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Presse-Stelle:  Vegane Gesellschaft Deutschland e.V., D-10052 Berlin
Rubrik:Politik & Gesellschaft    Datum: 18.06.2011
ehec erreger: die wirklichen fragen bleiben offen. und drängen auf antworten
von frauke girus-nowoczyn (vegane gesellschaft deutschland e.v.)
die derzeitige situation bezüglich ehec wirft trotz offizieller entwarnungen mehr fragen auf, als den behörden vermutlich lieb ist. betrachten wir ungereimtheiten und hintergründe einmal gemeinsam.


zweierlei maß

seit der erreger als besonders aggressiver stamm namens e.coli 0104:h4 identifiziert wurde, fand man ihn zuerst auf einer gurke in der bio-tonne einer erkrankten familie. niemand weiß, wie er dort hingekommen sein soll. es ist durchaus möglich, dass ein erkranktes familienmitglied die gurke infiziert hat und nicht umgekehrt.

das ist nicht etwa nur meine meinung, sondern wurde auch in den medien von verschiedenen wissenschaftlern so formuliert. ein mülltonnenfund ist nun einmal kein schlüssiger beweis. als anhänger der gurke-infiziert-mensch-theorie müsste man sich außerdem fragen, ob die besagte gurke z.b. etwa vom hamburger großmarkt stammte. der gurkenfund kam aber sowieso eher ungelegen, denn man hatte ja schon fest die sprossen im visier, wollte jedoch trotzdem keine entwarnung für gurken, tomaten und salat geben.

zwei tage später tauchte der erreger dann tatsächlich auf sprossen auf. wieder in einer mülltonne, diesmal in nordrhein-westfalen. sofort wurde entwarnung für alles außer sprossen gegeben und lächelnde wissenschaftler atmeten vor laufenden kameras sichtlich auf. hat irgendjemand sich mit mir gefragt, ob da vielleicht auch ein gurkenrest in der tonne war? für beide biotonnen gilt auch die frage: welche lebensmittel wurden dort noch gefunden und waren sie auch kontaminiert?

wenn man den inhalt der mülltonnen weiter untersuchen würde, würde man dort vermutlich auch weitere gefährliche erreger, wie z.b. salmonellen finden. aber wer will das schon so genau wissen.

die familie, in deren mülltonne die kontaminierten sprossen nun aufgetaucht sind, war übrigens bereits mitte mai erkrankt. wie kommt es, dass die packung jetzt noch / erst im müll gelandet ist?


voreilige schlussfolgerung oder akribische detektivarbeit?


können wir wirklich annehmen, die kette habe sich geschlossen, wenn auf dem produzierenden sprossenbetrieb in über 750 proben kein erreger nachgewiesen werden konnte, aber wundersamerweise hunderte kilometer entfernt kontaminierte sprossen in einer mülltonne auftauchen?

und warum wird plötzlich entwarnung für gurken gegeben, wenn derselbe erreger ebenfalls in einer mülltonne auf einer gurke gefunden wurde nur ganz am anderen ende der republik? sind erreger im osten anders zu behandeln als im westen?

selbst wenn die indizien wirklich lückenlos wären, was ich persönlich nicht finde - selbst wenn wir kontaminiertes gemüse als auslöser betrachten, wie kommen die erreger da hin? sind auch die sprossen von einer bereits erkrankten mitarbeiterin kontaminiert worden, was derzeit als naheliegendste möglichkeit betrachtet werden kann, dann bleibt doch die frage: wo hat diese frau sich infiziert?

knapp 3000 erkrankungsfälle und über 700 hus-fälle waren dem robert koch institut (rki) bis freitag vor pfingsten gemeldet worden. nur ein bruchteil der erkrankten, nämlich etwa 30, hat sprossen verzehrt, manche sagten, sie hätten überhaupt kein gemüse gegessen. die theorie steht auf wackligen beinen, aber sie steht und sie wird von all denen gestützt, die hoffen, dass sich die aufregung und die nachfragen nun bald legen mögen.



leben, das leben will.


ein sehr wichtiger aspekt wurde zwar am rande erwähnt, hat aber nicht die nötige gewichtung erfahren. ich spreche von der resistenz gegen antibiotika. man darf zwar bei den shiga-toxin freisetzenden e.coli-bakterien, die das hus-syndrom verursachen, die allgemein verwendete wunderwaffe antibiotika nicht einsetzen, weil das erst recht die ausschüttung von toxinen verursachen und damit die gefährlichen symptome verstärken würde, aber im labor wird trotzdem auf resistenzen geteste

obwohl also die antibiotikaresistenz relativ unwichtig erscheint, sollten wir trotzdem einen zweiten blick darauf werfen, denn es stellt sich die frage, warum bakterien, die im krankheitsfall gar nicht mit antibiotika konfrontiert werden, trotzdem resistenzen entwickeln. diese resistenzbildung hat sich in den letzten zehn jahren verstärkt.

heute ist der erreger 0104:h4 laut robert koch institut resistent gegen ein dutzend antibiotika in acht verschiedenen klassen, darunter penizillin, streptomycin, tetracycline, drei generationen von cephalosporinen etc. mit anderen worten, die meisten gängigen antibiotika können gegen dieses bakterium nichts ausrichten. zwei gene wurden vom rki benannt, die für diese resistenzen verantwortlich sind: tem-1 und ctx-m-15. die wissenschaftler kennen sie bereits seit beginn der neunziger jahre, als die ersten esbl-resistenten klebsiella fälle auftraten - ein krankenhauskeim, der sich über europa verbreitete. davon hört man eher selten, weil die ausbrüche meist auf intensivstationen stattgefunden haben. bekannter ist mrsa (metillicin-resistenter-staphylococcus-aureus), von dem gerade ein neuer stamm in kuhmilch entdeckt wurde, der bei den gängigen tests nicht entdeckt wird (1)
esbl (erweitertes-spektrum-beta-laktamase) betrifft darmbakterien, jedoch erst seit beginn dieses jahrhunderts auch e. coli-stämme, die solche resistenzen nun ebenfalls aufweisen. tückisch daran ist, dass esbl-ausbrüche bisher mit den verbliebenen antibiotika behandelt werden konnten, weil die bakterien keine gefährlichen toxine bildeten. das hat sich nun spätestens mit e.coli 0104:h4 geändert.

für diese veränderung gibt es nur zwei erklärungen. erstens: den austausch von genen zwischen e. coli bakterien und anderen esbl-resistenten bakterien (z.b. klebsiella). sozusagen stammübergreifender bakteriensex. das findet immer wieder statt. schüler an französischen schulen experimentieren regelmäßig im biologie-unterricht mit e.coli und deren austausch von genen.

die zweite erklärung liegt in der übermäßigen anwendung von antibiotika. es ist immer noch gang und gäbe schon bei vermuteten bakteriellen infektionen quasi automatisch antibiotika zu verordnen. gleichzeitig werden in der tierhaltung tonnenweise antibiotika eingesetzt. man verwendete sie als wachstumsförderer. das ist inzwischen verboten, aber nun werden eben "kranke" tiere mit subklinischen zuständen behandelt. die dosierungen der antibiotika in der tierhaltung haben sich im zeitraum von 2002 bis 2010 verdoppelt bis vervierfacht. ein bakterium, das trotzdem im darm der tiere überleben will, muss sich zwangsläufig anpassen und lernt eben auch von seinen nachbarn.



die wichtigsten fragen stellt nach wie vor niemand


schon unsere kinder lernen zu fragen 'wieso, weshalb, warum'. warum haben darmbakterien überhaupt begonnen, sich zu verändern? warum begann das in den achtziger jahren und hat sich immer weiter verstärkt?

der ursprung der besonders aggressiven und krankmachenden keime liegt in der nicht artgerechten fütterung dieser tiere mit sogenanntem kraftfutter. mais und andere getreidesorten wie auch leguminosen und soja enthalten sehr viel mehr eiweiß als gras und heu, deshalb führen sie zu einer erhöhten milchleistung und schnellerem wachstum, so die überlegungen der fleisch- und milchproduzenten. der darm der kühe und rinder ist aber von der natur nicht dazu ausgestattet diese nahrung gut zu verdauen. ein teil des kraftfutters beginnt im darm zu gären und setzt vermehrt säuren frei (darunter essigsäure, propionsäure und buttersäure). das hat dazu geführt, dass die e. coli bakterien säureresistenzen entwickelt haben und so nicht mehr wie früher, von der menschlichen magensäure abgetötet werden.

die wissenschaftler der cornell-universität im staat new york veröffentlichten bereits 1998 ihre beobachtung, dass das füttern mit kraftfutter die anzahl der säureresistenten e.coli-bakterien verhundertfacht. schon nach wenigen tagen einer umstellung auf naturgemäßes futter in form von gras und heu sanken die zahlen auf unter 1%. in anbetracht der tatsache, dass es nur etwa 100 keime braucht, um eine infektion auszulösen, stellt das selbstverständlich immer noch keine absolute sicherheit dar.


die verantwortung der medien

sie wurde bei der entwarnung besonders deutlich. obwohl kontaminierte sprossen ausschließlich in einer mülltonne gefunden wurden, untermalte das fernsehen die meldungen, dass man sich nun sicher sei, in sprossen den verursacher gefunden zu haben, mit bildern von unmengen sprossen (hauptsächlich sojasprossen), die in riesigen reagenzgläsern von einer laborantin mit verschiedenen reagenzien beträufelt wurden. so entsteht der eindruck, man habe auf frischen sprossen aus dem produzierenden betrieb etwas gefunden. dem ist nicht so.

des weiteren suggeriert die formulierung "ein weiterer sprossenfund", die während der ausstrahlung oben genannter bilder gesprochen wurde, ebenfalls einen nie stattgefundenen fund direkt auf dem gemüsehof.
obwohl der hof eine immens breite palette an sprossen produziert, hört man immer häufiger die bezeichnung soja-sprossen. bei mir entsteht der eindruck, dass es sich hier nicht um dummheit, sondern um absicht handelt, um sojaprodukte gleich mit zu diskreditieren.

haben manche medien die letzten reste von journalistischer sorgfaltspflicht endgültig den interessen ihrer werbekunden geopfert? lieber ein journalist in arbeit und lohn als ein arbeitsloser journalist mit berufsehre? ob diese menschen noch in den spiegel schauen können?


was bleibt zu tun?

aude sapere - dieser wahlspruch der aufklärung bedeutet frei übersetzt "wage (selbst) zu wissen" oder anders ausgedrückt: wage selbstständig zu denken. wer heute noch auf sogenannten experten oder autoritäten vertraut, wird manipuliert und in möglichst großer unwissenheit und abhängigkeit gehalten. deshalb bleibt vor dem hintergrund einer immer profitorientierteren tier(aus)nutzung und einer lobby-orientierten politik, die von den hintergründen ablenken und sich nur auf gemüse konzentrieren will, wieder einmal nur eine möglichkeit: jede*r verbraucher*in muss selbst die verantwortung für seine / ihre gesundheit und die ihrer familie übernehmen.

ein konsequenter verzicht auf fleisch und milchprodukte sowie eine gute hygiene bei der zubereitung pflanzlicher nahrungsmittel, schützt und verringert auf lange sicht die ausbeuterischen und tierquälerischen praktiken in der tierhaltung. nur wenn immer weniger menschen tierprodukte kaufen, kann der markt zusammenbrechen. das wäre ein ende der antibiotika-verbreitung über tierprodukte und unser grundwasser, denn 2/3 der den tieren verabreichten medikamente werden über kot und urin wieder ausgeschieden und landen im dünger sowie im grundwasser.

besonders wichtig ist es nun, nicht nachzulassen, die noch offenen fragen immer wieder zu stellen. sonst geschieht das, was auch mit dem ehec-ausbruch in japan 1996 geschah. auch damals wurden radieschen-sprossen als verursacher "beschlossen", obwohl der erreger weder in der produktionskette noch auf den transportwegen nachgewiesen werden konnte. man einigte sich einfach darauf und führte dies nun als beweis an, dass sprossen ja nicht zum ersten mal für ehec-ausbrüche verantwortlich gewesen seien.

______________________

(1) www.thelancet.com/journals/laninf/article/piis1473-3099%2811%2970126-8/fulltext#article_upsell

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