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Umweltschutz   
DNR begrüßt EU-Weißbuch zur Chemikalienpolitik
Bundeskanzler Schröder darf nicht erneut als Bremser auftreten
Anläßlich der Vorstellung des Weißbuches der EU-Kommission zur Chemikalienpolitik veröffentlichte heute in Bonn der Deutsche Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände (DNR), einen Beschluß seiner Mitgliederversammlung, der auf Initiative der im DNR vertretenen Tierschutzorganisationen zustande kam. Danach wird die geplante Einführung einer Risikobewertung von Chemikalien unterstützt.

Als problematisch gelten vor allem die rund 30.000 Altstoffe, die vor 1981 auf den Markt gelangt sind. Von rund 85% dieser Altchemikalien liegen keinerlei Informationen vor, ob sie für Verbraucher und Umwelt schädlich sind. "Es ist höchste Zeit, dass die 1.500 besonders giftigen Chemikalien einem Zulassungsverfahren unterzogen werden und die Hersteller deren Ungefährlichkeit nachweisen müssen", sagte der DNR-Generalsekretär Helmut Röscheisen. Inzwischen haben der DNR-Präsident Hubert Weinzierl und die Vorsitzende des BUND, Frau Angelika Zahrnt, den Bundeskanzler in einem Schreiben aufgefordert, nach der Debatte bei den Altautos nicht auch noch bei den Altchemikalien erneut als Buhmann in Europa aufzutreten. Verbraucherschutz rangiert vor den Profitinteressen der Chemieindustrie, betonte der DNR.

Weitere Informationen:
Helmut Röscheisen, Am Michaelshof 8-10, 53177 Bonn,
Handy 0170/5218815, Tel.: 0228/35 90 05, Fax: 0228/35 90 96

Anlage

Position des Deutschen Naturschutzringes zur neuen EU-Chemikalien Politik

Die Mitgliederversammlung des DNR hat auf ihrer Jahreshauptversammlung am 9. Dezember 2000 mehrheitlich dem Antrag der Tierschutzverbände im DNR, Bund gegen Missbrauch der Tiere e.V., Bundesverband Tierschutz e.V. und Deutscher Tierschutzbund e.V., im Grundsatz zugestimmt. Der Vorstand wurde beauftragt, den Antrag inhaltlich im Sinne der Mitgliederversammlung zu ergänzen und als Positionspapier des DNR zu veröffentlichen.

Im nachfolgenden Text sind die Ergänzungswünsche der Jahreshauptversammlung unterstrichen:

Zur Zeit sind ca.100.000 verschiedene chemische Substanzen erfaßt, die vor 1981, als es noch keine gesetzliche Regelung für das Inverkehrbringen gefährlicher Substanzen gab, in Umlauf gebracht wurden. Die genaue Zahl der noch verwendeten, sogenannten "Altchemikalien" ist unbekannt. Die chemische Industrie kommt ihrer Verpflichtung, darzulegen welche Altchemikalien in welchen Mengen auf dem Markt sind, wenn überhaupt, dann nur sehr zögerlich nach. Aktuell sind von rund 85 % aller Chemikalien keinerlei Informationen darüber verfügbar, ob sie für Verbraucher und Umwelt schädlich sind oder nicht.

Um diesem Missstand Rechnung zu tragen, hat die Europäische Kommission angekündigt, bis Ende des Jahres 2000 ein Weißbuch mit Vorschlägen für eine veränderte Chemikalienpolitik in der Europäischen Union vorzulegen. Vertreter der Kommission haben vorab verlautbaren lassen, dass für alle "Altchemikalien" - nach Prioritätsgruppen eingeteilt - eine nachträgliche Sicherheitsprüfung und Risikobewertung verlangt werden soll. Dabei wird allein für die Prüfung der Chemikalien, die mit hoher Priorität untersucht werden sollen, die Verwendung von bis zu 10 Millionen Versuchstieren bis zum Jahr 2020 veranschlagt. Somit ist zu erwarten, dass die Prüfstrategie, die gemäß der Richtlinie 67/584/EWG für die Zulassung neuer chemischer Substanzen vorgeschrieben ist, auch als Grundlage für die Bewertung dieser bereits existierenden Chemikalien dienen soll.

Als Mitglieder im Deutschen Naturschutzring teilen der Bund gegen Missbrauch der Tiere, der Deutsche Tierschutzbund und der Bundesverband Tierschutz die auch von den Umweltschutz- und Verbraucherorganisationen geäußerten Bedenken bezüglich unerkannter Gefahren infolge der Vielzahl ungetesteter Chemikalien. Sie unterstützen die in der Kopenhagen-Charta aufgestellten Forderung nach einem besseren Schutz des Verbrauchers und der Umwelt vor möglichen Gefahren durch in Verkehr gebrachte Chemikalien.

Gleichzeitig vertreten der Bund gegen Missbrauch der Tiere, der Deutsche Tierschutzbund und der Bundesverband Tierschutz zusammen mit weiteren europäischen Tierschutzorganisationen, die sich in der Eurogroup for Animal Welfare zusammengeschlossen haben, die Auffassung, dass die bestehenden Prüfstrategien für chemische Substanzen nicht geeignet sind, die Forderungen nach einem verbesserten Umwelt- und Verbraucherschutz zu erfüllen (siehe auch Wilkins et al., 2000: "Eurogroup for Animal Welfare's Position on the New EU Chemicals Policy").

So zeigt sich beispielsweise immer wieder, dass sich anhand der Ergebnisse aus Tierversuchen keine klare Vorhersage darüber treffen lässt, ob eine Substanz für Mensch oder Umwelt gefährlich sein wird oder nicht. Wenn erneut Chemikalien in einer Vielzahl von Tierversuchen getestet werden sollen, ist zu befürchten, dass letztendlich Millionen von Versuchstieren in qualvollen Versuchen sterben, ohne dass ein wirkungsvoller Beitrag zum Schutze des Verbrauchers oder der Umwelt geleistet wird.

Die Entscheidung der Europäischen Kommission, die rechtlichen Grundlagen für den Umgang mit Chemikalien in Europa neu zu gestalten, muss als Gelegenheit genutzt werden, ein Risikobewertungssystem zu etablieren, das wirklich geeignet ist, den Schutz von Mensch und Umwelt zu garantieren. Dies ist möglich, wenn neue Sicherheitsprüfstrategien etabliert werden, bei denen alle bereits zur Verfügung stehenden Daten einbezogen und für die Bewertung der Ergebnisse aus den Sicherheitsprüfungen klare Kriterien zugunsten des Verbraucher- und Umweltschutzes aufgestellt werden.

Auf Antrag des Bundes gegen Missbrauch der Tiere, des Deutschen Tierschutzbundes und des Bundesverbandes Tierschutz faßt die Mitgliederversammlung des DNR am 9. Dezember 2000 im Hinblick auf das erwartete Weißbuch der Europäischen Kommission zur EU-Chemikalienpolitik folgenden Beschluss:

· Der DNR begrüßt die Entscheidung der EU, im Interesse des Natur- und Verbraucherschutzes dafür Sorge zu tragen, dass sich nur solche Chemikalien auf dem Markt befinden, die nach menschlichem Ermessen als sicher eingestuft werden können.

· Der DNR fordert zum Schutz von Verbrauchern, Natur und Umwelt, dass bei der Risikobewertung der sogenannten "Altchemikalien" das Vorsorge- und das Substitutionsprinzip angewendet werden sollen:
- Chemikalien, für die ein begründeter Verdacht besteht, dass sie für den Menschen oder die Umwelt schädlich sein könnten, werden ohne weitere Untersuchungen vom Markt genommen.
- Die Industrie wird kontinuierlich verpflichtet, gefährliche Stoffe durch sicherere Alternativen zu ersetzen.

· Der DNR ist der Auffassung, daß die chemischen und biologischen Eigenschaften von "Altchemikalien" mit tierversuchsfreien Methoden untersucht werden sollen. Er unterstützt die Forderung der Eurogroup for Animal Welfare nach einer gestaffelten tierversuchsfreien Teststrategie für die Sicherheitsbewertung der "Altchemikalien".

· Sollten nach Abschluß der o.g. tierversuchsfreien Teststrategie Experten die Auffassung vertreten, daß zur Bewertung bestimmter Chemikalien dennoch Tierversuche erforderlich sind, müssen weitere Schritte in Abstimmung mit dem Europäischen Zentrum zur Validierung von Alternativmethoden (ECVAM) erfolgen.

· Der DNR fordert die EU und ihre Mitgliedsländer auf, im Interesse einer zügigen Überprüfung der "Altchemikalien" die dazu benötigten personellen und finanziellen Mittel bereitzustellen.

· Präsidium und Geschäftsführung des DNR werden beauftragt, sich gegenüber den politisch Verantwortlichen auf europäischer und nationaler Ebene in diesem Sinne einzusetzen.

Berlin, 10. Januar 2001

 
Quelle: Deutscher Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände (DNR) e.V., D-53177 Bonn
http://www.dnr.de
dnr-bonn@t-online.de
    

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