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Das EU-Öko-Logo: Wie mit NEIN stimmen?
Sehr geehrte Damen und Herren,

unter ec.europa.eu/agriculture/organic/logo/voting/voting_en.htm
sehen Sie die drei Logoentwürfe, über welche die EU-Kommission seit gestern eine Onlineabstimmung durchführt. Wenn Sie keines der Logos gut finden, stimmen Sie mit NEIN, in dem Sie Ihre Meinung an info@organic-logo-competition.eu und Mariann.Fischer-Boel@ec.europa.eu senden.

Die drei Logoentwürfe erfüllen meines Erachtens ihren Zweck nicht. Sie sagen nicht deutlich: "Dies ist ein Bioprodukt". Wenn die drei Logos verkleinert auf Produktpackungen wiedergegeben werden, sind sie nicht unterscheidungskräftig, weil man sie kaum erkennen kann.

Wenn Sie mit keinem Logo einverstanden sind, stimmen Sie mit NEIN, in dem Sie ein Email schicken: "The three organic draft logos put up for a public vote do not communicate that the product is organic. None of the three is destinctive when printed in small scale on packing. I vote NAY and reject all three. A new draft shall be proposed".

Warum dieser weitere Versuch der Logoentwicklung noch nicht zu einem guten Erfolg führte, versteht besser, wer die Sichtweise der Kommission nachvollzieht: "Seit Jahrzehnten klagt die Kommission über das soziale Legitimationsdefizit", das sie in der zutreffend beobachteten Tatsache erkennt, "dass sich die europäischen Bürger nicht so sehr für "ihre"
Union interessieren und zumeist Negatives mit Brüssel assoziieren. Klärte man sie nur ausreichend auf, so ein verbreiteter Glaube in der Kommission, würde sich dies ändern" (Ulrich Haltern, Europarecht - Dogmatik im Kontext; Tübingern 2007, unter Hinweis auf das Weißbuch "Europäisches Regieren", S. 63, Rn. 114).

Die Kommssion sieht die Lösung für dieses Wahrnehmungsdefizit in der Entwicklung eines Erscheinungsbildes der Gemeinschaft im Sinne einer Corporate Identity. 1997 führte diese Sichtweise zu einem ungeeigneten Konzept der europaweit einheitlichen Kennzeichnung von Bioprodukten. Im Dezember 2009 wiederholt die Kommission das gleiche Drama aus dem unverändert falschen Glauben, das werbewirksame Auftreten der Gemeinschaft sei wichtiger, als die wirklich professionelle Entwicklung eines tauglichen EU-Öko-Logos.

Im Dezember 2009 sieht man vier runde Embleme mannshoch auf die Fensterscheiben am Eingang des Gebäude der Generaldirektion Landwirtschaft (AGRI) in der Brüsseler Rue de la loi geklebt. Offenbar schätzt man diese Logos bei der Generaldirektion Landwirtschaft noch heute. Wegen ihrer fehlenden Unterscheidungskraft (distinctiveness) erlangten sie am Markt nie praktische Bedeutung. 1997 waren sie als Logo-Familie konzipiert worden, mit der die Kommission die Leistung der Gemeinschaft für die Qualität von Lebensmitteln kommunizieren wollte. Sie ließ die Logos dieser Familie so einheitlich konzipieren, dass nur Sachkenner sie auf Lebensmittelpackungen auseinanderhalten können. Alle diese Embleme sind rund mit Randzacken.
Die Schrift auf dem Ring und die landwirtschaftlichen Symbole in der Mitte lassen sich kaum erkennen. Das Logo für Ökoprodukte (mit dem grünen Rand) ist dem Logo für die geschützten geographischen Herkünfte (mit dem roten Rand) sehr ähnlich. Anbieter von Ökoprodukten müssen deren Besonderheit und ihre Mehrleistung jedoch deutlich kommunizieren, um mit dieser Nachricht nicht in der Kakaphonie einer EU-Logo-Familie ganz anderer Werbeaussagen unterzugehen. Das EU-Öko-Logo aus dieser Familie hat daher kaum jemand benützt. Die Ökobauern und Lebensmittelunternehmen sprachen sich schon bei der Entwicklung der Logofamilie 1997 vergebens gegen dieses Gleichmachen aus, denn aus der Sicht der Kommission stand der einheitliche Auftritt ihrer Qualitätsarbeit im Vordergrund.

In der Revision der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 sah die Kommission eine Gelegenheit, dem Logo doch noch praktische Anwendung zu verschaffen. Seine Verwendung wurde für alle Biolebensmittel, mit Ausnahme der aus Drittstaaten importierten, zwingend festgeschrieben. Heute findet sich das Ökologo aus dem Jahre 1997 als Anhang XI der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 und die Verwendungspflicht steht in Artikel 24 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 834/2007, allerdings gültig gemäß Artikel 42, 4. Satz, erst ab 01.07.2010, wie durch die Änderungsverordnung (EG) Nr. 967/2008 im September 2008 festgelegt.

Die Kommission legte den Mitgliedstaaten einen für sie von einer Agentur entwickelten Entwurf im Dezember 2007 vor. Schon vor der Verabschiedung der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 hatten sich die Mitgliedstaaten von der Kommission zusichern lassen, das ungeliebte alte EU-Öko-Logo durch ein neues, unterscheidungskräftige, noch vor dem Gültigwerden der Logoverwendungspflicht, EU-Logo von 1997 durch ein anderes, unterscheidungsfähiges Zeichen auszutauschen. Die entsprechende Verordnung zur Änderung des Anhang XIa erließ die Kommission dann doch nicht, weil sie von den interessierten Fachkreisen darauf aufmerksam gemacht worden war, dass das neue Logo dem Warenzeichen des deutschen Lebensmitteldiscounters ALDI für dessen Ökoprodukte zum Verwechseln ähnelte.

Julien Monsnier, Mitglied des Kabinetts der Agrarkommissarin Fisch Boel, wies als Redner in einer Konferenz der EU-Mitglieder der International Federation of Organic Movements (IFOAM) in Brüssel am Mittwoch der vergangenen Woche darauf hin, dass die Kommission nun die Entwicklung des Designs für das neue Logo sehr ernst ("extremely serious") genommen habe. Man habe einen Wettbewerb ausgeschrieben. Der Erfolg sei überwältigend gewesen, man habe 3393 Entwürfe von Grafikstudenten erhalten. Nur diese hätten teilnehmen dürfen. Das sei ein toller Erfolg gewesen. Die Expertise von Europas führenden Designfachleuten sei bei der Auswahl von Logos herangezogen worden, die von der Kommission der Öffentlichkeit zu einer Abstimmung vorgestellt werden sollen.

Außer den Studenten durfte niemand Entwürfe einreichen. Der Wettbewerb zielte eher auf die Förderung der Grafikausbildung und das gute Ansehen der Kommission an den Designhochschulen, als darauf, ein ökologisches Prüfzeichen zu entwerfen, das eindeutig als solches erkennbar sein würde.
Solche Zeichen werden professionell in der interdisziplinären Zusammenarbeit von Kognitionspsychologen, Textern, Grafikern und Markenrechtlern entworfen. NESTLE oder BMW würden ihre Markenentwicklung keinem Designwettbewerb überlassen. Wenn Sie ein anderes Logo, als eines von den drei vorgestellten wünschen, sollten Sie dies der Kommissarin und der Arbeitsgruppe Logo bei der Kommission schreiben.

Mit freundlichen Grüßen



Hanspeter Schmidt · Rechtsanwalt am OLG Karlsruhe und LG Freiburg Fachanwalt für Verwaltungsrecht · Mediator

Attorney-at-law at the Court of Appeals Karlsruhe and the Superior Court Freiburg (Germany)· Certified Specialist for Administrative Law · Mediator

Sternwaldstraße 6a · D-79102 Freiburg im Breisgau · Germany tel xx49 (0)761 702542 · fax 702520 · mobile 0171 5714437 · e-mail hps@hpslex.de
 
Quelle: ECO-News Deutschland, D-81371 München
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