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Presse-Stelle:  oekom verlag, D-80337 München
Rubrik:Umwelt & Naturschutz    Datum: 04.03.2009
Interview mit Frauke Wiese, DUH: "Die Stromnetze sind der Flaschenhals der Energiewende"
Die Energiewende ist schon ein gutes Stück vorangekommen, nun aber drehen sich Windräder immer öfter umsonst: Das deutsche Stromnetz ist nicht für die flexible Übertragung aus dezentralen Anlagen ausgelegt, und die Energieriesen tun wenig, um das zu ändern. Warum die Deutsche Umwelthilfe jetzt eine "Allianz Netzintegration" schmieden will, erklärt Frauke Wiese.

umwelt aktuell: Frau Wiese, immer wieder betonen UmweltschützerInnen, dass die Stromnetze eine Schlüsselrolle spielen, um die Ausbauziele für erneuerbare Energien zu erreichen. Warum?

Frauke Wiese: Die Stromnetze sind der Flaschenhals der Energiewende - sie sind nicht dafür ausgelegt, die Strommengen aus Wind, Sonne und Biomasse aufzunehmen und zu verteilen. Das System der Stromerzeugung ändert sich ja mit den erneuerbaren Energien: Strom aus Windrädern oder Solaranlagen wird meistens dezentral, also von vielen Anlagen jeweils ein bisschen, ins Netz eingespeist und nicht wie bisher aus den Kraftwerken, die große Mengen von einem Standort ins Netz drücken. Das Netz ist aber bislang auf Atom- oder Kohlekraftwerke ausgerichtet. Es ist zentralisiert und für die neuen Energieerzeuger nicht gut geeignet. Auch auf See wurde bislang kein Strom erzeugt, deshalb müssen die Windparks in Nord- und Ostsee mit neuen Kabeln ans Netz angeschlossen werden, damit der Strom in die Großstädte und Industrieregionen gelangt. Und die Energiewende steht ja erst am Anfang. Die Bundesregierung will bis 2020 den Anteil der regenerativen Energien im Stromsektor auf mindestens 30 Prozent ausbauen, die Erneuerbare-Energien-Branche hält sogar 47 Prozent für machbar. Das ist ambitioniert, aber angesichts des Klimawandels brauchen wir solche anspruchsvollen Ziele. Das heißt aber gleichzeitig: Wir müssen das Stromsystem umbauen. Und das passiert nicht von allein.

Was muss geschehen, damit unsere Netze optimal für erneuerbare Energien gewappnet sind?

Ein großes Hindernis ist, dass die Eigentümer des Stromnetzes - die vier marktbeherrschenden Stromkonzerne - wenig Interesse an dessen notwendigem Umbau haben. Die EU hat klar vorgegeben: Energiekonzerne sollen nicht gleichzeitig auch die Netze betreiben. Um einen diskriminierungsfreien Zugang für die Erneuerbaren zu erreichen, könnte eine bundesweite Netzagentur hilfreich sein, an der der Bund die Mehrheit hält und die kommunalen Netzbetreiber beteiligt sind. Technisch muss das bestehende Netz angepasst werden. Aber auch wenn das vorhandene Optimierungspotenzial ausgeschöpft ist, sind neue Leitungen im Verteilnetz von 20 bis 110 Kilovolt und für den Transport des Windstroms von See von 380 Kilovolt im Übertragungsnetz nötig. Diese neuen Hochspannungsfreileitungen will aber niemand vor seiner Haustür haben, deswegen müssen wir die Bevölkerung sehr viel besser über die neue Situation bei der Stromerzeugung aufklären und technische Alternativen einbeziehen.

Was fordern Sie von den PolitikerInnen in Deutschland und Europa?

Sie müssen das ganze europäische Stromsystem flexibler gestalten, damit es den wachsenden Anteil erneuerbarer Energien jederzeit aufnehmen kann. Der Bau weiterer Kohlekraftwerke oder eine Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke ist falsch, denn diese reagieren nicht flexibel auf die schwankende Stromnachfrage und die fluktuierende Einspeisung von Wind- und Solarstrom. Die Netze zwischen den Staaten müssen ausgebaut, neue Speichertechniken entwickelt werden. Weil die Stromeinspeisung aus Wind und Sonne schwankt, müssen vorhandene Pumpspeicher zum Ausgleich genutzt und neue Speicher wie Druckluftspeicher für Windenergie gefunden werden.

Eine Rolle in den Planungen spielen auch die sogenannten Super-Grids. Worum geht es dabei?

Mit Super-Grid bezeichnet man ein länderübergreifendes Stromnetz, das mit der Hochspannungsgleichstromübertragung große Energiemengen über weite Strecken transportiert. Wenn zum Beispiel Europa und Nordafrika mit einem Super-Grid verbunden sind, können die Länder die erneuerbaren Energien nutzen, die klimatisch und geografisch am besten angepasst sind. Also solarthermische Kraftwerke in Spanien und Nordafrika, Windkraftanlagen in Friesland und in der Nordsee, Wasserkraft-Pumpspeicher in den Alpen und in Skandinavien.

Derzeit wird im Bundestag das Energieleitungsausbaugesetz verhandelt. Die Deutsche Umwelthilfe hat vor einiger Zeit Alarm geschlagen, dass das Gesetz sein Ziel - einen zügigen Netzausbau - verfehlen würde. Warum?

Der Gesetzentwurf konzentriert sich auf den Ausbau der Übertragungsnetze mit 380 Kilovolt. Die meisten Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Energien wie zum Beispiel Windparks speisen aber in das Verteilnetz mit 110 Kilovolt ein, das in windstarken Zeiten etwa in Schleswig-Holstein schon heute überlastet ist. Neue 110-Kilovolt-Leitungen werden deshalb schon seit fast zehn Jahren geplant, aber die Bevölkerung wehrt sich gegen die Freileitungen und die Netzbetreiber scheuen die Mehrkosten für Erdkabel. Sie dürfen sie nicht auf die Netzgebühren umlegen, weil die Bundesnetzagentur Ausgaben für Erdkabel nicht anerkennt. Wir fordern daher, dass Freileitungen und Erdkabel schon im Genehmigungsverfahren gleichrangig behandelt werden, damit beide technischen Optionen geprüft werden. Der Gesetzentwurf mindert außerdem die Klagemöglichkeiten der BürgerInnen. Statt also die öffentliche Akzeptanz für den Umbau der Netze zu verbessern, will die Bundesregierung die demokratischen Rechte beschneiden. Aber der Netzausbau kann nicht durchgepeitscht werden. Kompromisse werden wir nur im Dialog mit allen Beteiligten finden - und dazu gehören selbstverständlich die Anwohner von Hochspannungsleitungen. Um die gesellschaftliche Zustimmung für die erforderlichen neuen Netze zu erreichen, wollen wir eine "Allianz Netzintegration Erneuerbare Energien" gründen. Für den 17. März laden wir zu einem Fachsymposium zu diesem Thema ein. Denn nur mit neuen Stromleitungen schaffen wir die Energiewende, zu der es aus klimapolitischen Gründen keine Alternative gibt.

[Interview: Stefanie Langkamp]

Die Wirtschaftsingenieurin Frauke Wiese ist wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH) für die Allianz Netzintegration Erneuerbare Energien in Berlin.

Kontakt: Frauke Wiese
E-Mail: wiese@duh.de
www.erneuerbare-ins-netz.de

Erschienen in umwelt aktuell 03/2009
www.oekom.de/zeitschriften/umwelt-aktuell/aktuelles-heft.html




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