Exemplarisch ist die Entwicklung in Südamerika, einem von der industriellen Agrarwirtschaft dominierten Kontinent: Trotz gewaltiger Expansion der Agrarflächen ist regelmäßiger Hunger dort stark angestiegen. 131 Millionen Menschen sind betroffen, ein Anstieg um 67 % seit dem Jahr 2014. Südamerika ist bekannt für die aggressive Expansion der Produktion weniger Agrargüter wie Soja, Rindfleisch oder Zuckerrohr. "Dieses industrielle Agrarmodell wird immer wieder als "modern" betitelt - auch von den davon profitierenden Agrarkonzernen wie Bayer, BASF oder Syngenta. Es ist jedoch viele Jahrzehnte alt und geht an den Bedürfnissen der Hungernden vollkommen vorbei. Dies zeigen die Zahlen aus Südamerika auf erschreckend deutliche Weise", so Roman Herre, Agrarreferent von FIAN Deutschland. Zu den wichtigsten Hungerursachen gehören soziale Ungerechtigkeit, Diskriminierung und ungerechte Handelsstrukturen. FIAN fordert daher eine menschenrechtlich ausgerichtete Hungerbekämpfung, die - neben der akuten Katastrophenhilfe, der Bekämpfung der Erderhitzung und der Beendigung kriegerischer Konflikte - zuerst die Rechte marginalisierter Bevölkerungsgruppen stärkt. Hintergrund: Definitionen Die FAO hat 2019 zur Hungerbemessung erstmals umfassende Daten des neuen Indikators FIES (Food Insecurity Experience Scale) berücksichtigt. Er beruht im Gegensatz zum klassischen Indikator Prevalence of Undernourishment (PoU) auf konkreten Haushaltsbefragungen. Die weltweite Erhebung des FIES-Indikators ermöglicht eine genauere Analyse der Hunger-Ursachen, obgleich eine Aufschlüsselung nach Ländern weiterhin fehlt. Aktuelle Zahlen der FAO.PNG Hintergrund zum FIES Der FIES wurde als zusätzlicher Indikator zur Erreichung von SDG 2 ("Den Hunger weltweit bis zum Jahr 2030 beenden") etabliert. Er kann unterschiedliche Schweregrade von Hunger und Ernährungsunsicherheit messen. Mit dem diesjährigen Bericht der FAO zu Hungerzahlen (SOFI, Juli 2019) wurden erstmals Zahlen zu "moderater Ernährungsunsicherheit" (moderate food insecurity) veröffentlicht. Zudem bietet der neue Indikator die Möglichkeit, die Daten zu disaggregieren - also nach Geschlecht, Alter, Wohnort etc. aufzuschlüsseln. Dadurch können zugrundeliegenden Ursachen von Hunger deutlich besser analysiert und die Wirkung politischer Maßnahmen auf marginalisierte Gruppen hergestellt werden. Rekordernten und Lagerbestände Die Weltgetreideernte beinhaltet die Ernte der global bedeutendsten Grundnahrungsmittel Weizen, Mais und Reis. Laut FAO (Food Outlook 5/2019) ist die Weltgetreideernte in den letzten 10 Jahren stark angestiegen, von 2,2 auf 2,8 Milliarden Tonnen (+27%). Die Weltbevölkerung ist im gleichen Zeitraum um 11% gewachsen. Auch die Weltgetreidespeicher sind deutlich besser gefüllt als noch vor 10 Jahren (852 Millionen Tonnen gegenüber 520 Millionen Tonnen). Wie viele Menschen sterben an Hunger? Es gibt keine systematischen Untersuchungen zu der Zahl der Menschen, die an den Folgen von Hunger und Mangelernährung sterben. Verschiedene UN-Organisationen haben dazu unterschiedliche Schätzungen veröffentlicht. Laut FAO-Bericht aus dem Jahr 2002 sterben täglich 25.000 Menschen an den Folgen von Hunger und Mangelernährung, somit 9,1 Millionen pro Jahr. Laut dem damaligen UN-Sonderberichterstatter zum Recht auf Nahrung starben 2006 etwa 36 Millionen Menschen an den Folgen von Hunger und Mangelernährung.
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