Zurück zur ECO-World Startseite

Haftungsausschluss
Impressum
Datenschutzerklärung
 








  Forum
 
 
HOME | Top-Nachrichten | Umwelt & Naturschutz alle Nachrichten
 Hier finden Sie laufend aktuelle Nachrichten aus dem Themenbereich Ökologie.
Stichwort    Art 
Hilfe   neue Suche  alle Pressestellen anzeigen 
Wenn Sie Meldungen zu einem bestimmten Thema suchen, steht Ihnen die Navigation links zur Verfügung. - Mit ECO-News, dem Presseverteiler der ECO-World sind Sie immer auf dem Laufenden.

 ECO-News - die grüne Presseagentur
Presse-Stelle:  ECO-News Deutschland, D-81371 München
Rubrik:Umwelt & Naturschutz    Datum: 10.05.2024
Bizarre Vorlieben: Monarchfalter-Raupen gieren nach giftiger Pflanzenmilch
Komplexer, als angenommen: im Gewächshaus der Uni Hohenheim schützen sich Monarchfalter-Raupen durch Pflanzen-Gift. Indem sie Gift-Pflanzen geradezu melken
Es ist ein niedliches Bild: Ein Tierbaby, das hingebungsvoll seine Milch nuckelt. Nur: bei dem Säugling handelt es sich um eine gelb-schwarz geringelte Raupe. Und bei der Milch um giftig-weißen Saft der Seidenpflanze. Kredenzt wird dieser Giftcocktail in einer Pipette durch Anja Betz, Doktorandin an der Universität Hohenheim in Stuttgart. Doch die Biologin handelt nicht in böser Absicht: die Jung-Insekten lieben den giftigen Saft und suchen gezielt nach ihm. Dazu müssen sie allerdings erst ein gewisses Alter erreichen. Für Fressfeinde kann das Seidenpflanzen-Gift im Raupenkörper jedoch tödlich sein. Die wissenschaftlichen Details erschienen jetzt in der Zeitschrift "Proceedings of the Royal Society B / Biological Sciences.

© Universität Hohenheim / Frank Roller unger+
Die Luft ist erfüllt von blumig-würzigem Blütenduft. Darin schwingen leichte Noten von Vanille und Honig. Und viele, sehr viele, sehr farbenfrohe Schmetterlinge. Es sind Monarch-Falter. Das gleißende Licht der Keramik-Dampf-Lampen lässt ihre Flügel leuchten: Orange mit schwarzen Adern und weißgepunkteter Bordüre.

Gelb-orange ist auch die Quelle des Duftes: Die Blütenpracht der Seidenpflanze (Asclepias curassavica), einem schulterhohen Hundsgiftgewächs aus Amerika. In ihren Pflanzenadern fließt ein milch-weißer, klebriger und giftiger Pflanzensaft. Auf ihren Blättern ringeln sich grüngelbe Raupen in neongrellem Ringelsocken-Look. Es sind die Raupen der Monarchfalter, und sie ernähren sich von der Giftpflanze aus Amerika. Und zwar ausschließlich von dieser.

Forschungsprojekt und Besuchermagnet Hightech-Gewächshaus
Das Mini-Ökosystem hinter Glas ist einer der Besuchermagneten im Phytotechnikum, dem künftig größten HighTech-Forschungsgewächshaus Europas. Als Deutschlands Nr. 1 in Agrarforschung erprobt die Universität Hohenheim dort neue Ansätze für eine nachhaltigere Landwirtschaft und forscht für den Erhalt der Biodiversität. Die Monarchfalter sind Teil der biologischen Grundlagenforschung, mit der Prof. Dr. Georg Petschenka grundlegende Zusammenhänge in der Ökologie erkundet.

Ministerpräsident und Hohenheim-Absolvent Winfried Kretschmann ließ sich bereits einen Falter auf die Handfläche setzen. Forschungsministerin Petra Olschowski bestaunte kurz nach ihrer Vereidigung die Monarchen.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir besuchte die Luftakrobaten zusammen mit Kolleg:innen der G7-Ministerkonferenz, die 2023 an der Universität Hohenheim zum Austausch eingeladen hatte.

Ältere Raupen lieben die Giftmilch-Fütterung im Labor
Dank des Falter-Biotops stießen die Insektenforscher:innen der Universität Hohenheim nun auf neue Erkenntnisse über das komplexe Miteinander von Seidenpflanze und Monarchfalter-Raupen. Und sie widerlegten ältere Mythen über die Ernährungsgewohnheiten des Insektennachwuchses.

Deutlich wird das im Labor, wo Doktorandin Anja Betz die giftige Milch der Seidenpflanzen auf Pipetten zieht. In Video-Aufnahmen dokumentiert die Forscherin, wie begierig der Insektennachwuchs ab einem Alter von einigen Tagen die Pipette sucht, um Gift zu nuckeln.

Pflanzengift schützt lebenslang vor Fressfeinden
"Auf diese Weise bauen die Tiere einen lebenslangen Schutz vor Fressfeinden auf", erklärt Prof. Dr. Petschenka, der die Doktorarbeit von Betz betreut. Wenn beispielsweise Vögel die Raupen oder Schmetterlinge fressen, hemmt das Gift ein lebenswichtiges Enzym, das für den Ausgleich von Natrium und Kalium in Körperzellen sorgt. Ohne diesen Ausgleich bricht die Energieversorgung der Zellen zusammen. Was selbst für größere Tiere tödlich sein kann.

Die Monarchfalter selbst haben im Lauf der Evolution einen Weg gefunden, mit dem Gift in ihrem Körper zu leben. Die leuchtenden Farben der Schmetterlings-Flügel und die grellbunten Ringel der Raupen dienen dazu, ihre Feinde zu warnen und abzuschrecken.

Frühere Forschung unterschätzte die Affinität der Raupen zum Pflanzensaft
Bislang wenig beachtet war jedoch die Gier, mit der vor allem ältere Raupen dem schützenden Pflanzensaft verfallen. Und dass sie die Seidenpflanze förmlich dafür melken: Dazu kappen die Raupen gezielt die Hauptblattader, die den meisten Milchsaft führt, und saugt sie diese geradezu aus. "Vein cutting" bezeichnet Betz dieses Verhalten mit dem Fachausdruck.

"Eigentlich kennen wir das Anbeißen von Leitungsbahnen durch Insekten nur, um genau das Gegenteil zu erreichen: Statt Milchsaft zu suchen, wollen sie ihn vermeiden. Dazu beißen sie die Pflanzenblätter an, lassen den Saft abfließen und fressen dann gefahrlos das trockene Blattgemüse. Das ist ein Klassiker der chemischen Ökologie", erklärt Prof. Dr. Petschenka.

Als Beispiel für diese Vermeidungstaktik nennt der Forscher der Universität Hohenheim die Raupen der Gattung Euploea. Das sind enge Verwandte des Monarchfalters, die sich ebenfalls von Seidenpflanzen ernähren, aber deren Gifte nicht speichern. "Wenn diese Raupen die Hauptblattader durchtrennen, spucken sie den Pflanzensaft sofort wieder aus."

Caterpillar-Cats: So gierig wie Katzen auf Milch
Die Idee, dass Monarchfalter-Raupen ganz andere Ziele verfolgen, kam Prof. Dr. Petschenka und Anja Betz durch eine Beobachtung: "Uns fiel auf, dass Monarchfalter-Raupen ihre Blattmahlzeit ohne Umschweife begannen, statt einen vorläufigen Biss zu machen und das Trockenlaufen der Blätter abzuwarten. Das hat uns erst einmal misstrauisch gemacht", berichtet Prof. Dr. Petschenka

Bestätigt sahen sich die beiden auch durch Bissspuren, bei denen kein Saft mehr an der Blattwunde zu finden war. "Wären die Bisse erfolgt, um den Saft abrinnen zu lassen, hätten wir angetrocknete Reste erwartet ", ergänzt Betz. Vielleicht waren diese Bisse also nicht dazu gemacht, um den klebrigen Giftsaft zu vermeiden - sondern um ihn zu finden. Den Beweis dafür brachten dann die Laborexperimente.

Überrascht waren die beiden allerdings dann doch, wie gierig die ältere Raupenzöglinge auf den angebotenen Giftsaft reagierten. "Wenn wir ihnen einen Tropfen reichen, tauchen die Tiere ihre Mundwerkzeuge regelrecht in die Saftperlen hinein", berichtet Betz. "Sie wirken dann eher wie kleine Katzen, die genüsslich ihre Milch aufschlecken."

Frisch geschlüpfte Monarchfalter-Raupen müssen den klebrigen Saft noch meiden
Für ihre Technik müssen die Raupen des Monarchfalters jedoch erst eine gewisse Größe und Kraft in den Kauwerkzeugen erreichen. "Frisch geschlüpfte Monachfalter-Raupen meiden dem Pflanzensaft. Wir vermuten, dass der dickliche Saft die kleinen Fresswerkzeuge verkleben würden, so dass die Junglarven verhungern müssten", erläutert Betz.

Das zeigen die Baby-Raupen auch im Laborexperiment: Wenn Betz ihnen die Saft-Pipette anreicht, wenden sie sich ab. Und auch den Milchsaft-Perlen, die Betz für sie auf Blätter tropft, weichen die Tiere aus. "Für besondere Vorlieben", so Betz, "braucht es halt doch ein gewisses Alter."

Text: Klebs

Weitere Informationen

Diskussion

  Login



 
 
  Aktuelle News
  RSS-Feed einrichten
Keine Meldung mehr verpassen

25.07.2024
Gebrauchte Computer als nachhaltige Investition für Unternehmen Die Entscheidung bringt deutliche Vorteile in Bezug auf Umweltschutz und Ressourceneffizienz


Wertstoffe aus Abfall: EU-Projekt Circular Flooring wandelt gebrauchte PVC-Böden in weichmacherfreie Rezyklate um


23.07.2024
Weltweit erstes Hartstoff-Einstreumaterial mit Produkt-EPD für nachhaltiges Bauen: NEODUR HE 3 green von Korodur


Im Garten: Wasser sammeln und sparen VERBRAUCHER INITIATIVE über klimafreundliche Bewässerung

22.07.2024
BMUV fördert landwirtschaftliche Maschinen und Geräte zur schonenden Bewirtschaftung von nassen Moorböden Natürlicher Klimaschutz: Neue Maßnahme des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz soll natürliche Bodenfunktionen stärken

BN und ANL bilden Krötenflüsterer aus Kompetente Artenkenner*innen sind in Bayern immer schwerer zu finden


Anerkennung aus Bund und Land für Pionierleistung: Sauberes Wasser mit nachwachsenden Rohstoffen - Forschungsprojekt zeigt am Beispiel Bodenseekreis Machbarkeit auf


25.000 Quadratmeter Blühflächen für den Artenschutz Gemeinsam mit dem StartUp Immerbunt hat die Ferienhaus-Plattform Naturhäuschen ihr erstes ganz eigenes Naturprojekt initiiert.


Nachhaltigkeit zieht Fachkräfte an wernaer GmbH: Talentgewinnung mit Mehrwert


20.07.2024
Evolution oder Revolution? Brauchen wir jetzt für die solare Energiewende eine schrittweise Evolution oder eine ganz rasche Revolution?

19.07.2024
BAYER schreibt Glyphosat-Gesetze Millionenschwere Lobby-Aktivitäten in den USA

Wasserbüffel auf Mission für die Artenvielfalt: Naturschutzprojekt bei Allershausen feierlich eingeweiht


G20-Staaten müssen bei Klima- und Transformationsfinanzierung endlich echte Fortschritte machen Germanwatch vor G20-Finanzminister-Treffen

EU packt's an: Faire Preise für Landwirtschaft innerhalb planetarer Grenzen Zur Einigung auf wichtige Schritte hin zu einem demokratischen und lebenswerten Europa

Tipps gegen die Sommerhitze Der Hitzeknigge gibt Tipps für das richtige Verhalten bei Hitze


18.07.2024
Gerichtsprozess Rappenalpbach: Gutachten der Staatsanwaltschaft bestätigt Einschätzung des BN Der BN wird sich nun dafür einsetzen, dass die notwendigen Renaturierungs- und Ausgleichsmaßnahmen umgesetzt werden.

Tipps für den Urlaub mit Hund Die Bedürfnisse ihres Tieres im Blick behalten


Green Deal muss jetzt weiterentwickelt werden NGO begrüßt die Wiederwahl der EU-Kommissionspräsidentin


Erzeuger:innen in der Wertschöpfungskette stärken Europäischer Rückenwind für Vertragspflicht vor Lieferung, um Milchversorgung zu sichern


Kläranlage erhält vierte Reinigungsstufe Umweltstaatssekretär Michael Ruhl übergibt Förderbescheide in Höhe von insgesamt über 5 Millionen Euro