Mindestlohnerhöhungen konnten den Verfall der Kaufkraft der Löhne nicht kompensieren. Während der Mindestlohn sich aktuell auf 4.253 Türkische Lira oder 241 Euro netto beläuft, liegt ein Basisexistenzlohn bei 13.000 Türkische Lira oder 880 Euro (Januar 2022). Berechnungen der türkischen Gewerkschaftsförderation Türk-Is kommen zu ähnlichen Ergebnissen wie die türkische Clean Clothes Campaign. Das bedeutet, dass der Mindestlohn nur ein Viertel der grundlegenden Lebenshaltungskosten finanziert. Trotz Erhöhungen des gesetzlichen Mindestlohnes von zuletzt 51 Prozent können Beschäftigte nur durch ständige Umschuldung und Zweitjobs überleben. Bego Demir von der türkischen Clean Clothes Campaign betont, dass "wegen der Hyperinflation die Textilarbeiter*innen mit dem fast unlösbaren Problem konfrontiert sind, ihre Familien zu ernähren. Der Staat gibt Unternehmern finanzielle Anreize, aber die Umsetzung des Arbeitsrechts und des Mindestlohnes wird kaum kontrolliert." Und das, obwohl der Textil-, Bekleidungs- und Ledersektor einer der wichtigsten Export- und Beschäftigungsbereiche ist. Zudem arbeiten 60 Prozent der 1,5 Millionen Beschäftigten ohne Arbeitsvertrag, ohne Sozialversicherung, ohne klare Entlohnungsprinzipien. Die Schattenwirtschaft boomt. Tagelöhner aus aller Herren Länder - Geflüchtete oder Migrant*innen - schuften für globale Modemarken. Häufige Verletzungen von Grundrechten betreffen insbesondere gewerkschaftliche Rechte, Kinderarbeit und Diskriminierung. Überstundenregelungen bleiben durchgängig unbeachtet - und niemand kontrolliert oder ahndet dies. Auch deshalb fordert die Kampagne für Saubere Kleidung als Mitglied der Initiative Lieferkettengesetz, dass Europa Verantwortung übernimmt und ein wirksames EU-Lieferkettengesetz beschließt, welches Mensch und Umwelt in den Liefer- und Wertschöpfungsketten von Unternehmen konsequent und umfassend schützt. Auch Bego Demir von der türkischen Clean Clothes Campaign fordert, dass "Modemarken, die in der Türkei Lieferketten haben, sicherstellen müssen, dass ihre Beschäftigten ihre Rechte bekommen." Weitere Informationen:
Artikel drucken Fenster schließen |