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Naturschutz   
Krankheitsresistenzen bei landwirtschaftlich genutzten Tieren
Ein schöner Traum - mehr Milch, mehr Fleisch, mehr Eier und das in Rekord-Zeit von landwirtschaftlich genutzten Tieren, die diese Höchstleistungen erbringen und dabei fit und gesund sind. Aber eben nur ein Traum, denn der alte Merksatz, "Leistung ist Ausdruck von Gesundheit", gilt so nicht mehr. Leistung und Gesundheit geraten immer mehr zu Widersprüchen, seit Kühe 8000 Liter Milch im Jahr geben, Schweine in weniger als 6 Monaten ihr Schlachtgewicht von 100 kg erreichen und Hennen über 280 Eier pro Jahr legen.

Die Zunahme der zucht- und haltungsbedingten Krankheiten führte zu einem enormen Medikamenteneinsatz und konnte in den vergangenen Jahrzehnten durch die Entwicklung weiterer Therapeutika und Impfstoffe weitgehend kompensiert werden.

Seit Anfang der 90er Jahre versagt die Wirkung der Chemie zunehmend. Die Bekämpfung von Mikroorganismen mit immer mehr Medikamenten und veraltete Hygienekonzepte, die ihre Eliminierung durch Desinfektionsmittel zum Ziel haben, führen seit Jahrzehnten zu einem enormen Selektionsdruck, der zwangsläufig Resistenzen provoziert hat. Daraus resultiert ein Dilemma: Die immer anfälligeren landwirtschaftlich genutzten Tiere stehen immer spezialisierteren Erregern gegenüber, gegen die immer weniger Medikamente wirksam sind.

Eine wesentliche Rolle im Krankheitsgeschehen landwirtschaftlich genutzter Tiere spielt Streß. Grundsätzlich schadet Streß dem Immunsystem. Deshalb sind gestreßte Tiere krankheitsanfällig. Langeweile und Bewegungsmangel durch die Haltung zu vieler Tiere auf zu engem Raum ohne Rückzugsmöglichkeiten oder die artwidrige Einzelhaltung verursachen ebenso Streß wie das Fehlen äußeren Reize - wie Licht und Wetter und ihre Veränderungen. Streß kann aber auch zuchtbedingt sein, z.B. durch Schmerzen, wenn die Muskelmasse der Tiere schneller wächst, als es ihre Gelenke gesundheitlich verkraften. Daß Schmerzen zehren, ist ein für Menschen bekanntes Phänomen. Die Konsequenzen, die dieser nüchternen und ernüchternden Bestandsaufnahme folgen müssen, liegen nicht in Detailansätzen, sondern in einer grundsätzlichen Neuorientierung. Leitmotiv bei der Entwicklung von Zuchtzielen und Züchtungsverfahren muß die Schaffung und Erhaltung der Gesundheit des Einzeltieres und der Tierart sein. Dementgegen wird versucht, durch gentechnische Manipulationen mit Wachstumshormon-Genen die Leistungen noch weiter zu steigern und gleichzeitig mit Krankheitsresistenz-Genen die zucht- und haltungsbedingten Probleme zu lösen. Noch ist kein Gen gefunden worden, das bei landwirtschaftlich genutzten Tieren als ursächlich für die Resistenz gegen eine bestimmte Krankheit gilt. Auch im Rahmen des Projektes der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) "Genomanalyse und Gentransfer beim Nutztier" war ohne Erfolg nach wirtschaftlich relevanten Resistenz-Genen gesucht worden.

Dennoch findet sich die Krankheitsresistenz zur Zeit in jeder Veröffentlichung zum Thema Gentechnik und Nutztiere als vorrangiger Rechtfertigungsgrund, wenn nicht sogar als ethisches Gebot für ein JA zur gentechnischen Manipulation.

Das Ziel der gentechnischen Resistenz-Strategie liegt nicht in der Beseitigung der Ursachen wie Wachstumsstreß, Langeweile und qualvolle Enge. Statt dessen soll sie als Reparaturtechnik der Schadensbegrenzung dienen. Durch das Hinzufügen (Insertion) gewünschter und das Entfernen (Deletion) unerwünschter Gene sollen die systemimmanenten Probleme gelöst werden.

Nach dem derzeitigen Forschungsstand führt eine Deletion von Genen aus dem Erbgut von Säugetieren zum Tod der Tiere. Aber auch wenn die technischen Voraussetzungen für die Deletion geschaffen sein sollten, muß mit dem Absterben der Embryonen gerechnet werden. Denn die Entwicklung der Deletionstechnik basiert auf der Unterstellung, daß das Genom aus "guten" und "schlechten" Genen besteht und die schlechten nur eliminiert werden müßten. In der Regel werden Gene mehr als nur eine Funktion haben, so daß ihr Charakter ein ambivalenter sein kann. Im Falle einer Deletion wird riskiert, zusammen mit der unerwünschten auch gewünschte oder notwendige Eigenschaften zu zerstören.

Auch wenn die lnsertion technische Routine werden sollte (derzeit überleben nur weniger als 2 %der manipulierten Embryonen mit fremden Genen im Erbgut), liegen auch im angestrebten Erfolg einer Resistenz-Strategie enorme Gefahren für die Zucht. Das verdeutlicht ein Szenario, das von der utopischen Annahme ausgeht, es würde ein Resistenzgen gegen die Schweinepest entdeckt und auf Schweine übertragen. Durch die anschließende intensive Vermehrung der transgenen Individuen und ihrer Nachkommen zur Verbreitung des Resistenzgens in der Schweinepopulation nähme der heute schon problematische Verwandtschaftsgrad innerhalb der Hochleistungsschweinerassen dramatisch zu. Grundsätzlich ist mit einer Selektion auf einzelne Gene unvermeidlich eine Tendenz zur Homogenität des Erbguts verbunden. Die Folgen sind zwangsläufig ambivalent: die gewünschte Ähnlichkeit des Erbguts in der Abwehrkraft gegen die Schweinepest wäre untrennbar verbunden mit der völlig unerwünschten Ähnlichkeit in der möglichen Anfälligkeit gegen eine andere Krankheit. Würden transgene Schweine durch Klonen vervielfältigt, stünde ihrer neuen Fähigkeit, die Schweinepest abzuwehren, die völlige Unfähigkeit zu individuell unterschiedlichen Abwehrreaktionen gegenüber.

Die aufwendige Suche nach Krankheitsresistenzgenen suggeriert Machbarkeit und verbreitet die Hoffnung, die durch die intensive Tierhaltung provozierten Gesundheitsprobleme könnten auf dem Weg der gentechnischen Manipulation gelöst werden. Es wäre ein fataler Irrtum, das Hinzufügen und Entfernen von Genen im Erbgut landwirtschaftlich genutzter Tiere als eine Therapie im Sinne einer Ursachenvermeidung zu begreifen. Im Erfolgsfalle handelte es sich bestenfalls um Schadensbegrenzung. Denn die tatsächlichen Ursachen liegen in der Selektion auf falsche Zuchtziele und in artwidrigen Haltungsbedingungen begründet.
 
Quelle: Verein gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V., D-24226 Heikendorf
http://www.vgtM.de
VgtM.BGST@t-online.de
    

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