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Die Milch macht's
Das hochwertige Nahrungsmittel Milch wird seit Jahrzehnten bezuschusst, finanziert und kontingentiert. Dennoch, oder gerade deswegen, konnte der Milchpreis nicht stabilisiert werden. Mit der Aufhebung der Quote, und damit der Entlassung der Milch in die freie Marktwirtschaft, wird nun ein großes Bauernsterben befürchtet.

Bereits im Jahr 1950 musste sich das Kabinett Adenauer mit einer Milchschwemme auseinandersetzen. Die Übermengen waren damals jedoch nicht einer Überproduktion zuzuschreiben, sondern der noch sehr geringen Kaufkraft der Verbraucher. Das hat sich durch Wiederaufbau und Wirtschaftsboom bald geändert. Allerdings hat der Staat da bereits ein System zu Stützung der Landwirtschaft erfunden, das trotz höherer Verbrauchernachfrage die Milchseen und Butterberge in immer größere Dimensionen wachsen ließ. Interventionspreis hieß das Zauberwort, das den Landwirten die Abnahme der Milch zu festen Preisen garantierte. Wen wundert es, dass mit dieser Absicherung weiter am Markt vorbei produziert wurde? Im Jahr 1980 lag der Butterberg innerhalb der EG (zu dieser Zeit mit neun Mitgliedsstaaten) bei sage und schreibe 300.000 t. Lagerhäuser platzten aus allen Nähten und der Verkauf zu Weltmarktpreisen zum Beispiel in die Sowjetunion erhitzte nicht nur die Gemüter, sondern kostete den Steuerzahlen weitere Millionen.

Abhilfe sollte die 1984 in der Europäischen Gemeinschaft eingeführte Milchquote schaffen. Auf der Grundlage der Milchliefermenge von 1983 wurde jedem Mitgliedsstaat eine feste Produktionsquote für Milch zugeteilt. Fatal war nur, dass diese Quote wieder rund 15 Prozent über dem tatsächlichen Verbrauch lag und dass Überlieferungen erst ab 10 Prozent sanktioniert wurden. Doch auch Sanktionen konnten manche Länder nicht von Überlieferung abhalten. 2006 lag die Gesamtmenge der in der EU produzierten Milch bei 774.000 Tonnen oberhalb der Milchquote. Darüber hinaus rauschten nach einem kurzzeitigen Preishoch im Jahr 2007 die Preise wieder Richtung Keller. Fachleute sagen Richtung Weltmarkt. Und das bedeutet, je nach Börsenlage, durchschnittlich 20 Cent pro Liter. Diese Preise sind jedoch für deutsche Bauern existenzgefährdend. Obwohl die EU-Landwirtschaftsminister sich darauf einigten, die Milch nicht mehr zu subventionieren, blieb aufgrund der ruinösen Preisentwicklung der EU-Landwirtschaftskommissarin Mariann Fischer-Boel nichts anderen übrig, als wieder zum alten Mittel Intervention zu greifen und Übermengen vom Markt zu nehmen.

Neuester Coup aus Brüssel ist der Milchfonds. Mit 300 bis 350 Millionen Euro sollen Milchbauern bis zum Auslaufen der Quotenregelung subventioniert werden. Allerdings wird der Milchfonds voraussichtlich keine wesentlichen Auswirkungen auf den Auszahlungspreis für die Bauern haben. Die schrittweise Erhöhung der Quote und deren Auslaufen im Jahr 2014 ermöglicht besonders den jetzt schon großen Agrarunternehmen eine Erhöhung der Milchproduktion. In deren Produktionsstrukturen sind auch niedrige Weltmarktpreise zu verkraften. Auf der Strecke bleibt der kleine und mittelständische Bauer und nicht zuletzt das Tier.

Regionale Milchmärkte unterstützen

Was die Politik in ihrer Regulierungswut eingeläutet hat, nämlich den Verfall der Erzeugerpreise, führen die Molkerein fort. Große Konzerne diktieren die Preise. Der ruinöse Preiskampf auf Discounter- und LEH-Ebene gibt dafür die Vorlage. Und die meisten Verbraucher freut das. Schließlich bekommen sie im Durchschnitt den Liter Milch für rund 99 Cent. Und auch unter Eigenmarken der großen Lebensmittelhändler hergestellte Biomilchprodukte werden preiswerter. Aber sind sie ihren Preis wert? Die Frage, wie Bio sind Biolebensmittel aus Konzernen, die ansonsten nicht gerade mit natur- und sozialverträglichem Verhalten glänzen, muss man stellen. Allerdings ist die Beantwortung nicht ganz einfach. Verstehen doch die überregional agierenden Unternehmen sehr gut, ihre Identität zu verstecken. Oder wer weiß schon, dass biobio-Produkte aus dem Supermarkt unter anderem auch von einer Molkerei der Müller-Gruppe, die im Jahr ca. 2,2 Mrd. kg Milch bewegt, hergestellt werden? Unter www.myfreising.de/profiles/blogs/wer-steckt-hinter-der-ewg kann man anhand der Kennzeichnung auf Joghurtbecher und Co. herausfinden, aus welcher Molkerei das Produkt kommt.

Neben den großen Molkereikonzernen gibt es auch Dank des Biotrends kleine Strukturen, die zum Großteil regional agieren. Dazu gehören im Süden Deutschlands die Milchwerke Berchtesgadener Land Chiemgau e.G., ein Zusammenschluss von 1857 Milchbauern. Nicht nur die hervorragende Produktqualität - für die Berchtesgadener Bergbauernbutter gab es 2008 ein "sehr gut" bei Stiftung Warentest - ist hier erwähnenswert, sondern vor allem die faire Bezahlung der Bauern. Dass die Milch, die erfreulicherweise konventionell wie auch in Demeter-Qualität noch in der Glasflasche zu haben ist, ein paar Cent mehr kostet, kommt hier direkt den Bauern zugute. Genauso wie bei der Upländer Bauernmolkerei GmbH. Auch hier unterstützt der Verbraucher durch die Akzeptanz eines höheren Preises den Erhalt der traditionellen Landwirtschaft.

Wie viel Milch ist in der Milch?

Einer verwirrenden Vielzahl von Molkereiprodukten steht die Milch zwischenzeitlich nicht mehr nach. Ob unterschiedlicher Fettgehalt, Verpackungen vom Schlauch über Tetrapak bis zur Glasflasche und die Bandbreite von "natürlicher" Milch bis zur H-Milch, machen die Wahl schwer. Und vielen Verbrauchern sind die Unterschiede nicht klar. Selbst der Zusatz "natürlich" hat etwas Zweideutiges. Wird doch aufgrund der Hygienegesetze Milch grundsätzlich pasteurisiert. Allerdings im Falle von "natürlich" erfolgt eine Erhitzung nur für eine Dauer von 15 bis 30 Sekunden auf 72 bis 75 °C. Danach wird die Milch sofort wieder abgekühlt. Krankmachende (pathogene) Keime in der Milch werden dabei abgetötet. Eine gewisse natürliche Flora bleibt jedoch vorhanden. Pasteurisierte Milch bleibt ungeöffnet bei 6 bis 7 °C gelagert etwa 6 bis 10 Tage genießbar. Eine neuere Errungenschaft und zwischenzeitlich in allen Regalen zu finden ist die ESL-Milch (böse Zungen sprechen nicht e-s-l, sondern esel und es heißt echt deutsch: Extended Shelf Life, was für länger haltbar steht). Bei der so genannten Hochpasteurisierung wird die Milch mit einem neuen schonenden Verfahren auf 85 bis 127 °C erhitzt. Die Haltbarkeit liegt nach dieser Behandlung bei 12 bis 21 Tagen in gekühltem Zustand. Vitamine müssen jedoch bei dieser Behandlung zum Teil die Segel streichen, aber sie sollen im Vergleich zur H-Milch größere Überlebenschancen haben. H-Milch ist aufgrund der Ultrahocherhitzung (kurzzeitig auf 143 °C) Monate haltbar. Das funktioniert in ungeöffnetem Zustand auch bei Zimmertemperatur. Allerdings ist von einem natürlichen Milchgeschmack keine Rede mehr. Aber die Verdaulichkeit erhöht sich. Und damit kommen wir zum nächsten Kapitel.

Wenn Milch krank macht

"Die Milch macht's" war ein bekannter Werbeslogan, aber manchmal macht die Milch mit dem Konsumenten auch schlimme Dinge. Eine Laktose-Intoleranz kann zu bösen gesundheitlichen Störungen führen. Nach einer Schätzung vertragen weltweit 75 Prozent der erwachsenen Menschen keinen Milchzucker. Diese Menschen müssen jedoch nicht auf "Milch" verzichten. Eine Alternative sind zum Beispiel Hafer- oder Reismilch. Getreidemilch hat allerdings weniger Eiweiß und Vitamine und Mineralien, daher werden diese Stoffe oftmals zugesetzt. Und letztlich gibt es noch laktosefreie Kuhmilch, auch in biologischer Qualität, die nach Herstellerangaben mit allem Guten der Milch ausgestattet ist, außer Milchzucker.

Elisabeth Schütze



 
Quelle: Der Spatz - Alternativer Anzeiger für Bayern, D-80999 München
http://www.derspatz.de/
derSpatz@t-online.de
    

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