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Wirtschaft   
Billiger Kaffee ist "bitterer" Kaffee
von Norbert Suchanek
Armut und Hunger durch billige Kaffee-Bohnen - Kleinbauern als Opfer der modernen "Globalisierung"

Die weltweite Kaffee-Produktion hat einen neuen Höchststand erreicht. Nach zahlen der in London ansässigen Association of Coffee Producing Countries (ACPC) wird die Ernte in diesem Jahr eine Menge von 115,4 Millionen Säcken zu je 60 Kilogramm Kaffee erreichen, was 6,9 Millionen Tonnen Kaffeebohnen entspricht. Bei einem geschätzten Verbrauch von 108,3 Millionen Säcken bleibt eine Überproduktion von 7,1 Millionen Säcken. Dieser Kaffee-Überschuß stammt vor allem aus Vietnam, das sich neuerdings zum zweitgrößten Kaffee-Anbauland nach Brasilien entwickelt hat. Die Folgen dieser Überproduktion waren bereits Anfang diesen Jahres an der New Yorker Börse zu sehen, als der Preis für Roh-Kaffee ins Bodenlose fiel. Die internationalen Kaffee-Aufkäufer rieben sich die Hände. Sie müssen nur noch weniger als 50 Cents für 0,453 Kg Kaffee, oder umgerechnet rund 1,50 Mark für ein Pfund Kaffee berappen. Nach Ansicht brasilianischer Kaffee-Experten ist aber nicht nur die Überproduktion Schuld am Preisverfall des Kaffees. Vielmehr sehen sich die Hunderttausenden von Kaffee-Produzenten in den Entwicklungsländern zunehmend einem Preisdiktat weniger transnationaler Konzerne wie Nestlé gegenüber. Der Schweizer Nahrungsmittelkonzern, einer der weltweit größten Kaffee-Verarbeiter, berichtete erst jüngst von einem Rekordgewinn von über zwei Milliarden Mark aus dem Kaffee-Geschäft. Dazu paßt, daß die aus den USA stammende und rund um den Globus expandierende Café-Kette Starbucks eine 40prozentige Gewinnsteigerung im ersten Quartal diesen Jahres vermeldete.

Kaffee-Bauern geben auf

Szenenwechsel: Der brasilianische Kaffee-Pflanzer Joao schlägt die Hände über den Kopf. Was soll er nur tun? Der Kaffee-Aufkäufer zahlt ihm nur rund 120 Mark für einen 60 Kilogramm schweren Sack hochwertigen Arabica-Kaffee. Dies ist der niedrigste Preis seit über 20 Jahren. Noch in den 90er Jahren brachte ihm ein Sack Kaffee das Doppelte bis Vierfache ein. Doch nun steht Joao, der so wie sein Vater seit vielen Jahren im Hochland Espirito Santos Kaffee anbaut, mit seiner Familie vor dem existentiellen Aus. Joao ist nicht das einzige Opfer des Preisverfalls. So wie ihm geht es vielen hier in der rund 1000 Einwohner zählenden Gemeinde Santa Marta. Einige der "kleinen" Kaffeebauern Santa Martas überlegen nun, die eigenen Kaffee-Sträucher auszureißen und aus der Plantage eine Rinderweide zu machen. Andere wollen ihr Land verkaufen und in die Großstadt nach Rio de Janeiro oder Sao Paulo ziehen. Dies könnte der Anfang vom Untergang einer seit vielen Jahrzehnten gewachsenen Kaffee-Kultur sein.

Weltweit verlieren Kaffee-Arbeiter den Job

Nicht besser sieht die Situation im brasilianischen Nachbarstaat Minas Gerais aus. Rund zwei Millionen Menschen arbeiten dort auf den größeren Kaffee-Plantagen. Im kommenden Jahr werden Tausende von ihnen keinen Job mehr haben, weil sich die Kaffee-Ernte für die Plantagenbesitzer nicht mehr lohnt. Denn der niedrige Weltmarktpreis deckt nicht einmal die Produktionskosten ab. So ist es nicht nur in ganz Brasilien. Überall in den Kaffee-Anbauländern von Mittel- und Südamerika bis Afrika wissen jetzt Tausende von Kleinbauern und Kaffee-Arbeitern nicht, wie sie sich und ihre Familien heute und morgen ernähren sollen. Gleichzeitig verlieren auch die in der Regel hoch verschuldeten Anbauländer Hunderte von Millionen Dollar an Devisen durch den niedrigen Kaffeepreis. Honduras beispielsweise befürchtet in diesem Jahr Mindereinnahmen von 160 Millionen Dollar, was für das mittelamerikanische Land ein wirtschaftliches Desaster bedeutet.

Fairer Kaffee ist eine Lösung

Kirchen und Nichtregierungsorganisationen wie OXFAM sehen die Lösung des Problems in höheren, fairen Preisen für Kaffee. Ökologisch angebauter Fair-Trade-Kaffee wird deshalb auch bereits seit Jahren in sogenannten Eine-Welt-Läden, in Pfarreien und im Naturkosthandel verkauft. Statt des derzeitigen Weltmarkt-Mini-Preises von 120 Mark je Sack Kaffee erhalten Kleinbauern, laut Naturland, für fair gehandelten Öko-Arabica-Kaffee das Dreifache, rund 360 Mark je Sack. Doch von diesen fairen Preisen können bisher nur die wenigsten Menschen in den Tropen profitieren. Der fair gehandelte Kaffee kam einfach noch nicht aus seiner winzigen Marktnische heraus. Die Masse des weltweit verkauften Kaffees ist weiterhin "unfair" gehandelter Kaffee.

Gen-Kaffee senkt Produktionskosten

Anders als Umweltschützer oder Dritte-Welt-Gruppen sieht die Kaffee-Industrie das Problem auch nicht in den niedrigen Kaffee-Preisen, sondern in der bis heute notwendigen "teuren" Handarbeit beim Ernten des Kaffees. Nur deshalb seien die Produktionskosten von Kaffee für die Plantagenbesitzer höher als der Weltmarktpreis. Damit die "Kaffee-Barone" künftig auf Arbeiterinnen und Arbeiter weitestgehend verzichten und wieder Gewinne einfahren können, wird deshalb schon seit den 90er Jahren an genmanipulierten Kaffee-Sorten experimentiert. Das in den USA ansässige Unternehmen Integrated Coffee Technologies Inc. (ICTI) scheint jetzt der Lösung nahe. Sie entwickeln zur Zeit eine Gen-Kaffee-Sorte, deren Früchte erst Reif werden, wenn eine bestimmte Chemikalie zugesetzt wird. So könnten dann die Kaffee-Bohnen in einem Zug ohne Handarbeit und ohne Qualitätsverlust geerntet werden. Sollte dieser Gen-Kaffee eines Tages Wirklichkeit werden und Verbreitung finden, dann können mehrere Millionen Menschen in Brasilien, Mittelamerika, Afrika und Südostasien ihren Job vergessen. Die großen internationalen Kaffee-Konzerne indes können sich dann auf noch billigeren Roh-Kaffee und die Gen- oder Chemiekonzerne auf fette Gewinne freuen.<


"In Tansania nehmen Kaffeekleinbauern ihre Kinder aus der Schule, weil sie sich die Schulgebühr von 10 US-Dollar pro Jahr nicht mehr leisten können. In Chiapas, einer traditionellen Kaffeeanbauregion in Südmexiko, verlassen wöchentlich 500 Familien - Kaffeebauern und Landarbeiterinnen - ihre Dörfer Richtung Norden, um in einem der Teilfertigungsbetriebe unter bekannt miserablen Arbeitsbedingungen unterzukommen. In Äthiopien führen die niedrigen Kaffeepreise zu Nahrungsmittelengpäßen. Die Liste der Beispiele ließe sich fortsetzen. Was sich heute am Kaffeeweltmarkt abspielt, kann - aus Sicht der betroffenen Produzenten - nur noch als Katastrophe bezeichnet werden."
Zitat aus dem EZA-3-Welt-info der EZA-Entwicklungsgesellschaft mit der Dritten Welt, Österreich, Internet: www.eza3welt.at.
 
Quelle: Der Spatz - Alternativer Anzeiger für Bayern, D-80999 München
http://www.derspatz.de/
derSpatz@t-online.de
    

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