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Presse-Stelle:  Der Spatz - Alternativer Anzeiger für Bayern, D-80999 München
Rubrik:Essen & Trinken    Datum: 12.12.2008
Heiße leere Meere
Globale Fischvernichtung durch Atomkraftwerke und Garnelenzucht
Verseuchte Strände; stinkende, bräunliche Küstengewässer; abgestorbene Korallenriffe; arbeitslose, hungernde Fischerfamilien; leere, überhitzte Ozeane: Sieht so die Zukunft der Meere aus? Wenn die Welt weiter dieser von rücksichtslosem Profitstreben, Konzerninteressen und politischer Ignoranz angetriebene Zerstörung dieses wichtigsten Ökosystems unseres blauen Planeten tatenlos zusieht, dann ist dieses tragische Szenario garantiert und nicht mehr weit entfernt!

Meeresfisch ist die wichtigste Nahrungsmittelquelle für Hunderte von Millionen Menschen vor allem in den Tropen. Doch dort findet gerade im Namen von "Entwicklung" ein katastrophales Fischmorden auf den verschiedensten Ebenen statt. Bis heute gelangen die Abwässer von Brasiliens Küstenstädten weitgehend ungeklärt ins Meer. Dies gilt auch für Rio de Janeiro. Über mehrere Kilometer lange Rohrleitungen werden die Abwässer ins Meer gepumpt. So genannte Todeszonen breiten sich an Brasiliens Küste immer weiter aus. Abhilfe ist nicht in Sicht. Stattdessen werden Fischerdörfer und Buchten in Brasilien auf Teufel komm raus "weiterentwickelt" auch mit deutscher Hilfe.

"Wir dürfen nicht 'auf Pump' der Meere leben", sagte vor kurzem der um Nord- und Ostsee besorgte deutsche Bundesumweltminister Gabriel. Die Regierung wolle deshalb Meere wie die Nord- und Ostsee stärker vor übermäßigem Fischfang, sonstiger wirtschaftlicher Ausbeutung sowie Schadstoffen schützen. Größte Probleme seien Überfischung, Verschmutzung durch Schad- und Nährstoffe, die Versauerung der Meere und der zunehmende Schiffsverkehr. "Schon heute gilt ein Viertel der Fischbestände weltweit als überfischt. Wenn dieser Trend nicht gestoppt wird, ist bis Mitte des Jahrtausends kein kommerzieller Fischfang mehr möglich. Milliarden Menschen würde dann der wichtigste Eiweißlieferant fehlen."

In der Bucht von Sepetiba im Süden von Rio de Janeiro ist dieses Katastrophenszenario bereits der Fall. Dank eines deutsch-brasilianischen Stahlwerks- und Exporthafenprojekts der Firmen Thyssen-Krupp und Vale verloren hier im vergangenen Jahr rund 8000 Fischerfamilien ihre Fanggründe und Existenz. "Der Fischbestand ging extrem zurück, zudem sind die übrigen Fische mit Schwermetallen aus dem Abraumschlamm belastet. Die Hafenanlagen entstehen außerdem exakt in dem Teil der Bucht, wo die Fischer früher die besten Fänge hatten", berichtet aktuell das Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL) in Berlin.

In Brasilien werden Mangroven und Lagunen weiter Opfer von Tourismus-Ressorts und Garnelenzuchtfarmen. Durch diese oft von internationalen Investoren lancierten Projekte verlieren nicht nur die Einheimischen Strände und Fischgründe. Das Meer verliert damit eine seiner wichtigsten Kinderstuben, die Mangroven. Hier wachsen die Jungfische heran, die später das offene Meer bevölkern. Doch was wird mit dem Leben im Meer, wenn statt der Mangroven nur noch Zuchtfisch- oder Zuchtgarnelenbecken da sind?

Eine weitere Bedrohung unserer Fischressourcen ist gerade dabei eher zu-, denn abzunehmen: Atomkraftwerke! Ob junge Forellen, Jung-Aale, Garnelen oder Baby-Lachse: Die Kühlwassersysteme von Strom- und Atomkraftwerken ohne Kühltürme machen keinen Unterschied. Sie vernichten in ungeahnten Ausmaßen Fischeier, Fischbrut, Larven und Jungfische von Flüssen und Küstengewässern, warnte vergangenen Oktober der AP-Bericht "Billions of fish, fish eggs die in power plants" in den USA. Allein an Kaliforniens Küste verbrauchten 19 Kraftwerke rund 3,5 Milliarden Liter Meerwasser pro Tag. "Dies ist eine reelle signifikante fortschreitende Schädigung unseres Marinen Ökosystems", beklagt die California Coastkeeper Alliance in San Francisco. Bei vielen Fischarten braucht es mindestens 1000 lebensfähige Eier, damit am Ende wenigstens ein Fisch überlebt und heranwächst. Auf Basis dieser Daten hat die US-Umweltbehörde ausgerechnet, dass die Stromkraftwerke der USA jährlich etwa 1,5 Milliarden ausgewachsene Fische tötet.

Erst im April alarmierte The Times, dass die britischen Atomkraftwerke das Leben aus den Gewässern saugen. Im Bericht "Nuclear plants sucking the sea life from British waters", beklagen Forscher aus Oxford den Mord von Milliarden von Fischen jährlich durch die Atomindustrie. Auch hier sind Kraftwerke ohne Kühltürme die Hauptverursacher dieses massenhaften Fischsterbens. Man habe die Folgen für die Fischpopulationen früher kaum verstanden, weil zu wenige Studien dazu gemacht wurden, kritisiert der britische Umweltforscher Peter Henderson. Er schätzt, dass durch das vernichten der Jungfische in den Kühlsystemen die britischen Gewässer mehrere Tausend Tonnen an Fisch pro Jahr verlieren. Besonders betroffen sei der Kanal zwischen England und Frankreich, weil das Meer hier durch Kraftwerke von beiden Seiten regelrecht leergesaugt werde. Kaum anders die Situation am Atomkraftstandort Angra zwischen Rio de Janeiro und Sao Paulo. Zwei, auf Kühlwasser aus dem Meer angewiesene Atomkraftwerke stehen dort bereits. Ein drittes, Angra 3, wird gerade gebaut - mit Unterstützung aus dem deutsch-brasilianischen Atomenergieabkommen. Die fortschreitende Vernichtung der Fischressourcen in der Bucht von Angra ist damit vorprogrammiert.

Während die Kinderstuben der Meeresfische weiter vergiftet, abgeholzt, verbaut und zubetoniert werden, geht die Jagd nach den letzten Fischen im offenen Meer mit gleicher Rücksichtslosigkeit weiter. "80 Prozent der Bestände in Nordsee, Ostsee und Mittelmeer stehen am Rande des Zusammenbruchs, die Brüsseler Fischereipolitik ist gescheitert", so das Greenpeace-Magazin. "Europas Trawler werfen ihre Netze in den entlegensten Seegebieten aus - in der Arktis, vor Afrikas Küsten, sogar im Pazifik. So exportieren wir die rücksichtslose und kurzsichtige Ausbeutung der Meere in alle Welt."

Etwa drei Viertel des Fischs, den wir konsumieren, wird mit großen Trawlern gefangen. Mit fußballfeldgroßen Netzen und moderner Radartechnik werden ganze Fischschwärme komplett abgefischt. Unzählige Tonnen von unerwünschtem, so genanntem Beifang werden tot zurück ins Meer gekippt. Immer größere Teile der Hochsee sind bereits überfischt. Inzwischen wird der Fisch bis in die Tiefsee verfolgt.

Die immer stärker auf den Markt gedrückte Alternative Zuchtfisch ist nur auf dem ersten Blick weniger gefährlich als die Hochseetrawler. Tatsächlich werden viele Zuchtfische mit Wildfisch aus der rücksichtlosen Gammelfischerei gefüttert. Auf ein Kilo Zuchtfisch kommen etwa vier Kilo Futter aus Wildfischen. Vor allem die Küsten Lateinamerikas und Afrikas werden dafür leergefischt. Zuchtfischanlagen bedrohen außerdem wie im Falle von Lachs durch ihre Abwässer die Ökosysteme von Buchten und Fjorden und durch die Verbreitung von Fischkrankheiten natürliche Wildlachsbestände. Kaum anders die Garnelenzucht: Schon die Abholzung der Mangroven ist ein Desaster. Hinzukommen Abwasserprobleme, der Einsatz von Antibiotika und die Verbreitung von Krankheiten.

Immer deutlicher bekommen die Meere nun auch die Globale Erwärmung zu spüren. In der Karibik wurden 2006 selbst in 30 Metern Tiefe noch 31 Grad Celsius gemessen, so Kenrick R. Leslie von der Karibischen Vereinigung des Klimawandel-Centers in Belize: "Unter diesen Bedingungen leiden die Fischpopulationen, Algenwuchs nimmt zu, Korallenriffe sterben ab."

Die Bedrohung der Ozeane und damit unseres Planeten ist offensichtlich. Ökologisch zertifizierter Fisch oder Meeresfisch aus nachhaltig bewirtschafteten Wildfängen zu kaufen macht sicher Sinn. Punktuell kann man damit auch traditionelle Fischergemeinden unterstützen. Doch reicht dies längst nicht aus, um das Leben in den Meeren zu retten. Beim jüngsten Dräger-Symposium "Mehr als Wasser - Ozeane und globale Verantwortung" in Lübeck sprach sich die bekannte Ozeanografin Sylvia Earle deshalb für einen radikalen Bewusstseinswandel aus.

Norbert Suchanek
Rio de Janeiro

Weitere Infos:
www.seas-at-risk.org

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