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In der Rubrik:   
Energie   
Konflikt zwischen Gewaesserschutz und Klimaschutz
Wasserkraft ist zur Zeit noch die wichtigste erneuerbare Energiequelle in
Deutschland. Doch der Einsatz von Wasserkraft zur Energiegewinnung ist nicht
immer sinnvoll. In naturnahen Fluessen oder solchen, die renaturiert werden
sollen, sollten keine Wasserkraftanlagen neu gebaut oder wieder in Betrieb
genommen werden. Sinnvoller ist es, die bestehenden Anlagen so zu
optimieren, dass ihr Potenzial zur Energiegewinnung voll genutzt wird.
Wasserkraftwerke veraendern das gesamte Oekosystem der Fluesse, und ihre
Turbinen koennen die Fische schaedigen. Vor allem bei kleinen Kraftwerken
gleicht der geringe Beitrag zur sauberen Energieerzeugung die Nachteile fuer
die Natur nicht aus. Als Faustregel gilt: Je kleiner die Leistung der Anlage
und je naturnaeher das betroffene Gewaesser ist, desto geringer sind der
wirtschaftliche Nutzen und der Nutzen fuer den Klimaschutz, aber umso
groesser ist der oekologische Schaden fuer das Gewaesser.

In der Studie "Wasserkraftanlagen als erneuerbare Energiequelle" haben
Experten des Umweltbundesamtes die rechtlichen und oekologischen Aspekte der
Wasserkraftnutzung in Deutschland untersucht. Fazit: Es gibt gerade bei den
kleinen Wasserkraftanlagen bis 1000 Kilowatt elektrische Leistung einen
erheblichen Konflikt zwischen den Zielen des Klimaschutzes und
Gewaesserschutzes. Mit 1000 Kilowatt koennen 100.000 Stromsparlampen mit
einer Leistung von zehn Watt betrieben werden.

Der Anteil der Energien Wind, Wasser, Sonne und Biomasse am Energiemix muss
deutlich erhoeht werden, um das Klima zu schuetzen - weltweit, aber auch in
Deutschland. Bei ihrer Nutzung entsteht kein klimawirksames Kohlendioxid
(CO2). Die Wasserkraft hat eine lange Tradition und ist bislang die
meistgenutzte erneuerbare Energiequelle in Deutschland. Derzeit werden etwa
vier Prozent des gesamten Stromes durch Wasserkraft gewonnen.

Es werden immer mehr Anlagen zur Nutzung der Wasserkraft gebaut und alte,
stillgelegte Anlagen wieder in Betrieb genommen. Bund und Laender
unterstuetzen dies finanziell. Aber das Potenzial der Wasserkraft ist in
Deutschland schon zu 70% ausgeschoepft. Insbesondere in Bayern und
Baden-Wuerttemberg wird das Wasser wegen der natuerlichen
Gefaelleverhaeltnisse zur Energieerzeugung genutzt. Zur Zeit werden vor
allem in naturnahen, kleinen Gewaessern Wasserkraftanlagen installiert, um
das restliche Potenzial der Wasserkraft auszunutzen.

Der fuer die Anlagen notwendige Aufstau der Fluesse verursacht aber
schwerwiegende oekologische Schaeden in den Gewaessern. Der natuerliche
Lauf, die Stroemung und die Wasserstaende werden veraendert - mit negativen
Folgen fuer das komplette Oekosystem und die Gewaesserguete. Da sich die
Fliessgeschwindigkeit des Wassers verringert, verschlammen die Fluesse. Die
Stauanlagen verhindern die lebensnotwendigen Wanderbewegungen von Fischen -
Wanderfischarten koennen nicht mehr zu ihren Laichgruenden gelangen, weil
oftmals funktionsfaehige Fischauf- und Fischabstiegshilfen fehlen. Tier- und
Pflanzenarten, die ohnehin schon als gefaehrdet gelten, verschwinden. Zudem
gefaehrdet der Betrieb der Wasserkraftturbinen die Fische. Vor allem
Jungtiere kommen in den Turbinen zu Schaden.

Vergleicht man den oekologischen Nutzen der kleinen Wasserkraftanlagen in
Form des eingesparten Kohlendioxid-Ausstosses mit den Verlusten in der
Natur, kommt man zu dem Schluss: Die noch wenigen verbliebenen naturnahen
Gewaesser sollten frei bleiben von Wasserkraftwerken. Die an diesen
Gewaessern oftmals geplanten Kleinstanlagen mit einer Leistung bis zu 100
Kilowatt erzeugen auch besonders teuren Wasserkraftstrom. Da die Kosten in
der Regel ueber den Saetzen der Verguetung nach dem
Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) liegen, waere noch eine
Investitionsfoerderung fuer einen wirtschaftlichen Betrieb erforderlich. Aus
volkswirtschaftlicher Sicht gilt: Je geringer die Leistung der Anlage und je
naturnaeher das Fliessgewaesser, desto unguenstiger ist das
Kosten/Nutzen-Verhaeltnis.

Sinnvoller ist es, aus den bestehenden Kraftwerken an grossen Fluessen das
Optimum an Leistung herauszuholen. Wo ein grosser Fluss ohnehin als
Schifffahrtstrasse oder aus Hochwasserschutzgruenden aufgestaut ist, hat die
zusaetzliche Nutzung zur Wasserkraftgewinnung oekologisch Sinn. Insbesondere
dann, wenn im Zuge der Installation oder Modernisierung auch oekologische
Verbesserungen am Gewaesser vorgenommen werden koennen. Mehr Strom auf diese
Weise durch Wasserkraftnutzung zu erzeugen, ist auch wesentlich
kostenguenstiger als der Neubau von Kleinstwasserkraftanlagen. Damit die
Optimierung und Modernisierung dieser Wasserkraftanlagen gegenueber der
Stromerzeugung mit fossilen Brennstoffen oder Kernkraft wirtschaftlich
attraktiv wird, sollte das so erfolgreiche EEG auf grosse Wasserkraftanlagen
ausgedehnt werden.

Generell sind beim Neubau oder der Reaktivierung von Anlagen die
Anforderungen des Gewaesserschutzes unbedingt zu beruecksichtigen. Ein
Aufstau des Gewaessers sollte vermieden und dessen Durchgaengigkeit erhalten
werden. Auflagen fuer den Mindestwasserabfluss sind vorzugeben und zu
kontrollieren, die Schaedigung von Fischen durch Turbinen ist durch
technische Massnahmen zu verringern. Der Schwallbetrieb - das Aufstauen und
einmalige Ablassen durch die Turbinen bei erhoehtem Energiebedarf - muss
ganz untersagt werden.

Um die Planung von Wasserkraftanlagen von Beginn an moeglichst umweltgerecht
und fuer die Betreiber wirtschaftlich zu machen, sollte eine sogenannte
Positivkartierung aller potenziellen Standorte erfolgen - das heisst, dass
auf Karten alle Standorte ausgewiesen werden, an denen Anlagen aus
Gewaesserschutzsicht vertretbar sind und sich wirtschaftlich lohnen. So
etwas gibt es bereits in Baden-Wuerttemberg. Auch bei der in Deutschland
boomenden Windkraftnutzung konnte durch die Ausweisung von Vorrangflaechen
der Zielkonflikt zwischen klimafreundlicher Stromerzeugung und den
Anforderungen des uebrigen Umweltschutzes entschaerft werden.
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! Die Veroeffentlichung "Wasserkraft als erneuerbare Energiequelle" ist in
der Reihe TEXTE des Umweltbundesamtes als Nr. 1/2001 erschienen. Sie umfasst
90 Seiten, kostet 15,- DM und kann gegen Zusendung eines Verrechnungsschecks
an die Firma Werbung und Vertrieb, Ahornstrasse 1-2, 10787 Berlin, bestellt
werden. Bitte unbedingt die TEXTE-Nummer und den Namen des Bestellers
angeben.
 
Quelle: Umweltbundesamt für Mensch und Umwelt, D-14193 Berlin
http://www.umweltbundesamt.de
karsten.klenner@uba.de
    

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