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Naturschutz   
Von der "Flächenstilllegung" zum "Lebensraum Brache"
Experten-Workshop: Flächenstilllegung verstärkt für den Naturschutz nutzen
Bonn/ Hamburg, 02.06.2003. Auf Einladung der Partner im Projekt "Lebensraum Brache" diskutierten am 27. Mai im Bundeslandwirtschaftsministerium in Bonn rund 70 Experten aus Verwaltungen, Verbänden und der Wissenschaft über die Notwendigkeit, die Flächenstilllegung im Rahmen der EU-Agrarpolitik verstärkt für Zwecke des Naturschutzes zu nutzen. Hintergrund sind die Reformvorschläge der Europäischen Kommission, die auch für die Flächenstilllegung neue Rahmenbedingungen festlegen. Über diese Reformvorschläge werden die europäischen Agrarminister in Kürze entscheiden.

"Mit rund 6,5 Millionen Hektar stillgelegter Fläche in der EU - davon mehr als eine Million in Deutschland - stellt die Flächenstilllegung ein großes, unzureichend genutztes Potential für den Schutz wildlebender Tiere und Pflanzen insbesondere in intensiv genutzten Agrarlandschaften dar", betonte Joachim Wadsack vom Internationalen Rat zur Erhaltung des Wildes und der Jagd (CIC).

Im Zuge der Liberalisierung der europäischen Agrarmärkte wird die Flächenstilllegung als Instrument zum Abbau der Überproduktion in der Landwirtschaft zunehmend an Bedeutung verlieren. "Um die Flächenstilllegung und ihr Budget zu erhalten, sind die Anliegen des Naturschutzes in den Mittelpunkt der Flächenstilllegung zu rücken", forderte der Geschäftsführer des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege, Wolfram Güthler. Die Chancen dafür seien vorhanden, würden von Bund und Ländern jedoch nur unzureichend aufgegriffen.

Die auf der Tagung vorgestellten Pilotvorhaben aus Bayern, Hessen und Brandenburg zeigten eindrucksvoll, dass sowohl die langfristige Flächenstilllegung als auch die Rotationsbrache unsere Agrarlandschaften als Lebensräume wildlebender Tiere deutlich aufwerten, ohne dass damit der Landwirtschaft zusätzliche Belastungen auferlegt werden. "Diese lokalen Modelle, in denen Naturschutz und Landwirtschaft hervorragend miteinander kooperieren dürfen jedoch nicht länger die Ausnahme sein, sondern müssen zur Regel für alle Stilllegungsflächen in Deutschland und Europa werden", so der Geschäftsführer der Deutschen Wildtier Stiftung, Hilmar Freiherr v. Münchhausen.

Das Tagungsprogramm finden Sie unter www.DeutscheWildtierStiftung.de. Weitere Informationen zum Projekt "Lebensraum Brache" erhalten Sie bei:
Joachim A. Wadsack, CIC; Tel.: 05606-3624; Email: Joachim.Wadsack@t-online.de
Wilfried Graf, Landesjagdverband Hessen; Tel: 05404-664299; Email: ljv.hessen@t-online.de
H. Frhr. v. Münchhausen, Deutsche Wildtier Stiftung; Email: h.v.muenchhausen@dewist.de
Wolfram Güthler, Deutscher Verband für Landschaftspflege; Email: guethler@lpv.de


Die Zukunft der Flächenstilllegung im Rahmen der Europäischen Agrarpolitik

Erste Schlussfolgerungen
(Stand 2. Juni 2003)

Die Partner des Projektes "Lebensraum Brache", der Internationale Rat zur Erhaltung des Wildes und der Jagd (CIC), die Deutsche Wildtier Stiftung, der Deutsche Verband für Landschaftspflege, die Landesjagdverbände Hessen und Bayern, das Institut für Wildtierforschung an der Tierärztlichen Hochschule Hannover und die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau ziehen mit Blick auf die notwendige "wildtiergerechte" Gestaltung von Stilllegungsflächen folgende erste Schlussfolgerungen aus der Tagung am 27. Mai 2003 in den Räumen des BMVEL, Bonn:

1. Die von der EU Kommission beabsichtigte Fortführung der Flächenstilllegung und die vorgeschlagene stärkere Verzahnung mit dem Umwelt- und Naturschutz werden begrüßt. Damit kann die Kooperation von Naturschutz und Landwirtschaft verbessert und die gesellschaftliche Akzeptanz für die EU-Agrarpolitik erhöht werden. Die zukünftigen Vorgaben der EU werden dazu führen, dass Bund und Länder bei der konkreten Ausgestaltung der Flächenstilllegung erhebliche Freiräume haben. Dies ist positiv, da nur bei einem regional differenzierten Einsatz der Flächenstilllegung optimale ökologische Effekte erzielt werden.

2. Die Flächenstilllegung als Zwangsmaßnahme der Agrarmarktpolitik muss mit den freiwilligen Instrumenten der Agrarumweltpolitik wesentlich stärker verknüpft werden. Neben der Stilllegungsprämie, die das Unterlassen landwirtschaftlicher Aktivitäten ausgleicht, ist ein weiteres Honorar beispielsweise aus den Agrarumweltprogrammen zu zahlen, wenn ein Landwirt aktiv Maßnahmen des Natur- und Artenschutzes auf seinen Stilllegungsflächen ergreift. Dies gilt auch, wenn der Landwirt die Lage seiner Stilllegungsflächen gemäß regionaler Umwelt- oder Landschaftspläne steuert.

3. Der immer weiter zunehmende Anbau von Nachwachsenden Rohstoffen auf Stilllegungsflächen, insbesondere von Raps zur Biodieselproduktion, führt zu erheblichen Konflikten mit dem Naturschutz. Zwischen dem Anbau Nachwachsender Rohstoffe auf Stilllegungsflächen und dem Nutzen der Stilllegungsflächen für den Natur- und Artenschutz muss hinsichtlich der Prämiengestaltung Chancengleichheit hergestellt werden. Steigt der Anteil der Nachwachsenden Rohstoffe auf Stilllegungsflächen weiter, ist dafür eine maximal erlaubte Quote festzulegen.

4. Inwieweit aus Sicht des Natur- und Artenschutzes eine Dauerbrache gegenüber einer Rotationsbrache oder die Selbstbegrünung gegenüber der gezielter Ansaat vorzuziehen ist, lässt sich nur auf der regionalen Ebene und vor dem Hintergrund der jeweiligen naturschutzfachlichen Zielsetzung bewerten. Auf europäischer oder nationaler Ebene sind daher keine diesbezüglichen Vorgaben zu machen. Dies gilt auch für die Mindestflächengröße und -breite der Stilllegungsflächen.

5. Die langfristige ökologische Flächenstilllegung (10 bis 20 Jahre) im Rahmen der Agrarumweltprogramme hat in Deutschland mit nur rund 3.000 ha kaum Relevanz. Da die Maßnahme an sich jedoch sehr sinnvoll ist, um Lebensräume für Wildtiere zu schaffen, müssen die Förderkonditionen für die Landwirte und die entsprechende Fachberatung deutlich verbessert werden.

6. Eine an den Zielen des Natur- und Artenschutzes orientierte Flächenstilllegung bedarf des fachgerechten Managements auf lokaler Ebene. Hier sind Landwirte, Naturschützer, Jäger, Kommunen, Agrar- und Umweltverwaltungen sowie weitere interessierte Partner aus dem ländlichen Raum gefordert, um eine bestmögliche Lösung im Sinne aller Partner zu erreichen. In Zusammenarbeit mit Landwirtschaftsämtern wären Institutionen wie die deutschen Landschaftspflegeverbände geeignete Partner, um den Prozess der Zielformulierung und -umsetzung zu steuern.

Dieses Papier wird zurzeit mit Partnern in vielen europäischen Mitgliedsstaaten diskutiert, um eine möglichst breite Allianz für eine "wildtiergerecht" gestaltete Flächenstilllegungen zu schaffen.

 
Quelle: Deutsche Wildtier Stiftung, D-22113 Hamburg
http://www.deutschewildtierstiftung.de
s.holst@DeWiSt.de
    

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