionszertifikaten oder eines anderen Nachweises an den Kunden dokumentiert.

Kein schlechtes Gewissen mehr?

Aus Klimaschutzsicht ist klar zu bevorzugen, Emissionen zu vermeiden und sie nicht nur zu kompensieren. Die weltweiten Treibhausgasemissionen und insbesondere die der Industriestaaten werden in den nächsten Jahrzehnten drastisch reduziert werden müssen, um einem Klimakollaps vorzubeugen. Verbindliche Politikmaßnahmen einzuführen bringt daher einen höheren Nutzen für das Klima als die Kompensation, da sie die notwendigen strukturellen Änderungen in den Industriestaaten unterstützen. Außerdem führt dies auch zu tatsächlichen Reduktionen, während die Kompensation bestenfalls ein Nullsummenspiel darstellt: die verursachten Emissionen werden lediglich an einer anderen Stelle wieder eingespart. Wenn aber ein Haushalt oder ein Unternehmen keine Möglichkeit mehr sieht, Emissionen einzusparen, kann die Kompensation eine gangbare Option sein. Sie stellt dann eine neue Möglichkeit dar, sein Verhalten besser mit den eigenen Idealen in Einklang zu bringen. Der Teufel steckt dabei allerdings im Detail, denn die verschiedenen Anbieter unterscheiden sich deutlich. Ein qualitativ schlechtes Kompensationsangebot kann sogar zu steigenden Emissionen führen, wenn nämlich der Kunde sich durch die Kompensation auf der sicheren Seite wähnt und deshalb zum Beispiel gleich noch einen weiteren Flug bucht, die eingekaufte Emissionsreduktion aber tatsächlich gar nicht erbracht wird.

Die feinen Unterschiede

Während Emissionsminderungsprojekte dazu führen, dass Treibhausgase erst gar nicht entstehen, kann der bei Senkenprojekten gespeicherte Kohlenstoff jederzeit wieder in die Atmosphäre freigesetzt werden, etwa durch einen Waldbrand oder Schädlingsbefall. Aus Klimaschutzsicht sind daher Minderungsprojekte zu bevorzugen.
Kriterien, nach denen der Klimanutzen eines Projekts gemessen wird, unterscheiden sich zum Teil erheblich. Mehrere Anbieter führen ihre Projekte im Rahmen des so genannten Clean Development Mechanism (CDM) durch. Der CDM ist ein Element des in Kürze in Kraft tretenden Kyoto-Protokolls, das heißt, er wird durch staatliche und zwischenstaatliche Institutionen eingerichtet und überwacht. Bei einigen Anbietern entsprechen die Projekte darüber hinaus auch noch dem auf Initiative des WWF von einem internationalen Expertenkreis entwickelten "CDM Gold Standard". Das ist ein Set von Qualitätskriterien, die weiter gehen als die des CDM. Demgegenüber prüfen andere Anbieter ihre Projekte an Hand selbst entwickelter Kriterien. Das muss nicht unbedingt heißen, dass diese Standards schlechter sind. Aber für den Konsumenten ist es bei diesen Projekten nur schwer nachvollziehbar, ob die versprochene Qualität tatsächlich gewährleistet wird. In jedem Fall sollte sichergestellt sein, dass die behauptete Emissionsreduktion von einer qualifizierten und unabhängigen Partei überprüft wird.

Spendenbescheinigung oder Zertifikat?

Die Gegenleistung für den Kunden erfolgt normalerweise in Form von Emissionszertifikaten, die durch die durchgeführten Projekte generiert werden, wobei ein Zertifikat einer Tonne CO2 entspricht. Diese Zertifikate werden danach normalerweise vom Markt genommen, um zu verhindern, dass mit einer gegebenen Emissionsreduktion mehrfach Emissionen "kompensiert" werden. Alternativ stellen einige Anbieter eine Spendenbescheinigung aus. Die Option "Zertifikate mit anschließender Stilllegung" ist jedoch die bessere Alternative, da nur so das Qualitätssicherungsverfahren nachvollzogen werden kann. Spendenbescheinigungen stellen keinen adäquaten Ersatz dar, können als Ergänzung aber ein zusätzlicher Bonus sein.
Unterschiede gibt es auch bei den Kompensationsanbietern selbst. Im Sinne des Klimaschutzes kann man erwarten, dass ein Anbieter umfassende Informationen über das Klimaproblem zur Verfügung stellt und deutlich macht, dass Kompensation die schlechtere Alternative ist, wenn andererseits die Möglichkeit besteht, eigene Emissionen ganz zu vermeiden. Auch sollte er transparent machen, wie das Geld der Kunden verwendet wird, das heißt welcher Teil davon tatsächlich in Projekte fließt und wie die Mittelverwendung kontrolliert wird.

Kompensation für alle?

Unternehmen, Organisationen und Regierungen machen sich den Kompensationsansatz vermehrt zu Nutze, um ihr Engagement für den Klimaschutz zu demonstrieren. So werden beispielsweise die gesamten Treibhausgasemissionen der Konferenz für erneuerbare Energien in Bonn (Juni 2004) von der Bundesregierung kompensiert. Ein anderes Beispiel ist die Fußballweltmeisterschaft in Deutschland in 2006, diese soll ebenfalls "klimaneutral" gestaltet werden.
Die Weiterentwicklung des freiwilligen Zertifikatemarkts hängt nicht zuletzt davon ab, wie die Sensibilisierung der Öffentlichkeit hinsichtlich des Klimawandels fortschreitet. Derzeit häufen sich die Meldungen über Unternehmen und andere Institutionen, die ihre Emissionen kompensieren wollen. Dieser Trend wird nur anhalten, wenn damit ein entsprechender Marketingnutzen verbunden ist. Wünschenswert wäre die Transparenz auf dem Markt zu verbessern, so dass die Kunden hochwertige von schlechten Angeboten unterscheiden können, etwa durch ein Label. Letztendlich wäre aus Klimaschutzsicht aber zu hoffen, dass die Aufmerksamkeitssteigerung für das Klimathema, die durch die Kompensation und die damit verbundenen Marketingmaßnahmen erzielt wird, auch dazu führt, dass sich die Akzeptanz für verbindliche Klimaschutzinstrumente verbessert.

Autoren: Maike Bunse & Wolfgang Sterk
Kontakt: Wuppertal Institut, Maike Bunse,
Fon +49/202/24 92-1 49, Fax -2 50,
E-Mail wolfgang.sterk@wupperinst.org, maike.bunse@wupperinst.org, www.wupperinst.org
Weitere Informationen: Wuppertal Paper: Maike Bunse: Voluntary Compensation of Greenhouse Gas Emissions, Wuppertal, Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie. Kostenlos gegen Porto zu beziehen per E-Mail
 
Quelle: oekom verlag, D-80337 München
http://www.oekom.de/punkt.um
eidems@oekom.de
    

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